Leipzigs ehrgeiziger Sportdirektor Rangnick drängt Trainer Zorniger zum Rücktritt

Der Ungeduldige

11.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:40 Uhr

Leipzig (DK) Das Vorzeigeprojekt von Red Bull stockt. Mit Leipzig wollte das österreichische Unternehmen so schnell wie möglich in der 1. Bundesliga spielen. Doch sechs Punkte Rückstand auf einen Aufstiegsplatz sind zu viel. Deshalb gehen nun Trainer Alexander Zorniger und Leipzig getrennte Wege.

Ralf Rangnick gilt getrieben von unglaublichem Ehrgeiz. Manche würden es zerfressen nennen. Dabei war er nur ein mittelmäßiger Fußballspieler, dafür aber ein außergewöhnlicher Trainer. Mit seiner Besessenheit wollte er es allen in der großen, weiten Fußballwelt beweisen. Gepaart mit seiner Detailversessenheit, Intelligenz und taktischem Geschick hatte er als Trainer fast überall Erfolg. Ein Hans Dampf in allen Gassen eben. So führte er Hoffenheim von der dritten Liga in die Fußball-Bundesliga, gewann mit Schalke den DFB-Pokal und sorgte in der Champions League für Furore. Kurzum: Rangnick ist auf Erfolg gepolt. Er ordnet diesem alles unter. Deshalb legte ihm einmal ein Bekannter ans Herz: „Das Gras wächst nicht schneller, indem man daran zieht.“ Es war ein Rat, den er dem an Burnout erkrankten Rangnick gegeben hatte. Doch dieses Zitat lässt sich auch auf die Arbeitsweise übertragen. Denn nach diesem Credo handelt Rangnick nun in Leipzig in seiner Funktion als Sportdirektor.

Im Grunde ist es eine Traumehe: Red Bull und Rangnick. Auf der einen Seite steht das österreichische Unternehmen, das sein Vorzeigeprojekt RB Leipzig so schnell wie möglich in der Bundesliga sehen will. Am besten heute statt morgen. Auf der anderen Seite verfolgt Rangnick dieses Ziel mit seinem ganzen Ehrgeiz. Nun aber ist dieses Projekt gefährdet – nach zwei Aufstiegen in Folge hat die Mannschaft in der zweiten Liga in den vergangenen Spielen enttäuscht. Deshalb ist der Weggang von Trainer Alexander Zorniger längst keine große Überraschung mehr.

Zorniger heuerte 2012 in Leipzig an. Er führte das Team von der Viertklassigkeit in die zweite Liga. Doch mit dem Fehlstart (0:2 in Aue) war Zornigers Kredit bereits nach der ersten Partie im Jahr 2015 aufgebraucht. Zwar liegt der Aufsteiger auf Platz sieben nur sechs Punkte hinter einem direkten Aufstiegsplatz, doch für Leipzigs Ambitionen ist dies zu wenig. Vor allem gab es auch in den vergangenen Wochen atmosphärische Störungen. Zorniger zeigte sich zögernd. Abwartend. Zurückhaltend. „Ein weiteres Jahr zweite Liga würde dem Umfeld guttun“, sagte er in einem Interview. Eine Ohrfeige für den ambitionierten Rangnick, dessen Antwort nicht lange auf sich warten ließ. Zum Thema Aufstieg sagte er: „Je früher desto besser.“ Damit war die Kluft zwischen Sportdirektor und Trainer allerdings bereits unüberbrückbar.

Das Ziel Aufstieg verfolgte Rangnick deshalb konsequent weiter. Doch trotz der millionenschweren Wintertransfers Omer Damari, Emil Forsberg, Rodnei und Yordy Reyna ging das Spiel in Aue verloren. Damit war die Zeit von Zorniger endgültig vorbei. Vor allem Rangnicks Aussage nach der Partie „Wir müssen uns in der Spielweise und in der taktischen Ausrichtung verbessern“ war eine klare Kritik am Trainer.

Zorniger und Leipzig gehen nun getrennte Wege. Zwar zog Zorniger von sich aus den Schlussstrich. So ganz freiwillig war der Abschied nicht. Denn kurz zuvor wurde Zorniger gesagt, dass im Sommer sowieso ein neuer Trainer kommen würde. „Es war nach dieser intensiven und erfolgreichen Zeit natürlich nicht einfach, diese Entscheidung zu treffen. Doch aufgrund der mir gegenüber offen kommunizierten Absicht, im Sommer eine Veränderung vorzunehmen, ist es meiner Meinung nach besser, jetzt sofort einen Cut zu machen“, sagte Zorniger. Sein Nachfolger wird wohl ein alter Bekannter: Seit längerer Zeit wird Thomas Tuchel in Leipzig gehandelt. Übergangsweise soll nun aber erst einmal der bisherige U 17-Trainer Achim Beierlorzer als Interimstrainer einspringen, quasi als Platzhalter für Tuchel.

Zwar dementierte Rangnick immer Verhandlungen mit dem ehemaligen Trainer von Mainz 05 und wies die Gerüchte um Tuchel als „respektlos“ zurück.

Doch es klang alles nur halbherzig. Gut möglich also, dass das Projekt Bundesliga-Aufstieg bald mit Tuchel als Trainer angegangen wird. Es wäre allerdings konsequent, schließlich gilt Tuchel als extrem ehrgeizig. Somit würde er ideal in das Anforderungsprofil des Vereins passen und die Kombination Red Bull und Rangnick perfekt ergänzen. Und wer weiß: Vielleicht wächst das Gras doch schneller, wenn man daran zieht – oder übersetzt: Möglicherweise erhält das Projekt Leipzig, 1. Bundesliga, mit dem Trainerwechsel den entscheidenden Schub.