Pfaffenhofen
Leader am Scheideweg

Einige Gemeinden steigen aus dem EU-Programm aus - Fördergemeinschaft vor ungewisser Zukunft

20.02.2019 | Stand 02.12.2020, 14:36 Uhr
Leader zum Anfassen: Am Ebenhausener Weiher ist 2018 ein Generationenpark entstanden. −Foto: Lamprecht

Pfaffenhofen (PK) Mit viel Tatendrang hatten sich die Gemeinden vor gut fünf Jahren zu einer Leader-Region zusammengeschlossen, um in den Genuss von EU-Fördergeldern zu kommen. Inzwischen herrscht bei einigen allerdings Katerstimmung. Die Zukunft der hiesigen Leader-Region ist momentan ungewiss.

Kommt das Thema Leader auf, schwingt bei vielen Bürgermeistern ein bedauerlicher Ton in der Stimme mit. "Vom Grundsatz her ist es eine gute Idee", sagt beispielsweise Manfred Betzin (CSU), Bürgermeister von Jetzendorf. Schließlich werden die Bürger an der Ideenfindung mit beteiligt. Und auch Peter Keck (SPD) stellt klar: "Auf der einen Seite wäre ein Ende schade." Doch der Rohrbacher Rathauschef fügt noch ein Aber an, mit dem er offenbar vielen seiner Kollegen aus der Seele spricht. "Aber das Verfahren ist einfach wahnsinnig umständlich. Der Bürokratismus ist der Hammer."

Seit 2014 läuft die aktuelle Leader-Periode, nun steht die Entscheidung an, ob sich der Landkreis (ohne Hohenwart, siehe Kasten) auch für die Zeit ab 2021 wieder bei Leader engagieren will - und einige Gemeinden haben hier bereits ihre Absage signalisiert. Jetzendorf ist bereits raus, genauso Rohrbach, Ilmmünster, Scheyern, Schweitenkirchen und Baar-Ebenhausen. Lediglich Ernsgaden hat bisher signalisiert, sich weiter an Leader beteiligen zu wollen. Heute beschäftigen sich die Stadträte in Pfaffenhofen und Geisenfeld mit der Frage, ob sie bei einer zweiten Förderperiode noch dabei wären: Keine unwichtige Entscheidung, schließlich spielen bei der Definition eines LAG-Gebiets bisher auch Einwohnerzahlen eine Rolle. So muss ein LAG-Gebiet aktuell mindestens 60000 Bürger aufweisen; die künftigen Richtlinien ab 2021 stehen noch nicht fest.

Die Entscheidungen in den Gemeinderäten waren bisher meist einstimmig. "Das war mit eine der schnellsten Abstimmungen", berichtet Keck. Rohrbach hatte sich mit mehreren Projekten beteiligt, ist aber zwischenzeitlich ausgestiegen. Beispielsweise wollte sich die Gemeinde beim Mobilitätskonzept engagieren, zog sich aber aus dem Projekt zurück - und nun auch aus Leader. "Wir hatten anonyme Fragebögen in unseren Projektgruppen. Es gab die übereinstimmende Aussage, dass sich Rohrbach nicht weiter beteiligen soll." Für ein Projekt, einen Barfußparcours, wartet die Gemeinde momentan auf eine Antwort zum Bauantrag. "Das ist jetzt das dritte Jahr für dieses Projekt - man muss sich das vorstellen: Es geht um einen Barfußpfad." Die Gemeinde will selbst aktiv werden - ohne Leader.

Ähnlich macht es auch Betzin. Jetzendorf hatte ein Naturbad vorgeschlagen und einen Wanderweg. Keines der Projekte kam im Förderprogramm zum Zug. Die Badidee hat sich nach einer Machbarkeitsstudie zerschlagen, den Wanderweg will die Gemeinde heuer selbst realisieren. Betzin kritisiert neben der Bürokratie noch einen weiteren Punkt: "Das lokale Management ist so nicht richtig. Der Steuerkreis wäre eigentlich ein Instrument, um Projekte zu priorisieren - stattdessen wurden sie nur durchgewunken", sagt Betzin. Eine Bewertung habe nicht stattgefunden. "So werden einfach Mittel verschwendet."

Harsche Worte findet Ludwig Wayand (CSU). Für seine Gemeinde Baar-Ebenhausen hat der Bürgermeister eigentlich ein Leader-Projekt durchgebracht: Am Ebenhausener Weiher steht inzwischen ein Generationenpark. Dennoch steigt die Gemeinde aus. "Ich hatte die Meinung - vielleicht war das ein bisschen blauäugig -, dass es eine bessere Unterstützung gibt", sagt Wayand. Seine Sachbearbeiter haben sich allein durch die Formulare arbeiten müssen. "Es gab sehr viele Fragen, aber die Hilfe bei der LAG war sehr gering." Für eine kleine Gemeindeverwaltung sei das kaum stemmbar. Diese Situation räche sich nun: Da im Nachhinein noch ein Fehler in den Unterlagen entdeckt wurde, werde der Gemeinde noch Geld abgezogen, so Wayand. Daher ziehe er nun ein "Fazit mit Wehmut: Ich hätte mir mehr Hilfe erwartet".

Pragmatisch sieht es Albert Vogler (CSU) für die Absage aus Schweitekirchen. "Es ist schlichtweg so, dass wir keine Leader-Projekte in der Gemeinde haben." Stattdessen laufen andere Förderprogramme beispielsweise für das Wittmann-Areal. Die bei Leader vorgeschlagenen Projekte - ein Kreisel in Richtung Autobahn - waren abgelehnt worden. In Scheyern gab es zwar am Ende auch ein Nein - doch einig waren sich die Politiker nicht sofort. "Meine Bedenken sind, dass jetzt eine Kettenreaktion ausgelöst wurde, ohne dass die Vorteile beachtet werden", erklärt Bürgermeister Manfred Sterz (Freie Wähler).

Noch ist das Ende der lokalen LAG nicht besiegelt. Ob grundsätzlich ein "löchriges" Gebiet überhaupt noch in Frage kommt oder die LAG mögliche Einwohnergrenzwerte noch erfüllt, ist noch offen. Bis Mitte März sollen alle Gemeinderäte über die Zukunft entschieden haben. Daher will der LAG-Vorsitzende, Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf (CSU), Leader im Landkreis noch nicht als gescheitert ansehen. Allerdings könne die LAG in der neuen Förderperiode nicht mehr LAG Landkreis Pfaffenhofen heißen. "Wir müssten es halt dann LAG Ilm/Paar oder Ilm/Donau nennen. Da würde uns schon was einfallen", sagt er. Der Kritik der Bürgermeister will sich Wolf nicht verschließen, Veränderungen bei der Vergabe der Fördergelder seien nicht ausgeschlossen. Das Leadermanagement stimme sich bislang sehr eng mit dem für die Förderfragen zuständigen Landwirtschftsmt für Ernährung, und Forsten in Ingolstadt ab. "Wir wollten auf keinen Fall, dass irgendwann Kontrolleure kommen, die dann Rückforderungen stellen", sagt Wolf. "Für manche Bürgermeister ist das vielleicht zu bürokratisch."HintergrundZur Lokalen Aktionsgruppe (LAG) gehört der Landkreis mit Ausnahme von Hohenwart; diese Gemeinde ist bereits in der LAG Altbayerisches Donaumoos organisiert. Zur LAG Pfaffenhofen gehören somit die 18 übrigen Kommunen und der Landkreis selbst. Jede Gemeinde bezahlt als Mitgliedsbeitrag pro Einwohner 50 Cent im Jahr, gleiches gilt für den Landkreis - insgesamt also gut 121600 Euro. An Geldern stehen in der aktuellen LAG knapp 1,9 Millionen Euro zur Verfügung. Diese werden wie folgt ausgegeben (gerundete Werte): LAG-Management 250000 Euro; vorbereitende Unterstützung 10000 Euro; Unterstützung Bürgerengagement 20000 Euro; Hopfenturm 26500 Euro; Schaubäckerei und Lehrpfad 156700 Euro; archäologischer Lehrpfad Manching 26600 Euro; Seenplatte Feilenmoos 28900 Euro; Bestandsaufnahme Radverkehr 7500 Euro; Rundwanderweg St. Kastulus 19900 Euro; Generationenpark Ebenhausener Weiher 140700 Euro; Inklusives Projekt Münchsmünster 189600 Euro; Barfußparcours 9850 Euro; Mobilitätskonzept 54800 Euro; Hopfenland Hallertau Tourismus 68900 Euro; biogene Reststoffe 12500 Euro; Ökoflächenmanagement 67600 Euro; Hopfen NO3 67000 Euro; Kreativwirtschaft 21000 Euro; Klimaladen 6100 Euro; Eco-Quartier 15000 Euro; Beschilderung 200000 Euro; Hopfendepot 200000 Euro; Museum der Hand 157000 Euro.

PK