"Letztendlich zählt das eigene Empfinden "

Experteninterview: Bernhard Löhlein, Jury-Mitglied bei Spiel des Jahres, über die Bewertung von Spielen

18.12.2018 | Stand 02.12.2020, 15:00 Uhr
Bernhard Löhlein. −Foto: Viertbauer

Herr Löhlein, erzählen Sie mir von ihrem letzten Spiel - welches war es und warum haben Sie es gespielt?


Bernhard Löhlein: Das letzte Spiel, das ich gespielt habe, war im Freundeskreis. Wir haben ein neues Spiel ausprobiert, weil ich in der Jury "Spiel des Jahres" ständig mit Neuheiten zu tun habe. Das Spiel hieß "Meeple Circus" - da geht es darum, dass jeder Spieler seinen eigenen Zirkus hat und dann mit seinen Spielfiguren, die sind Akrobaten, Tiere oder Gegenstände, eine möglichst gute Zirkusnummer darstellen muss. Dafür wird man belohnt, mit Punkten. Man spielt gleichzeitig und wer schneller fertig ist, kriegt dann auch mehr Punkte.

Wie sind Sie zum Spielen

gekommen? Waren Sie schon in ihrer Kindheit ein Spiele-Fan?
Löhlein: Also ich habe natürlich schon als Kind ganz viel gespielt, viele Brettspiele. Irgendwann als Jugendlicher war mir das dann aber peinlich, dann hab ich alle Spiele in einen Schrank geräumt, als die erste Freundin da war wollte ich gar nicht zeigen, dass ich so viele Spiele hatte. Später dann, da war ich schon verheiratet, hab ich einmal die Nürnberger Spielwarenmesse besucht und wie ich da die vielen Brettspiele gesehen habe, da war mit klar: Ich bin ein Spieler und dann ist diese Leidenschaft wieder herausgebrochen.

Seit wann sind Sie in der Jury "Das Spiel des Jahres" und was ist das Tolle daran?
Löhlein: Also ich bin seit 2004 in der Jury "Spiel des Jahres" und zwar deswegen, weil ich im Radio immer Spiele vorstelle. Es ist eine Kritikerjury, jedes Jurymitglied stellt in seinem Medium - also Zeitung, Internet, Hörfunk - Spiele vor. Das Gute daran ist, dass man nicht nur viel spielen kann - und muss - sondern, dass man sich auch in die Lage versetzen kann: Wie kommt ein Spiel bei jemandem an? Wie kann ich selber dazu beitragen, immer mehr Menschen für dieses faszinierende Hobby zu begeistern?

Wie läuft die Bewertung der

verschiedenen Spiele bei

"Spiel des Jahres" ab?
Löhlein: Wir bekommen die Spiele von den Verlagen zugeschickt, jeder hat so seine eigenen Spielrunden - Freundeskreis, Familie oder Spieleclub. Da werden dann die 400 bis 500 Spiele, die wir pro Jahr bekommen, ausprobiert. Nahezu täglich tauschen wir uns dann als Jury über unsere Spielerfahrungen im Internetforum aus. So sieben wir die Spiele immer mehr aus, bis wir uns dann im Mai bei einer Klausurtagung ganz konkret über zirka 50 Spiele unterhalten. Daraus ergibt sich die Empfehlungsliste und die Nominiertenspiele.

Nach welchen Kriterien

werden Spiele als gut oder schlecht eingestuft?
Löhlein: Also da gibt's zunächst einmal ganz objektive Kriterien. Ein Spiel muss aus dem aktuellen Spielejahrgang sein - also das aktuelle Jahr oder das davor. Es muss ein Spielthema sein, dessen Idee neu und originell ist. Dann müssen die Regeln einwandfrei verständlich sein, das Spielematerial muss passen und so weiter. Aber viel entscheidender sind die subjektiven Kriterien: Was passiert beim Spielen, was macht es mit mir, warum reden meine Mitspieler hinterher noch darüber, bin ich involviert oder langweile ich mich sogar? Das ist ja nicht so wie beim 100-Meter-Lauf - der Schnellste gewinnt -, sondern es müssen viele Kriterien angelegt werden, die sehr weich sind, also die man nicht immer im Maßstab festsetzen kann. Darum ist es eben ganz wichtig, dass wir Jurymitglieder uns untereinander austauschen und dann zu einer Bewertung kommen. Und letztendlich zählt das eigene Empfinden als Spielekritiker um für oder gegen ein Spiel zu stimmen bei der Endausscheidung.

Was ist Ihrer Meinung nach

das beste Spiel überhaupt und warum?
Löhlein: Diese Frage ist ganz schwer zu beantworten. Das "beste" Spiel, das kann man ja so gar nicht sagen, weil es gibt immer für verschiedene Zielgruppen Spiele, die besonders gut geeignet sind. Was ist das beste Buch? Einer liest gerne Romane, ein Anderer lieber Sachbücher oder Comics. Das Spiel, das mit derzeit persönlich am meisten zusagt, ist das aktuelle Spiel des Jahres "Azul", weil es wirklich mit einfachen Regeln eine große Spieltiefe ermöglicht.
Zur Person: Bernhard Löhlein ist 53 Jahre alt und arbeitet als Redakteur in der Pressestelle des Bistums Eichstätt. Außerdem ist der Ingolstädter Mitglied der Jury "Spiel des Jahres", die jedes Jahr im Sommer verschiedene Spiele bewertet und anschließend empfiehlt.