"Lernen lernen" ein Schwerpunkt

21.04.2009 | Stand 03.12.2020, 5:01 Uhr

Gerne arbeiten die Fünftklässler mit der Pädagogin Andrea Bittl, die zweimal pro Woche an der Altmühltal-Realschule unterrichtet. - Foto: Wink

Beilngries (DK) Seit September gibt es an der Altmühltal-Realschule Beilngries ein neues Modellprojekt des Kultusministeriums. Ziel ist, den Fünftklässlern den Start an der weiterführenden Schule zu erleichtern und über eventuelle Anfangsschwierigkeiten hinwegzuhelfen.

Andrea Bittl, Grundschullehrerin aus Eichstätt, unterrichtet daher in diesem Schuljahr an der Altmühltal-Realschule. Jeweils am Montag und am Freitag kommt sie von Eichstätt nach Beilngries und begleitet über sechs Stunden die Fünftklässler. In der fünften Jahrgangsstufe wurden dafür eigens so genannte "Fichtelstunden" im Fach Deutsch von der Schulleitung eingerichtet, um eine individuellere und intensivere Betreuung zu gewährleisten. In den Doppelstunden sind die Klassen geteilt und werden im Wechsel vom Fachlehrer und Andrea Bittl unterrichtet. In einer Freistunde stellt sich Bittl, die selbst Mutter von drei Kindern ist, unserem Mitarbeiter Kurt Wink für ein Interview zur Verfügung.

Frau Bittl, wie sind Sie auf dieses Projekt aufmerksam geworden?

Andrea Bittl: Ich wurde direkt vom Schulamt angesprochen, ob ich Interesse an diesem Projekt hätte. In der dritten und vierten Klasse arbeitet die Grundschule ja zielgerichtet auf einen möglichen Übertritt der Kinder hin und da erscheint es naheliegend, ihnen in der Übergangsphase noch Unterstützung zu geben. Da eines meiner drei Kinder sich zur Zeit in der Situation des Übertritts befindet, besteht außerdem ein persönlicher Bezug zu dieser Thematik.

Worin bestehen aus ihrer Sicht denn die wesentlichen Unterschiede zwischen Grund- und Realschule?

Bittl: Durch das Fachlehrersystem entfernt sich der Unterricht vom ganzheitlichen Lernen der Grundschule. Individualisierung und Differenzierung treten in den Hintergrund. Vom Schüler wird deutlich mehr Eigenverantwortung verlangt. Das fällt vielen Schülerinnen und Schülern nicht so leicht, zumal in der Grundschule der Klassleiter eine viel stärkere Bezugsperson darstellt. Selbstverständlich ist an der Realschule auch das Leistungsniveau höher.

Was bereitet den "Neuen" die größten Schwierigkeiten und worin sehen Sie momentan den Hauptschwerpunkt ihrer Arbeit?

Bittl: In den ersten Wochen müssen sich die Kinder im neuen Klassenverband zurecht finden. Nach vier Jahren in gewohntem Umfeld bereitet das einigen schon ein wenig "Magengrimmen". Außerdem müssen sich die Realschüler anders und intensiver vorbereiten, um mit den höheren Anforderungen und dem erhöhten Lerntempo zurecht zu kommen. Zuerst muss ihnen also die veränderte Lernsituation an der Realschule bewusst werden. Das Thema "Lernen lernen" stellt deshalb einen vorrangigen Schwerpunkt meiner Arbeit dar. Die Kinder sollen allmählich Eigenverantwortlichkeit im Hinblick auf die häusliche Unterrichtsvorbereitung entwickeln. Außerdem sehen sie sich mit einer vermehrten Anzahl von Leistungserhebungen konfrontiert. Hier gilt es einen vernünftigen Leistungsanspruch und auch eine gewisse innere Robustheit zu entwickeln.

Und wie sieht ihre Unterstützung konkret aus?

Bittl: Zunächst galt es allgemein Lernhilfen und Lernstrategien fächerübergreifend zu vermitteln. Zur Zeit werden differenziert Lernschwächen analysiert und aufgearbeitet. Und dabei greife ich teilweise auf für die Kinder bekannte Methoden und Sozialformen der Grundschule zurück. Auch Elemente der Freiarbeit werden eingesetzt.

Laut Mitteilung des Kultusministeriums "haben Sie sich dazu bereit erklärt, ihre Erfahrungen in den Anfangsklassen einzubringen und umgekehrt ihre dort gewonnenen Erfahrungen an der Grundschule zu nutzen". Wie werden die gewonnenen Erfahrungen ihr künftiges Unterrichten an der Grundschule beeinflussen?

Bittl: Natürlich findet im Lehrerzimmer ein reger Austausch mit den Kollegen der Realschule statt. Meine Erfahrungen müssen vor allem an der Schnittstelle 4. Jahrgangsstufe eingebracht werden. Damit sollte ein noch zielgerichteteres Arbeiten möglich werden.

Wie beurteilen Sie das Modellprojekt und wie werden ihre Grundschulkolleginnen und -kollegen von diesem Projekt profitieren?

Bittl: Meine persönliche Bewertung des Projekts ist durchwegs positiv. Ich kann viele interessante Eindrücke mitnehmen. Diese Erfahrungen werden sicher in einer schulinternen Lehrerfortbildung an die Grundschulkollegen weitergegeben.