Aichach
Lieber nicht so digital

09.07.2021 | Stand 23.09.2023, 19:41 Uhr

Aichach - Mehrere Tonnen Papier verschickt die Aichacher Stadtverwaltung jedes Jahr an die Stadträte, Unterlagen für die Stadtrats- und Ausschusssitzungen.

Das bedeutet einen hohen Aufwand, hohe Kosten und eine fragwürdige Umweltbilanz. Der Landkreis, Aichach-Friedberg aber auch kleinere Gemeinden sind deshalb zum sogenannten papierlosen Sitzungsdienst übergegangen: Die Unterlagen werden nur noch ins Internet gestellt. In Aichach tun sich viele Stadtratsmitglieder noch schwer damit; und auch mit anderen digitalen Schritten in die - je nach Standpunkt - Zukunft oder Gegenwart.

Das wurde bei der jüngsten Sitzung des Finanz- und Verwaltungsausschusses deutlich. Dabei ging es um die neue Geschäftsordnung, die sich der Stadtrat für die Wahlperiode 2020 bis 2026 gibt. In vielen Fällen ging es dabei um Formalien, einen größeren Gesprächsbedarf gab es dabei meist nicht; sicher auch, weil das Werk schon vorab in den Fraktionen und noch einmal mit den Fraktionsvorsitzenden durchgesprochen worden war.

Bei den "digitalen" Punkten war der Redebedarf umso größer. Noch weitgehend unproblematisch war die elektronische Ladung zu den Sitzung per Mail. Aber dass außer den Fraktionsvorsitzenden die Stadtratsmitglieder alle Unterlagen nur noch elektronisch erhalten sollen, stieß auf Widerstand. Lothar Bahn (FWG) begründete das mit seiner Arbeitsweise, auch andere wollten weiter Papier erhalten. Bürgermeister Klaus Habermann hielt das für nicht mehr zeitgemäß, Josh Stadlmaier (Grüne) fand es "befremdlich", an Papier festzuhalten. Es blieb beim Kompromiss: Die Fraktionsvorsitzenden erhalten die Unterlagen auf die althergebrachte Art - und auch alle, die das wollen. Eine Erleichterung für die Verwaltung sei das nicht, wie Hauptamtsleiterin Aurelija Igel beklagte.

Kritischer sieht eine Mehrheit Hybridsitzungen, an denen auch per Internet teilgenommen werden kann. Während Stadlmaier hierin einen wichtigen Schritt sah, mit dem man sich auseinandersetzen sollte, ist das für Karl-Heinz Schindler (SPD) "eine Form von Sitzung, die ich nicht haben will, sie ist dem Amt nicht angemessen. "

Erol Duman (BZA) fand es wichtig, persönlich und nicht über Bildschirme miteinander zu sprechen, Lothar Bahn (FWG) hatte Bedenken wegen technischer Probleme: Was ist, wenn während einer Abstimmung das Internet daheim ausfällt? Schließlich gibt es das Problem der Nichtöffentlichkeit, das Raymund Aigner (CSU) ansprach: Wie kann bei nichtöffentlichen Themen gewährleistet werden, dass niemand mithört, etwa die Familie oder ein Besuch? Der Ausschuss stimmte mit 8:3 dafür, dem Stadtrat Hybridsitzungen nicht zu empfehlen. Das betrifft auch einen Test.

SZ

Berndt Herrmann