Leiden an der FDP

09.08.2009 | Stand 03.12.2020, 4:44 Uhr

Von Parteifreunden umgeben, stellte CSU-Bundestagskandidat Reinhard Brandl (r.) gestern bei einem Frühschoppen im Haunwöhrer Sportheim sich und seine politischen Ziele vor. - Foto: Silvester

Ingolstadt (DK) Mangelnde Präsenz im Wahlkampf lässt er sich nicht nachsagen. Reinhard Brandl, 32, Bundestagskandidat der CSU, bestritt gestern ein Pensum, das schon in den Profibereich tendiert: 10 Uhr Frühschoppen in Haunwöhr, 13 Uhr mit dem Bürger baden im Kratzmühlsee, 17 Uhr Sitzung im benachbarten Beilngries, 19 Uhr Straßenfest in Burgheim. Und im September will er richtig auf Touren kommen.

Der Beginn des langen Wahlkampfsonntags im Vereinsheim des SV Haunwöhr eignete sich vortrefflich für entspanntes Aufwärmen: 20 Zuhörer mit einem geschätzten CSU-Wähler-Anteil von weit über 95 Prozent erlebten einen Novizen im politischen Milieu, dessen Auftritte immer sicherer werden. Die Vita des Wirtschaftsinformatikers aus Eitensheim deutet nicht auf jemanden hin, der den Einzug in den parlamentarischen Raum von langer Hand geplant hat. "Ich habe nie darauf spekuliert, mal in die Politik zu gehen", bekannte Brandl, der auf diesem Feld bisher als Vorsitzender der Jungen Union Eitensheim, Europakandidat in der Peripherie der CSU-Liste 2004 und Landesschatzmeister der JU in Erscheinung getreten ist.

Daher stellt sich Brandl, wo immer er spricht, erst mal vor. Das Geschäft der Mutter wollte er nicht übernehmen, "da meine Liebe zu Haushaltswaren nicht so groß ist". Er studierte in Karlsruhe Wirtschaftsingenieurwesen und besuchte für zwei Jahre die Ingenieurschule in Grenoble. Anschließend trat er eine Promotionsstelle bei BMW an. Der Titel seiner Doktorarbeit: "Interne Verrechnung von IT-Leistungen" – Ein bisschen trocken vielleicht, meint Brandl heute. Wäre ihm damals schon bewusst gewesen, dass er mal in die Politik geht, hätte er sich ein knalligeres Thema gesucht.

Die Wahlkampfstrategie des 32-Jährigen ist klar: volle Konzentration auf den ländlichen Raum. Mit 46 der insgesamt 49 Bürgermeister im Bundeswahlkreis hat er sich bisher getroffen ("Immer einer am Vormittag und einer am Nachmittag"), um zu erfahren, wo die Mängel liegen. Über jeden dieser Besuche haben er und 20 Helfer Berichte verfasst und unter www. reinhard-brandl.de ins Internet gestellt. Drei Probleme arbeitete er heraus: die sinkende Zahl der Geburten, unkalkulierbare Gewerbesteuereinnahmen und "wachsende Anforderungen an die kommunale Infrastruktur" wie etwa Kinderkrippen.

Die defizitäre Versorgung mit DSL-Leitungen auf dem Lande scheint Brandl ein besonderes Anliegen. "Ich habe da verzweifelte Bürgermeister getroffen." Denn wer einen Bauplatz kaufen wolle, frage immer öfter, ob er dort auch einen Zugang zur Datenautobahn habe. Die Kommunen seien hier "vom Quasi-Monopolisten Telekom abhängig", und Bayerns FDP-Wirtschaftsminister Martin Zeil habe da bisher auch noch nicht viel zerrissen, klagte Brandl.

Sein Leiden an den Liberalen artikulierte der CSU-Mann auffälligerweise vor seiner moderaten Kritik an der SPD. Die FDP sei eine Großstadtpartei, die – "im Gegensatz zur CSU" – viele Bürger nicht berücksichtige, sagte Brandl. "Glauben Sie, dass jemand von der FDP mal nach Weichering fährt und fragt, wie es da mit der Kinderbetreuung ausschaut"

Das gefiel seinen Parteifreunden. Und auch die Hommage an den derzeit beliebtesten Politiker der Republik: Karl-Theodor zu Guttenberg (37). Brandl vertritt überzeugt die Linie des CSU-Wirtschaftsministers: Verantwortung der Wirtschaft, gerecht-maßvolles Gewähren von Staatshilfen. "Die Arbeitsplätze im Mittelstand sind genau so wichtig wie die in großen Firmen!" Bei diesem Thema geriet der Kandidat auf Touren, hielt eine eigene kurze Rede, bis er weiter musste. Zur Kratzmühle. Wasserbälle verteilen.