Pfaffenhofen
Leberkäse mit ''grünlich pelzigen Veränderungen''

Metzger aus dem Landkreis bietet immer wieder verdorbene Wurst an - und muss jetzt für sieben Monate ins Gefängnis

09.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:40 Uhr
Ein Metzger aus dem Landkreis hat immer wieder Lebensmittel angeboten, „die aufgrund stofflicher Verunreinigungen zum menschlichen Verzehr ungeeignet waren“, wie es im Juristendeutsch heißt. Der 48-Jährige muss deshalb jetzt sieben Monate ins Gefängnis. −Foto: Patrick Seeger, dpa (dpa)

Pfaffenhofen (PK) Für sieben Monate muss ein Metzger aus dem Landkreis Pfaffenhofen ins Gefängnis, weil er wiederholt in seinem Laden verdorbene Wurst angeboten hat. Lebensmittelkontrolleure hatten nicht nur Schimmelpilz und grün-gräuliche Verfärbungen auf Salami und Leberkäse festgestellt, sondern auch unhygienische Zustände in seiner Metzgerei.

 

Walter P., 48, (Name geändert) fehlt scheinbar jegliches Unrechtsbewusstsein. Von Einsicht ganz zu schweigen. Schon dreimal war der Metzger zu empfindlichen Geldstrafen verurteilt worden, weil er vorsätzlich Lebensmittel „in Verkehr brachte“, wie es im Juristendeutsch heißt, „die aufgrund stofflicher Verunreinigung zum menschlichen Verzehr ungeeignet waren“. Zuletzt im Juli des vergangenen Jahres hatte ihm das Pfaffenhofener Amtsgericht eine Geldbuße und eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten aufgebrummt, diese allerdings zur Bewährung von drei Jahren ausgesetzt. Aber diese Strafen haben Walter P. offensichtlich nicht geläutert. Im Gegenteil: Als am 8. Dezember, also ein halbes Jahr nach seiner letzten Verurteilung, wie schon so oft die Lebensmittelkontrolle bei ihm nach dem Rechten sah, bot sich ein Bild des „Chaos“, wie eine Zeugin es beschrieb. Der gelernte Metzgermeister, der auch selber schlachtet („ein bis zwei Schweine die Woche, alle zwei Monate ein Rind“) war gerade nicht im Verkaufsraum, eine Katze huschte durch den Laden. Die beiden Kontrolleure, die sich in seinem Betrieb seit vielen Jahren gut auskannten, fanden ihn schließlich im „Produktionsbereich“. Unordentlich und verschmutzt sei der gewesen, der Abfluss des Waschbeckens war dicht, der Ablaufschacht verstopft, der Kühlraum „schwer verunreinigt“ durch Fleischreste, Fett, Unrat, die Arbeitsflächen waren schmutzig. Aber das war nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens. Sondern die schmierige, angetrocknete und gräulich verfärbte Paprikawurst im Kühlraum, die alt und muffig roch; der Leberkäse mit „grünlich pelzigen Veränderungen und erkennbaren Schimmelpilz-Strukturen“, ein weiterer Leberkäse, der nicht nur Zwiebel enthielt, sondern auch einen „hochgradigen Gehalt von Schimmelpilzen“.

Diese Sachen wollte er gar nicht mehr verkaufen, rechtfertigte sich der Metzger. Er sei „betriebsblind“ gewesen, habe das einfach übersehen. Und die Rohsalami, die die Kontrolleure an der Rückwand des Verkaufsraums entdeckten? Sie roch muffig, sauer und verdorben, auf der Oberfläche waren weiße Flecken von „säureliebenden Keimen“, der Anschnitt war vertrocknet. Kann man noch essen, befand der Metzger, wusch vor den Kontrolleuren die Salami mit einer Bürste ab, schnitt den Anschnitt weg und schob sich dann eine Wurstscheibe in den Mund. „Schmeckt sie dann schärfer?“, fragt Amtsgerichtsdirektor Konrad Kliegl ironisch. Wie auch immer: Auch diese Wurst wollte er nicht mehr verkaufen. Warum sie dann im Laden hing? Nun ja, er hat sie übersehen. Vier Tage später wurde die Metzgerei abermals inspiziert, die Mängel, so ein Kontrolleur, waren beseitigt, aber im Verkaufsraum stand ein Dampfstrahler, „der dort nichts zu suchen hat“.

Zwei Wochen vor Ostern tauchte dann wieder die Lebensmittelkontrolle bei ihm auf – zu einem Zeitpunkt, als Walter P. Bewährungszeit hatte und wusste, dass er wegen der Kontrolle im Dezember Ärger bekommt. Dasselbe Bild: Auf dem Osterschinken wucherte eine Schimmelpilz-Kolonie, auch die Schweinshaxen in der Wanne mit Pökellake waren nicht mehr unter sich: Keime hatten sich dazugesellt. Bei der letzten Kontrolle allerdings, vor einem Monat, sei das Ergebnis „nicht so schlecht gewesen“, gibt der Zeuge zu Protokoll, „allerdings kein Vergleich mit der Sauberkeit in anderen Metzgereien“.

Stefan Heinl, der Pflichtverteidiger, stellt dem Zeugen von der Lebensmittelaufsicht die Frage, die spätestens jetzt jeden im Sitzungssaal umtreibt, zumal die Behörde die Metzgerei vor zwei Jahren schon einmal für ein paar Tage geschlossen hat, bis Walter P. Mängel beseitigt hat: „Warum sperrt man den Betrieb nicht zu?“ Zugegeben, es sei schwierig, Walter P. auf bestimmte Richtlinien hinzuweisen, aber man habe den Eindruck, dass man ihn dazu bringe, zum Beispiel neue Geräte zu kaufen. „Er hat ja bewiesen“, meint der Zeuge, „dass er produzieren kann. Aber er hält das nicht durch.“ Und außerdem wolle man nicht leichtfertig „Existenzen vernichten“.

Ob das Amt dem Metzger damit einen Gefallen getan hat, darf bezweifelt werden. Staatsanwältin Verena März fordert in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von zehn Monaten ohne Bewährung. Der Angeklagte zeige keinerlei Einsicht, er habe kein Gefühl für das Lebensmittelrecht, denn wie anders sei es zu erklären, dass er eine verdorbene Salami abwische und dann verzehre? Der Verbraucher müsse geschützt werden.

Der Verteidiger Stefan Heinl plädiert auf Freispruch. Begründung: Es gehe in diesem Verfahren nicht um die „teilweise gravierenden und erschreckenden Verhältnisse“ in der Metzgerei, sondern ausschließlich darum, ob Walter P. die Wurstwaren in den Verkehr bringen wollte. Nein! Er habe sie gelagert und aufbewahrt. Erst wenn die Wurst die „Warenausgangskontrolle“ passiert habe, dann ergäbe sich ein Straftatbestand. Und die „Warenausgangskontrolle“, die sei sein Mandant selbst. Nie im Leben habe er die Wurst verkaufen wollen. Und dass er die Salami probiert habe, beweise nicht, dass er sie auch der Kundschaft angedient hätte.

Amtsrichter Kliegl kann dieser Argumentation nicht folgen. Eine Wurst, die im Laden hängt, sei zum Verkauf bestimmt. Die Vorstrafen habe sich der Angeklagte nicht zur Warnung genommen. „Eindrücklicher kann man nicht demonstrieren, dass eine Bewährungsstrafe beim Angeklagten für die Katz ist.“ Dieses Verhalten sei für Verbraucher nicht nachvollziehbar und unzumutbar. Fazit: Sieben Monate Haft. Walter P. nimmt’s kopfschüttelnd hin.