Stepperg
Laue Sommernacht im Elfenwald

American Drama Group Europe inszeniert Shakespeares "A Midsummer Night's Dream" im Schloss Stepperg

15.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:47 Uhr
  −Foto: Hammerl

Stepperg (DK) Ein Schwertkampf zwischen Amazonen und Athener Kriegern, kichernde Elfen, schauspielernde Handwerker und ein Elfenkönig, dem das Gesicht stehen bleibt, als er einen offenbar kräftig riechenden Schuh unter die Nase gehalten bekommt oder - als Baum getarnt - zum Opfer eines Wildbieslers wird.

Es geht turbulent zu in "A Midsummer Night's Dream" der American Drama Group Europe, die das bewegungsreiche Spiel auch auf begrenztem Bühnenraum im Stepperger Schloss großartig zu präsentieren versteht.

Graf Guy von Moy begrüßt Produzent Grantley Marshall mit den Worten, er habe von Bekannten, die den Sommernachtstraum bereits gesehen hatten, gehört, er sei "mit Abstand das Beste, das du jemals geliefert hast", und scherzt über das Wetter. Die Truppe habe eben nicht nur eines der bekanntesten Werke von William Shakespeare mitgebracht, sondern auch das englische Klima. Kräftige Regenschauer haben die Freilichtveranstaltung im Schlosshof verhindert, doch das tut der Spielfreude des hochkarätigen, ungeheuer ausdrucksstarken Ensembles keinen Abbruch.

Es knistert vor erotisch-kämpferischer Spannung, als Theseus und Hippolyta die Klingen kreuzen. Dan Wilder ist sowohl die Idealbesetzung für den Athener König, dem er Würde und Souveränität verleiht, wie für Oberon, den ätherisch-zarten, aber mit hintergründigem Humor ausgestatteten Elfenkönig. Seine Mimik und Gestik ist mehr als beredt, sie spricht ganze Bände. Aimee Hislop ist Wilder eine würdige Partnerin beziehungsweise Kontrahentin, denn Amazonenkönigin Hippolyta wie Feenkönigin Titania, mit der Oberon um einen Inderjungen streitet, behaupten sich stolz, beugen sich zwar der körperlichen Kraft des Mannes, verstehen es aber, ihre Wünsche mit Blicken und kleinen Gesten durchzusetzen.

Überhaupt hat Shakespeare starke Frauen für diese berauschte, sinnliche, mal profan-witzige, dann wieder gesellschaftskritisch-sinnfragende, laue Sommernacht im Elfenwald geschaffen. Hermia - Jessica Atkins entspricht schon rein optisch Shakespeares Beschreibung der kleine, drallen und quirligen Athenerin - begehrt auf, als ihr Vater sie mit Demetrius (Sam Wright) verheiraten will. Sie liebt Lysander (Kyle Taylor) und kämpft um seine Liebe, indem sie mit dem Geliebten in den Wald flieht. Doch im Wald treiben die Elfen ihr Spiel, es folgen jede Menge Irrungen und Wirrungen, die Liebe erweist sich als trügerischer Geselle. Plötzlich sind beide Athener Burschen nicht mehr in Hermia, sondern in Helena (Miriam Swainsbury) verliebt. Denn Oberons Hofnarr Puck (großartig als listig-verschlagener Elf: Kyle Taylor) hat dem Falschen die Liebesdroge ins Auge geträufelt. Noch schlimmer erwischt es Titania, der der üble Streich dessen Gatten eigentlich gilt - ihr wird der als Esel verkleidete Handwerker Bottom zugeführt.

Die Schauspieler erweisen sich als geniale Darsteller, die so wunderbar artikulieren, dass auch Zuschauer mitkommen, die in der englischen Sprache weniger zu Hause sind. Diese fein zwischen Burleske und Hintersinn ausgewogene Inszenierung ist optisch wie akustisch ein Genuss. Schnelle Kostüm- und Rollenwechsel meistern die Ensemblemitglieder, die alle mindestens drei verschiedene Personen verkörpern, mühelos. Die wunderbare Rhythmik der Texte fesselt - ob gesprochen oder gesungen, die Irrungen treffen nur die Akteure, zu keiner Zeit das Publikum, das stets den Überblick in der wahrlich verwirrenden Handlung behält. Ein Sommernachtstraum, der süchtig machen kann.

Andrea Hammerl