München
Leitwölfe im Nahkampf

Warum es zwischen Ministerpräsident Horst Seehofer und Finanzminister Markus Söder hakt

27.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:04 Uhr

München (DK) Sticheleien, Scharmützel, öffentliche Rüffel: Das Verhältnis von Ministerpräsident Horst Seehofer und Finanzminister Markus Söder (beide CSU) gilt als zerrüttet. Die Entfremdung begann schon vor zwei Jahren.

Am 14. Januar gibt es wieder Zeugnisse. Das BR-Politikmagazin „kontrovers“ wird dann voraussichtlich die Ergebnisse seines Bayerntrends veröffentlichen. Für Spitzenpolitiker im Freistaat ist die Umfrage auch eine Art Jahresabrechnung. Wer ist am beliebtesten? Wen kennen die meisten Bürger? Und: Wer wäre ein geeigneter Nachfolger für Seehofer als Ministerpräsident. Es sieht danach aus, als könnte sich Finanzminister Markus Söder dabei als Musterschüler erweisen.

Nun sind es bis dahin noch gut zwei Monate. Aber mancher dürfte schon darauf schielen. Seehofer selbst sagt, wer sein Nachfolger wird, entscheide sich auch in Umfragen. Wer bei den Bürgern am besten ankommt, wird die CSU 2018 in die Landtagswahl führen – zumindest, wenn Seehofer es nicht selbst noch einmal macht. Söder ist zur Zeit der klare Favorit. Und der Trend könnte sich schon im Januar massiv verfestigen. Dann wäre das für Seehofer kein guter Tag. Das Verhältnis der beiden gilt als zerrüttet.

Die Entfremdung begann schon im Dezember 2012 bei der CSU-Weihnachtsfeier. Seehofer hatte sich über Söder geärgert, watschte ihn öffentlich ab. Söder leiste sich zu viele „Schmutzeleien“, wetterte der Parteichef. Das schlug hohe Wellen. Dann kam der Wahlkampf, die CSU gewann die Wahlen in Land und Bund. Söder bekam zusätzlich zum Finanzministerium neue Kompetenzen, die Seehofer unter dem Titel „Heimat“ zusammenfasste. Das alles verdeckte den Konflikt zunächst wieder.

Doch der Graben ist tiefer geworden. Söder hat offenbar seine Lehren gezogen. Er glaubt nicht, dass Seehofer ihn im Zweifel unterstützen würde und geht seinen eigenen Weg. Seine Aufgaben als Minister erledigt er professionell. Die Kollegen in der CSU-Fraktion sind begeistert. „Markus Söder macht einen Big Point nach dem anderen“, sagt ein führender Abgeordneter. „Der hätte den Ministerpräsidenten im Kreuz, das weiß jetzt jeder.“

Die Zustimmung hat Söder forscher gemacht. Seine Vorstöße stimmt er gar nicht mehr mit seinem Chef ab. Mitte September präsentiert er einen Vorschlag zum Abbau der „kalten Progression“ im Steuersystem. Ein in der CSU populäres Projekt, weil es viele mittlere Einkommen entlasten würde. Seehofer ist verärgert. Steuersenkungen hatte er eigentlich vorerst ausgeschlossen. Dann stellt Söder den Berliner Koalitionsvertrag infrage, fordert einen „Konjunkturcheck“ für die Beschlüsse. Seehofer weist das scharf zurück. Söder empfiehlt, Geld aus dem längst nicht ausgeschöpften Fluthilfefonds für die Flüchtlingshilfe zu verwenden. Seehofer lehnt das ab.

Er reagiert so allergisch auf Söders Vorschläge, weil er dahinter System vermutet. Der Finanzminister versuche, ihn kleinzumachen, meint er. Söder „türme“ unerfüllbare Forderungen auf, heißt es. Seine Zielmarke, die Zahlungen Bayerns in den Länderfinanzausgleich zu halbieren, sei völlig unrealistisch. Er fordere das nur, damit Seehofer daran scheitere.

Seehofers oberstes Ziel ist eigentlich nicht, Söder als seinen Nachfolger zu verhindern. Aber er will Herr des Verfahrens bleiben, sich nicht von der Partei Zeitpläne für die Machtübergabe diktieren lassen, wie viele seiner Vorgänger. Noch besteht auch keine Gefahr. Keiner in der Partei will eine Personaldiskussion. „Ein Machtkampf wäre nur Selbstzerfleischung“, sagt ein CSU-Vorstand.

Seehofer baut aber mit allen Mitteln vor – nicht nur mit der Ankündigung, notfalls selber 2018 noch einmal antreten zu wollen. Er sondiert auch, ob der einstige CSU-Hoffnungsträger Karl-Theodor zu Guttenberg nicht aus den USA nach Deutschland zurückkehren möchte. Heute trifft sich CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt mit ihm in Washington – rein zufällig natürlich. Sollte Guttenberg Interesse haben, würden die Karten in Sachen Nachfolge ohnehin völlig neu gemischt.

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