Ingolstadt
Lehrreiche Niederlage

Nach dem 2:4 in Heidenheim sind beim FCI die Sinne geschärft

20.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:05 Uhr
Trotz der vier Gegentreffer zeigte Torwart Philipp Tschauner in Heidenheim seine stärkste Leistung im Ingolstädter Trikot. −Foto: Puchner/dpa

Ingolstadt (DK) Für Philipp Tschauner stand am Montagvormittag die Regeneration im Vordergrund. Doch bevor der Torhüter des FC Ingolstadt seinen leicht lädierten Rücken pflegen konnte, bekamen er und seine Mitspieler von Tomas Oral noch einmal die 2:4-Niederlage im letzten Saisonspiel der 2. Fußball-Bundesliga beim 1. FC Heidenheim aufgezeigt - und dabei wurde es laut.

Trotz verschlossener Türen im Kabinentrakt drang die bebende Stimme des Trainers deutlich nach außen. Mit eindringlichen Worten schwor der 46-Jährige seine Mannschaft auf die beiden Relegationsspiele gegen Drittligist Wehen Wiesbaden (24. und 28 Mai, jeweils 18.15 Uhr/ZDF) ein.

"Das ist normal. Das war die vergangenen Male schon so", meinte Tschauner mit einem breiten Grinsen über die Besprechung und verriet, warum Oral vier Tage vor dem Hinspiel so energisch auf die Mannschaft einredete. "In der einen oder anderen Szene haben wir uns in Heidenheim zu sehr auf den anderen verlassen. Wir haben gemerkt, dass wir von der ersten bis zur letzten Minute diszipliniert unsere Aufgaben verfolgen müssen. Nur dann können wir erfolgreich sein", berichtete der 33-Jährige. Trotz seiner starken Vorstellung musste Tschauner erstmals seit drei Spielen wieder hinter sich greifen. Durch die vier Gegentore verpasste es der FCI zudem, die defensivstärkste Mannschaft der Rückrunde zu stellen.

"Das tut ein bisschen weh, interessiert mich am Ende aber nicht, wenn wir unser Ziel erreichen", stellte Tschauner klar und trauerte damit wie Oral ("Es wäre auch zu schön gewesen, um wahr zu sein") dem knapp verpassten Fußball-Wunder nicht lange hinterher. "Wir haben sofort den Fokus auf die Relegation gerichtet. Das ist das, was wir vor fünf Wochen blind unterschrieben hätten", sagte der Leihspieler von Hannover 96 und gewann der Niederlage sogar etwas Positives ab: "Ich verliere sehr ungern. Aber es war gut, dass wir vor den beiden wichtigen Spielen noch mal das Gefühl der Niederlage hatten und gleichzeitig wissen, woran es gelegen hat. Wir sind reicher an einer Erfahrung, und die Sinne sind geschärft. "

Die Ingolstädter ließen vor allem in der ersten Halbzeit jene Tugenden vermissen, mit denen die unglaubliche Aufholjagd und das Erreichen der Abstiegsrelegation überhaupt erst möglich geworden war. Sie kamen gegen starke Heidenheimer nicht in die Zweikämpfe, agierten bei eigenem Ballbesitz zu hektisch und wirkten mit der Aussicht auf den direkten Klassenerhalt nervös. "Man hat zu Beginn schon ein bisschen gemerkt, dass wir etwas zu verlieren hatten, weil wir uns in die Ausgangssituation gebracht hatten, dass wir es theoretisch noch hätten schaffen können", gestand Tschauner, der nach dem Doppelschlag von Patrick Mainka (27.) und Robert Andrich (32.) einen noch höheren Rückstand zum Seitenwechsel verhindert hatte.

"Als wir in der zweiten Halbzeit wieder den Fokus auf unser Spiel gelegt haben, ging es auf einmal. Wir haben Bälle früh erobert, sind gut in Umschaltsituationen gekommen und haben Tore gemacht", sagte Tschauner über die Aufholjagd mit den Treffern von Sonny Kittel (59.) und Marcel Gaus (76.). "Wir sind zurück gekommen. Das war ein gutes Zeichen", meinte er. Weil Arne Feick (82.) und Robert Leipertz (88.) aber die erste Niederlage unter Oral besiegelt hatten und Abstiegskonkurrent SV Sandhausen beim Jahn Regensburg ohnehin zu einem Unentschieden (2:2) gekommen war, war der gebürtige Schwabacher "letztlich froh, dass es so gekommen ist. Denn hätten wir unser Spiel gewonnen, wäre es schwieriger gewesen, mit der Situation umzugehen. "

Diese ist vor den beiden Alles-oder-Nichts-Spielen gegen Wiesbaden dennoch eine gänzlich andere. Denn während die lange Zeit abgeschlagenen Ingolstädter in den vergangenen Wochen eigentlich nur noch gewinnen konnten, haben sie in der Relegation "als Zweitligist viel mehr zu verlieren als Wiesbaden", wie auch Tschauner weiß. Doch davon dürfe sich der FCI nicht beeinflussen lassen. "Ob es ein Drittligist oder Zweitligist ist, muss totale Nebensache sein. Wir müssen auf unser Spiel schauen, das uns in den vergangenen Wochen stark gemacht hat. Dann wird es für Wehen Wiesbaden auch schwer, aber nur dann. Wenn wir versuchen, irgendwas Neues zu machen, werden wir ein blaues Wunder erleben - und das wollen wir natürlich nicht", sprach der Torhüter Klartext. Orals lautstarke Ansprache kurz zuvor hat seine Wirkung offenbar nicht verfehlt.
 

Julian Schultz