Hilpoltstein
Leuchtende Augen der Kinder als Lohn

21.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:23 Uhr

Schleppen Kisten für die Tafel in Hilpoltstein: Evelyn Bernwieser (links) und Liane Leupold-Schneider helfen bei der Ausgabe mit. - Foto: Meyer

Hilpoltstein (DK) Zimperlich darf man nicht sein. Liane Leupold-Schneider klaubt in der Küche die verschimmelten Zitronen aus der großen Kiste und lässt sie in den Abfalleimer plumpsen. Die grün-gelben Zitrusfrüchte fallen auf welke Salatblätter, verfaulte Weintrauben und verschrumpelte Karotten. Eine Schimmelwolke steigt in die Luft und verbreitet modrigen Geruch.

Im Vorraum des evangelischen Gemeindehauses in Hilpoltstein wischt Evelyn Bernwieser Joghurtbecher ab, die mit weißer Masse beschmiert sind. Eine Packung ist aufgeplatzt und der Inhalt hat sich auf die anderen Becher ergossen.

Die Frauen arbeiten schnell und gründlich. Wenn sie nach zwei Stunden fertig sind, sieht es im evangelischen Gemeindehaus in Hilpoltstein aus wie in einer Zweigstelle eines erstklasssigen Supermarktes: reichliches Angebot, sauber aufgestapelt, appetitlich hergerichtet. Jetzt dürfen die Kunden kommen, die sich bei der Hilpoltsteiner Ausgabestelle der Rother Tafel bedienen: arme Rentner, alleinerziehende Mütter, Familien mit Hartz IV, die am Existenzminimum leben.

Liane Leupold-Schneider ist froh, dass sie diesen Menschen mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit wenigstens ein bisschen helfen kann. Sie ist eine von über 30 Helferinnen und Helfern, die dafür verantwortlich sind, dass die Tafel in Hilpoltstein jeden Mittwoch gedeckt ist. An Feiertagen gibt es zwar keine Ausgabe, aber dann wird der Termin eben auf den nächsten Werktag gelegt. Die Spenden kommen von Discountern, Bauernmärkten oder Bäckereien. Die Tafel ist aber auch auf Geldspenden angewiesen, denn es müssen Miete, Telefon, Benzin für Transporter und Versicherungen bezahlt werden.

"Es gibt Eltern, die haben nicht mal Geld für ein Pausenbrot", erzählt Liane Leupold-Schneider. Und die greifen bei der Tafel gerne zu. "Eigentlich ist es traurig, dass es die Tafeln überhaupt geben muss", sagt Leupold-Schneider. Aber niemand sei davor gefeit, sozial abzurutschen. "Durch einen Schicksalsschlag kann man schnell selbst in die Situation kommen, dass man die Tafel braucht."

Viele kommen mit ihrer geringen Rente, mit Hartz IV oder der Grundsicherung einfach nicht aus. "Wir sind hier, um den Leuten ein Zubrot zur normalen Ernährung zu geben", erklärt Heinz Ripka, der für die Ausgabe der Rother Tafel in Hilpoltstein verantwortlich ist. Das Geld, das sie dadurch sparen, können sie zum Beispiel für ihre Kinder ausgeben. "Bei den jetzigen Sätzen von Hartz IV ist ein Schulausflug für Kinder fast unmöglich", weiß Ripka. Rund 40 Familien kommen regelmäßig – Tendenz steigend. Bei der Öffnung der Hilpoltsteiner Außenstelle vor eineinhalb Jahren waren es nur 9.

Für Gespräche ist während der hektischen Ausgabe wenig Zeit. Trotzdem bekommen die Helferinnen immer wieder mit, worauf die Familien verzichten müssen. Oft reicht es nicht mal für frisches Obst. "Viele sagen: ,Schön, dass es euch gibt’", erzählt Bernwieser.

Die Frauen müssen die Waren nicht nur herrichten, sondern den randvollen Transporter, der die gespendeten Waren anliefert, ausladen und die Kisten ins Gemeindehaus schleppen. "Die leuchtenden Augen der Kinder entschädigen für die ganze Arbeit", erzählt Evelyn Bernwieser. Ein Kind habe sogar zu ihr gesagt: "Seit es euch gibt, ist es jede Woche wie Weihnachten."