"Lassen uns nicht verarmen und abhängen"

20.09.2009 | Stand 03.12.2020, 4:39 Uhr

Aus allen Teilen des Bistums waren KAB-Mitglieder gekommen, um in Eichstätt das 100-jährige Bestehen des Verbands zu feiern. Der Festzug umfasste mehr als 1000 Teilnehmer. - Fotos: kno

Eichstätt (EK) Mit vielen Gästen und Mitgliedern feierte der Diözesanverband der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) am Sonntag in Eichstätt 100-jähriges Bestehen. Nach dem Gottesdienst formierte sich ein Festzug mit weit über 1000 Teilnehmern. Hauptrednerin beim Festakt war Christine Haderthauer.

Die zentrale Feier fand auf dem Residenzplatz statt. Diözesanvorsitzender Karl-Heinz Heumann betonte vor zahlreichen Vertretern des öffentlichen Lebens im übervollen Festzelt, dass die KAB mittlerweile über annähernd 100 Kreisverbände mit rund 9000 Mitgliedern verfüge. Angefangen hatte alles im Jahr 1909, als sich 25 Arbeitervereine zum Diözesanverband zusammengeschlossen hatten.

Um was es der Bewegung geht, machte Bundesvorsitzender Georg Hupfauer klar: "Ein wenig mehr vom guten Leben für alle." Und dabei mucke die KAB auf: "Wir lassen uns nicht verarmen und abhängen", rief Hupfauer unter dem Beifall des Publikums. Der soziale Friede und die Demokratie seien durch die Finanzkrise ernsthaft bedroht: "Wir stehen vor dem Scherbenhaufen des Neoliberalismus." Zunehmend böten Jobs zu wenig Einkommen zum Leben, beklagte Hupfauer und forderte einen gesetzlichen Mindestlohn von 9,20 Euro. Und: "Wir brauchen einen fairen Wettbewerb mit klaren Spielregeln und eine Neuverteilung der Arbeit mit dem Ziel einer 30 Stunden-Woche."

Ähnlich kämpferisch gab sich der Gastgeber, Oberbürgermeister Arnulf Neumeyer: Es könne nicht angehen, meinte er unter dem Jubel des Auditoriums, dass "die Herrschaften, die die Krise verbrochen und die Milliarden verbraten haben, immer noch vorne dran stehen und Bonuszahlungen fordern und der Arbeitnehmer dafür geradestehen muss".

Solche Töne waren von der Hauptrednerin des Festakts, Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer nicht zu hören, Gleichwohl ging sie auch auf eine Herzensangelegenheit der KAB ein, nämlich den Schutz des Sonntags: Der Sonntag müsse so unantastbar wie möglich bleiben, betonte Haderthauer. Die Familie sei sowieso schon zum "Resteverwerter" dessen geworden, "was Mama und Papa noch an Zeit übrig haben". Haderthauer beklagte angesichts der jüngsten Ereignisse wie den Amoklauf von Ansbach oder "die Mordtat am S-Bahnhof Solln" eine Verrohung der Gesellschaft. Diese Tragödien offenbarten eine "neue Qualität" der Gewaltanwendung: "Es geht nicht um die Zahl der Fälle, sondern um die Art und Weise, wie sie verübt werden." Den Staat nahm sie da nur begrenzt in die Pflicht: "Wie es den Kindern geht, hängt in erster Linie von den Eltern ab." Haderthauer mahnte eine neue Wertschätzung der Familien an. Eltern, die Zeit mit ihren Kindern verbrächten, gehörten aus gesellschaftlicher Sicht "zu den Verlierern". Das dürfe nicht sein.

Beim Thema Arbeitnehmerrechte versprach die Ministerin, "die sozialen Leitplanken nicht einzureißen". So werde etwa beim Kündigungsschutz nichts geändert. Dieser werde aber auch künftig nicht das Problem sein, "das Problem wird eher sein, dass der Arbeitgeber Niemanden mehr findet, der seinen Betrieb weiterführt", meinte sie mit Blick auf die demographische Entwicklung.

Den Bereich Mindestlöhne interpretierte Haderthauer insofern, als dass sie zu einem veränderten Konsumverhalten aufrief: So sollten die Verbraucher nur bei denen einkaufen, "die ausbilden und ordentliche Löhne bezahlen". Hierzu forderte sie mehr Transparenz im Lohngefüge von Betrieben.

Die KAB-Feier dauerte den ganzen Tag mit viel Rahmenprogramm drum herum. Zum internen Festakt am Samstagabend war Ministerpräsident und Schirmherr Horst Seehofer, seit 1987 KAB-Mitglied, gekommen. Am Sonntag war er wegen des Oktoberfestaufmarschs in München verhindert.