Pfaffenhofen
Lernen für die Energiewende

Pioniere in Oberbayern: Landkreis und Stadt legen Öko-Stromerzeugung und Verbrauch offen

16.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:49 Uhr
Mitten im Wald zwischen Gerolsbach und Aresing stehen die Windräder der Gerolsbacher Windpark-Gesellechaft Foto Hofmann et 22.2016 −Foto: Hofmann, Bernd, München

Pfaffenhofen (PK) Einmal mehr zum Vorreiter schwingen sich die Stadt und der Landkreis Pfaffenhofen in Sachen Klimaschutz auf.

Völlig transparent und für alle einsehbar weist der gemeinsam mit dem Bayernwerk auf die Beine gestellte Energiemonitor aus, wie viel grüner Strom gerade in der Region erzeugt wird - und wie viel die angeschlossenen Haushalte, Betriebe und öffentlichen Gebäude aktuell verbrauchen. Landrat Martin Wolf (CSU) und Sebastian Brandmayr von den Stadtwerken haben das Online-Tool gestern vorgestellt, das jede Viertelstunde die brandaktuellen Daten kostenlos und jederzeit von allen einsehbar anzeigt: online auf dem Tablet, am Handy oder am PC.

"Wir gehen gerne voran", meinte Brandmayr bei der Präsentation im Landratsamt. "Jetzt kann jeder nachschauen, was wir an regenerativem Strom erzeugen und verbrauchen. Da gibt es nichts zu verbergen. Aber ableiten können wir uns von den Daten so einiges. " Der Chef der Pfaffenhofener Stromversorgung spielt damit auf den Grundsatz an, für den Klimaschutz und die Energiewende lernen zu wollen. Und er ermunterte in dem Zusammenhang auch gleich alle anderen Kommunen im Landkreis, das Online-Tool auch für die einzelnen Gemeinden freischalten zu lassen.

"Ich will die Gemeinden ermutigen, hier einzusteigen und den eigenen Verbrauch öffentlich darzustellen. " Jede Gemeinde könne zu ihrem Energieverbrauch locker stehen. "Denn wenn die Industrie an einer Stelle sehr viel Strom verbraucht, stehen im Gegenzug dort auch sehr viele Arbeitsplätze zur Verfügung. Das ist also völlig in Ordnung. " Aktuell lässt sich auf den zwei freigeschalteten Portalen "nur" der exakte Verbrauch des gesamten Landkreises und der Stadt Pfaffenhofen ablesen. "Diese Übersicht ist gut", so Brandmayr. "Aber wenn man auch noch auf die einzelnen Gemeinden herunterzoomen könnte, wäre das sogar noch sehr viel besser. "

Landrat Wolf begrüßte die Transparenz des Portals ausdrücklich. Seit Langem werde über die regenerative Stromerzeugung diskutiert. Das Portal sehe er als Krönung einer jahrzehntelangen Entwicklung. "Jetzt haben wir das Regionale endlich voll im Blick", sagte er. Jeder könne nun ganz einfach verfolgen, wo sein Strom herkomme und wo er verbraucht werde. "Dieses Wissen hilft dabei, einen Sinn fürs Energiesparen zu bekommen. " Und Wolf nutzte seine Rede auch noch für eine persönliche Vision, bevor er zu interessanten Fakten kam. "Am Ende steht bei der Stromerzeugung für mich nur die Sonne", sagte er. "Denn sie erzeugt tagtäglich das Zehnfache der Energie, die auf der ganzen Erde verbraucht wird. "

Danach brachte Wolf interessante Zahlen ins Spiel. Landkreisweit erzeugen 32 Biomasse-Anlagen, 6300 PV-Anlagen, 32 Wasserkraftwerke, zwölf Windkraftanlagen und 47 Kraft-Wärme-Kopplungen regenerativen Strom. Abgenommen wird der Strom an rund 80000 Zählern, von denen etwa 10700 der Industrie zuzuordnen sind. "Die Firmen verbrauchen gegenüber den Privathaushalten dennoch etwa das Vierfache an Strom", ergänzte mit Michael Wittmann ein Vertreter vom Bayernwerk, das die Daten für den Energiemonitor bereitwillig zur Verfügung stellt. Die Versorger und die Verbraucher auf Augenhöhe zusammenbringen - das sei das Ziel des Energiemonitors, so Wittmann. "Die Leute wollen wissen, wo ihr Strom herkommt. Jetzt können sie es sich genau anschauen. " Die ermittelten Daten könnten bei der Realisierung der Energiewende eine entscheidende Rolle spielen. "In der Früh um 10 Uhr werden 84 Prozent des verbrauchten Stroms im Landkreis regenerativ erzeugt", meinte er beim Blick auf den Monitor. "Weil draußen die Sonne scheint. " Auf eine Woche betrachtet sinke dieser Wert momentan auf 46 Prozent. Und im Jahresschnitt liegt die Landkreisquote sogar nur bei 29 Prozent - und damit unter dem Bayernschnitt. "Daran können wir aber durch diese Daten gezielt arbeiten. "

Ähnlich sieht es Sebastian Brandmayr. Der Fachmann von den Stadtwerken sieht die Daten als große Chance. Wer sich das genau anschaue, könne seine Schlüsse ziehen. "Irgendwann merken die Menschen hoffentlich, dass sie ihre Waschmaschine besser dann anschalten, wenn draußen die Sonne scheint. " Weil die Kleidung dann eben durch grünen Strom sauber werde.

Sogar noch wichtiger seien die gewonnenen Fakten für die Versorger - und die Politik. "Wir können und sollten das Zusammenspiel der erneuerbaren Energien besser aufeinander abstimmen", fügte Brandmayr an. PV und Windkraft würden zum Beispiel bestens korrelieren. Auch Biomasse sei wichtig für den gelungenen Mix. Ganz abgesehen von einer dringend benötigten Revolution auf dem Segment der Stromspeicherung, ergänzte Wittmann.

Landrat Wolf erinnerte in dem Zusammenhang noch an die frühere Zielsetzung, dass in jedem bayerischen Landkreis 25 Windräder stehen sollten. "Hätten wir die, könnten wir uns die Stromtrassen aus dem Norden sogar komplett sparen", ergänzte er. Möglich sei das durchaus. Nur müssten dazu beim Klimaschutz nach wie vor viele Menschen und Zweifler gehörig umdenken.

 

DER ENERGIEMONITOR

Jederzeit und kostenlos einsehbar ist der Energiemonitor, den Landkreis und Stadt Pfaffenhofen in Kooperation mit dem Bayernwerk eingerichtet haben – übrigens als erste Kommunen in Oberbayern überhaupt.
Übersichtlich wird dort aufgelistet, wie viel Strom pro Viertelstunde gerade auf regenerative Weise – unterteilt in Biomasse, PV-Anlagen, Wasserkraft, Windkraft und Kraft-Wärme-Kopplungen („weitere Erzeuger“) – in der Region gerade erzeugt wird. Parallel dazu zeigt der Energiemonitor auf, wie viel Strom  von der Industrie, den kommunalen Anlagen sowie Privathaushalten im selben Zeitraum   verbraucht wird.
Die beiden separaten Portale sind online für den ganzen Landkreis unter https://energiemonitor.baye rnwerk.de/pfaffenhofen-lan dkreis (oder Landkreis-Homepage) sowie für die Stadt unter https://energie monitor.de/pfaffenhofen (oder Stadtwerke-Homepage) zu finden.

Patrick Ermert