Heideck
Lebendige Geschichtsstunde

Im Heidecker Erzählcafé erinnern sich die Menschen an die Zeit nach dem Krieg

12.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:16 Uhr

Das Ölbild des Heidecker Malers Ruppert Roth, das dieser vor gut 65 Jahren seinem Vater zum Geburtstag schenkte, dient im Erzählcafé als Erinnerungsstoff. Andreas Meier zeigt Oskar Rösch und Josefa Brunner die Ansicht der alten Liebenstädter Straße mit dem Gänseespan. - Foto: Wechsler

Heideck (HK) Stadtgeschichte und Geschichten, heitere Begebenheiten und lustige Anekdoten tauschten wieder die Besucher des Heidecker Erzählcafes bei ihrer letzten Zusammenkunft im Bürgersaal im Rathaus aus.

Augenzeugen konnten von der Entwicklung der Stadt ebenso berichten wie von kleinen Spitzbübereien, die gerade in Zeiten ohne elektronische Kommunikationsmittel noch an der Tagesordnung waren. Das Erzählcafé ist ein Kreis von interessierten Heidecker Bürgern, der von der Volkshochschule eingeladen wird und den Richard Böhm geschickt leitet. Er gibt auch immer dann neue Themen vor, wenn sich in der recht informativen Gesprächsrunde gerade keines ergibt.

Doch das kommt in dieser Runde selten vor. Wie meinte doch der äußerst rüstige 91-jährige Oskar Rösch, der über ein breites Wissen verfügt: „Zu Hause fällt mir nicht viel ein. Wenn ich aber in Gesellschaft bin, dann könnte ich stundenlang erzählen.“ Der Berichterstatter, der erstmals im Erzählcafé war, hätte ihm auch stundenlang zuhören können.

Wer erinnert sich noch, dass einst gegenüber dem Bahnhof, dort wo heute eine Reihe von Wohnhäusern stehen, einst ein großes Sägewerk stand. Übrig geblieben ist nur noch das ehemalige Wohnhaus des Sägewerksbesitzers, der aus Nürnberg stammte, die sogenannte Meier-Villa.

Die Steine des ehemaligen Schornsteins sind beim Bau der Zappoldsmühle wieder verwendet worden. Die Tochter des Sägewerkbesitzers sang zur damaligen Zeit, so um 1930, am Opernhaus in Nürnberg. Die spätere Bewohnerin der Meier-Villa hat nach dem Krieg Pilze und Beeren angekauft und in Nürnberg an Großhändler weitergegeben.

Interessiert betrachteten die Teilnehmer ein von Andreas Meier mitgebrachtes Ölbild des Heidecker Malers Ruppert Roth, das dieser vor gut 65 Jahren seinem Vater zum Geburtstag schenkte. Die Ansicht zeigt die alte Liebenstädter Straße mit dem Gänseespan, wo auch die Gänsehüterin noch zu sehen ist und im Hintergrund die Stadt Heideck. Daneben war ein Gänsehirte auch am heutigen Festplatz im Einsatz. Ebenso haben sich zwei Kuhhirten das Heidecker Gebiet geteilt.

Zur damaligen Zeit gab es im und am Wäschweiher noch viele Schlangen. Der Hirte Hubert war beim Schlangenfang sehr geschickt und verkaufte die Kreuzottern an den örtlichen Apotheker, wie Andreas Meier zu erzählen wusste. Die Ringelnattern, die bis zu 1,50 Meter maßen, enthäutete er und überzog mit deren Haut die Peitschen.

Die Teilnehmer erinnerten sich noch an die jährliche Bullenversteigerung am Festplatz. Dort gab es einen festen, starken Balken, an dem die Stiere angebunden waren. Manchmal nutzte auch ein heimischer Sailer den Balken um seine Seile daran zu drehen, besonders dann, wenn die Seile sehr lang sein mussten.

Oskar Rösch erinnerte daran, dass es in den Nachkriegsjahren in Heideck zwei große Vereine gab. Zum einen den Gesangverein, dem die etwas „besseren“ Leute angehörten und den TSV Heideck. Bemerkenswert, dass aus den Geschäftshäusern in der Hauptstraße kein einziger Mann Fußball spielte.

Die Fußballspieler kamen mehr aus der sogenannten „Hintergasse“ auch nach dem großen 1. FC Nürnberg, bis heute noch zum Teil „Zabo“ genannt. Der damalige Vorsitzende des Gesangvereins, Dr. Mather, wollte bei den großen Bällen des Vereins keinen aus dem Zabo sehen. Ein Mitglied aus dem Gesangverein durfte sich aber auch nicht beim Faschingsball des TSV sehen lassen.

Gerade in den 50er und 60er Jahren war Bibione das große Ferienziel der Heidecker. Dort trafen sich Leute, die sich zu Hause nur selten über den Weg gelaufen sind. Dabei reichten die Geschichten vom dortigen Wirken des ehemaligen Heidecker Bürgermeisters Benno Eckert, bis zum Erlebnis des Schuhekaufens. Das italienische Modell passte wunderbar. Doch als der Urlauber nach Hause kam, waren es eben nur zwei linke Schuhe. Daneben gab es Berichte über die hohe Zahl der Salamander im ehemaligen Heidecker Freibad, dem „Finsterle“, die ein eigenes Büchlein füllen könnten. Frühere Einkaufserlebnisse wurden ebenso belacht, wie das unfreiwillige Bad im Wäschweiher beim Entenfüttern.

Schon bei der Verabschiedung freuten sich die Teilnehmer auf das nächste Erzählcafé am Donnerstag, 25. April, um 14.30 Uhr im Bürgersaal.