Liebe, Laufen, Leidenschaft

Bei der Finishline-Party zum Abschluss des Challenge-Triathlons geht es wieder um die ganz großen Gefühle

18.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:32 Uhr
Im Triathlonpark im Rother Stadtgarten wurde bei der großen Challenge-Finisherparty am 17.07.2016 auch noch lange nach Einbruch der Dunkelheit jeder einzelne Finisher ausgiebig gefeiert.
Foto: Tobias Tschapka −Foto: Tobias Tschapka

Roth (HK) Die schönsten Geschichten über sein 15-jähriges Bestehen schreibt der Challenge selbst. Denn der Mann, der bei der großen Abschlussparty am Sonntagabend in Roth als offiziell letzter Finisher die Ziellinie mit zwei Fackeln in den Händen überquert, darf wie der Rother Triathlon einen 15. Jahrestag feiern: Andy Tutte aus Liverpool lebt seit eineinhalb Jahrzehnten frei von Drogen und Alkohol – stattdessen ein Leben mit viel Sport. Ein Fackelträger im besten Sinn.

Als Tutte am Sonntag ins Rother Triathlonstadion einbiegt, bekommt er zwei Fackeln in die Hände gedrückt. Sie brennen um die Wette, als der Brite mit seligem Lächeln unter dem Zieltor stehenbleibt und andächtig verharrt um das nun losdonnernde Feuerwerk am Nachthimmel zu bewundern. Das Gefühl des Fackelträgers kennt der 47-Jährige bereits aus seiner eigenen Vergangenheit. Als Sozialarbeiter für Jugendliche durfte er die olympische Fackel 2012 einige hundert Meter weiter in Richtung London tragen.



Vor dem letzten Finisher aus Liverpool, also der Stadt der Beatles, die einst sangen, dass der Mensch eigentlich nur Liebe brauche, hat die Liebe aber schon längst Einzug bei der Finishline-Party in Roth gehalten. Nämlich in Form eines Heiratsantrags. Nach seiner ersten Langdistanz hält ein Triathlet erschöpft und glücklich bei seiner Freundin um die Hand an – da kann sie natürlich nur „Ja“ sagen.

Tausende Zuschauer, die bei bestem Partywetter zum Abschluss des Weltrekordrennens ins Stadion strömen, erleben diesen Antrag mit. Aus dem Empfangsbereich für die Sportler kommen derweil immer wieder Athleten, oft mit dem vom Sponsor geschenkten Weizenglas in der Hand, wobei das Glas meistens leer ist. So ein leeres Bierglas ist grundsätzlich kein schöner Anblick für Marlies Bernreuther, doch sie ruht sich letzt lieber erst einmal aus. Die Chefin der Pyraser Brauerei hatte aus ihrem Haus gleich acht Staffeln am Start. Sie selbst hat den Part der Läuferin übernommen und ist trotz aller Anstrengung einfach nur glücklich, so steht es auch auf ihrem T-Shirt.

Wer in das Rund des Stadions blickt, sieht jede Menge grüne Leuchtstäbe, die an das Publikum verteilt wurden. Ab und an schießen auch Feuersäulen gen Himmel. Mittendrin steht das Moderatorenteam, das von einem Podest im Stadion das Publikum anheizt, während ein Teilnehmer nach dem anderen die Ziellinie überquert. „Thank you Roth!“ steht auf dem Transparent der Kanadierin Andrea Gardiner zu lesen.

Die Helfer im Ziel teilen unentwegt Finishermedaillen aus und bekommen dabei prominente Unterstützung: Die Sieger Jan Frodeno und Daniela Ryf persönlich geben sich die Ehre – dazu noch Publikumsliebling Chrissie Wellington, die nach ihrem Weltrekordrennen 2011 erstmals nach Roth zurückgekehrt ist, allerdings als Zuschauerin.

Dass sich das Stadion immer mehr füllt, je näher es dem Feuerwerk geht, ist auch ganz nach dem Geschmack von Weerapon Nothae. Der Thailänder ist ein erklärter Fan der deutschen Fußball-Bundesliga. Und auch wenn der fränkische Traditionsverein aus Nürnberg nicht mehr erstklassig ist, schmettert Weerapon verschiedene FCN-Schlachtgesänge, während so mancher Zieleinläufer sich lieber ein Smartphone schnappt und sich mit Frodeno oder Ryf fürs Familienalbum selbst knipst.

Andere Finisher erzählen bewegende Lebensgeschichten, ohne viel sagen zu müssen. „Mein Weg, den Krebs zu besiegen: Triathlon“ steht auf dem Trikot, das Herbert Zehnpfennig hochhält. Vor zwei Jahren erkrankte der heute 60-Jährige an Magenkrebs, trotzdem bewältigte er nun das harte Rennen. Veranstalterin Kathrin Walchshöfer tätschelt derweil die Wange von Brian Martin aus Kanada, der selbst ohne Beine die Langdistanz schafft. Dann ist es endlich so weit – Andy aus Liverpool läuft als letzter Finisher ein. Weltrekordmann Frodeno zündet seine Wunderkerzen an den Fackeln des Briten an und hängt ihm die Medaille um. „Ich bin einfach nur begeistert“, sagt Tutte, „und sehr dankbar.“