Ingolstadt
Liebe Grüße aus Israel

Erstmals reisten Ingolstädter Austauschschüler nach Jerusalem und Tel Aviv - sie kehrten begeistert zurück

15.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:29 Uhr
We love Tel Aviv: Die Ingolstädter Gymnasiasten am Hafen der israelischen Großstadt. Gewohnt haben sie bei Gastfamilien in Jerusalem. −Foto: Schickel / Katharinen-Gymnasium

Ingolstadt (DK) Man kann nicht sagen, dass die jungen Leute aus Ingolstadt von ihren Gasteltern in Jerusalem nur gut bewirtet worden wären; das träfe es nicht ganz.

"Die haben uns die ganze Zeit richtig gemästet", erzählt Nadja Keim. Sie besucht die Q11 des Katharinen-Gymnasiums. Die neun Mitschüler, die in den Herbstferien mit ihr eine Woche in Israel waren, nicken wissend. Sie haben ebenfalls einen beträchtlichen Teil des ereignisreichen Aufenthalts gut speisend verbracht.

"Israelis essen dauernd Hummus - überall", erzählt Valentin Biebighäuser; die orientalische Spezialität sei auch fein. "Am Sabbath gab es bei meiner Familie 15 Gerichte! Alle sehr gut und sehr gesund, ziemlich pflanzlich", erzählt Nadja Keim. Auch daran erkenne man, dass sich in Israel mehrere Kulturkreise begegnen. "Es waren vier Familien zu Gast und wir haben drei Stunden lang gegessen. "

Das ist in Deutschland etwas anders. Und nicht nur das. Die Schülerinnen und Schüler des Katharinen-Gymnasiums - alle aus der Q11- kehrten voller Begeisterung und unvergesslicher Eindrücke aus Israel zurück. Es ist der erste Austausch einer Ingolstädter Schule mit diesem in vielerlei Hinsicht besonderen Land. Eingefädelt hat die Reise Matthias Schickel. Er leitete sie mit seiner Kollegin Anne Schuster. Schickel hat bis Juli am Katherl Geschichte und Deutsch unterrichtet. Er initiierte mehrere Unterrichtsprojekte zum anspruchsvollen Themenkomplex der Geschichte der Juden und deren Verfolgung. Die Partnerschaft des Katharinen-Gymnasiums mit einer Schule in Jerusalem krönt das Engagement der Schüler und Lehrer.

Schickel hat die Schulleiterin vor einem Jahr kennengelernt, als er mit dem Bayerischen Jugendring durch Israel reiste, und sofort einen Austausch angeregt. Zehn junge Jerusalemer waren schon in Ingolstädter Familien zu Gast. Die Reise nach Israel vor Allerheiligen war also bereits der Gegenbesuch. "Das ging recht schnell", sagt Schickel. "Wir mussten uns auch um nichts kümmern. Die Stadtverwaltung von Jerusalem hat alles für uns organisiert - bis hin zu den Bussen. " Die Gruppe lernte nicht nur eine Schule kennen, sondern auch Tel Aviv, das Tote Meer, die Negev-Wüste und die Kunst des Kamelreitens.

Obwohl Schickel im August stellvertretender Leiter des Apian-Gymnasiums geworden ist, will er den Austausch mit Israel weiterführen - auch mit Apian-Schülern. "Es ist gut, wenn das auf einer breiten Basis steht. "

Bei etwaigen Bedenken sollte man die Jerusalem-Reisenden vom Katherl beim Schwärmen erleben. "Das war wirklich was Neues und ganz Außergewöhnliches! Ich bin froh, ein Mal im Leben die Möglichkeit gehabt zu haben, eine Reise wie diese zu unternehmen", sagt David Becher. Es hat ihn beeindruckt, "dass die dort eine andere Art haben, mit Menschen umzugehen". Locker. Freundschaftlich. Herzlich. "Der größte Unterschied ist, wie die Israelis an Sachen rangehen", ergänzt Nadja. "Sie haben sehr viel Energie. Sie bleiben immer positiv, sehen immer nur die gute Seite. "

Und das in einem von Feinden umzingelten Land, in dem ständig mit Angriffen und Anschlägen im Inneren zu rechnen ist. "Es war auch deshalb so schön in Israel, weil wir uns schon gekannt haben" , erzählt Amelie Potzler. "Ich saß mit meiner Freundin Adi im Zimmer und habe ihr Gitarre beigebracht. " Sie lachten viel. "Das war ein Beweis dafür, dass sich die Zeiten grundlegend geändert haben. Wir haben uns alle richtig wohlgefühlt. "

Sicher, es kamen auch ernste Themen zur Sprache. Die Gastfamilie von Antonia Schickel etwa kannte aktuelle Schlagzeilen aus Deutschland. "Darüber haben wir gesprochen. Sie wollten wissen, wie wir dazu stehen. Aber anstrengend waren diese Unterhaltungen nicht, sondern locker. " Die Eltern fragten Antonia auch, wie sie es empfinde, dass in Israel so viele Soldaten im Alltag auftauchen. Die Schülerin antwortete: "Es ist ein anderes Gefühl, aber wir haben uns keine Sekunde unsicher gefühlt. " Das bestätigen alle jungen Leute aus Ingolstadt.

Eine Erfahrung, die ebenfalls jeder gemacht hat, ist ausgeprägte Toleranz gegenüber abweichenden Ansichten. "Meine Gasteltern, die eher unreligiös sind, haben immer gesagt, dass man sich in andere Meinungen nicht einmischen soll", erzählt Antonia Schickel. "Meine Familie versteht sich mit den Arabern in ihrem Viertel sehr gut", ergänzt David Becher.

Eine ermutigende Erfahrung im diesem oft unheilvollen Heiligen Land mit den drei rivalisierenden Weltreligionen. "Sie haben eingesehen, dass alle nur Menschen sind", sagt David.

In der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem unterhielten sich die Ingolstädter mit einer Überlebenden des systematischen Massenmords an Europas Juden. Eine 92-Jährige. "Es war schön, wie sie mit uns umgegangen ist", sagt Anne Schuster. "Sie war dankbar, dass wir gekommen sind und uns mit diesem Thema auseinandersetzen", ergänzt die Studienrätin.

Bei kulturellen Begegnungen diffundieren auch öfter mal klischeehafte Vorstellungen - auf beiden Seiten. Bei den Ingolstädtern und ihren Gastgebern war das nicht anders. "In Jerusalem sieht man schon viele orthodoxe Juden, wie man sie sich vorstellt, mit einem großen Hut und Locken", erzählt Jonathan Okorafor. "Aber in den Familien war das nicht so. Sie sind westlich geprägt. Auch unsere Partnerschule in Jerusalem ist nicht besonders religiös. " Omer, der Sohn seiner Gastgeber, sei davon ausgegangen, "dass Denken ein großes Hobby von uns Deutschen ist und dass wir alle Violine spielen", erinnert sich Jonathan lächelnd. "Ich habe ihm dann gesagt, dass ich lieber ,Fifa Manager' spiele. " Bald saßen die zwei an der Playstation.

Auch Gaming verbindet die Völker der Welt.

 

Christian Silvester