stadtgeflüster
Lasst uns feiern: 800 Jahre Ingolstadt

10.02.2020 | Stand 02.12.2020, 11:59 Uhr

Muss die Geschichte Ingolstadt neu geschrieben werden?

Haben sämtliche Forscher samt Historischem Verein kläglich versagt? In Zeiten wie diesen, in denen politische Karrieren eine Halbwertszeit knapp an der Wahrnehmungsschwelle haben, weiß man bisweilen nicht mehr so recht, was man glauben soll. Jedenfalls waren wir doch etwas erstaunt, als wir dieser Tage im Internet von einem Ort namens Ingolstadt lasen, der erstmals im Jahr 1220 urkundlich erwähnt wurde.

Irgendwie passt da was nicht zusammen, denn es ist ja noch nicht so lange her, dass wir die erste urkundliche Erwähnung Ingolstadts vor knapp 1220 Jahren gefeiert haben. Sei ahnen es schon: Es handelt sich nicht um unser Ingolstadt, seit alters her die "Stadt der 100 Fraktionen" genannt, sondern um einen der anderen beiden Orte gleichen Namens, konkret um den in Mittelfranken.

800 Jahre wird das Straßendorf heuer alt. Die beidseitige Bebauung weitet sich im Bereich der Kirche zu einem kleinen grünen Dorfplatz auf, wo die Friedenskirche und das ehemalige Schulhaus stehen, das heute als Dorfgemeinschaftshaus genutzt wird. 100 Einwohner zählt der Weiler ohne Straßennamen, in dem gut 40 Hausnummern locker ausreichen. Statt Autos baut man dort lieber Wein an auf einer Rebfläche von rund sieben Hektar - laut Bürgermeister Reinhold Klein ein sehr süffiges Getränk, was bevorzugt beim Feuerwehrfest, der größten Feier in ganz Ingolstadt, verkostet wird. Das Jubiläum der bis 1972 selbstständigen Gemeinde wird übrigens nicht gefeiert - bei den vielen Ortsteilen des Markts Sugenheim, wozu Ingolstadt heute gehört, sei das einfach nicht machbar.

Womit wir bei unserem eigentlichen Thema wären. Denn 800 Jahre Ingolstadt sind doch ein Grund zum Feiern - völlig wurscht, um welches es sich handelt. Zumal die Schanzer in Mittelfranken auch noch hektoliterweise Riesling, Domina, Silvaner, Scheurebe, Kerner, Müller-Thurgau und andere Köstlichkeiten produzieren, was mit dem Bier aus der Stadt des Reinheitsgebots eine wunderbare Jumelange bilden würde. Bacchus meets Gambrinus wäre doch ein schönes Motto für eine Städtepartnerschaft Ingolstadt-Ingolstadt, und auf eine mehr oder weniger käme es in Ingolstadt/Oberbayern auch nicht mehr an. Zusammen mit Ingolstadt Nummer 3 in Unterfranken könnten Ingolstadt an der Donau und Ingolstadt Nummer 2, dessen Hausbach netterweise "Kleine Ehe" heißt, sozusagen eine Ménage-à-trois bilden.

Bevor es jedoch zu anstößig wird, zurück zu den Fakten: Neben Namen und Feuerwehrfest haben Ingolstadt/Donau und Ingolstadt-"Kleine Ehe" nämlich noch eine Gemeinsamkeit. Mitglied des Gemeinderats von Sugenheim, zu dem Ingolstadt/Mittelfranken gehört, ist tatsächlich ein gewisser Paul von und zu Franckenstein. Vielleicht muss die Geschichte von Ingolstadt doch neu geschrieben werden. . .

peh