Neuburg
Langfristig konnte sich keine Herrschaft etablieren

Die Geschichte Neuburgs beginnt nicht erst mit Ottheinrich - Schon die Römer bauten auf dem Stadtberg

08.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:28 Uhr
"Die Zeit der Staufer und Wittelsbacher in der Region Neuburg" war Thema des Vortrags der habilitierten Historikerin Gisela Drossbach, die dem einschlägig interessiertem Publikum im Theaterfoyer die vielfältigen Herrschaftsstrukturen im Mittelalter näherbrachte. −Foto: Foto: Hammerl

Neuburg (DK) Die Geschichte Neuburgs beginnt nicht erst mit Ottheinrich - auch wenn das mitunter so rüberkommt in der Ottheinrichstadt. Dass es bereits Interessantes aus dem Mittelalter über Neuburg zu erfahren gibt, zeigte Historikerin Gisela Drossbach in ihrem Vortrag im Theaterfoyer auf.

Nicht zu vergessen natürlich die Römer, die auf dem Stadtberg ein Kastell errichtet hatten, ob das nun Venaxamodurum oder Summuntorium hieß - worüber sich Wissenschaftler nicht einig sind. Der Name Neuburg jedenfalls, damals Nivuinburcg, taucht erstmals in einem Schreiben Papst Leos III aus dem Jahr 798 auf, kurz vor Ende des gleichnamigen Bistums. Das ebenfalls noch Diskussionsbedarf bereithält, wie sich am Ende des stringenten einstündigen Vortrags zeigte, als sich Archivdirektor Reinhard Seitz zu Wort meldete.

Sicher aber ist, dass Neuburg schon früh eine gewisse Bedeutung hatte und "bereits im Frühmittelalter nach damaligen Maßstäben urbane, also städtische Züge aufwies", wie Drossbach aus den lateinischen Namensformen Civitas Nova (8. Jahrhundert) und Nova Urbs (1009) ableitet. Archäologische Grabungen im Neuburger Schloss deuteten darauf hin, dass "dort seit dem frühen Hochmittelalter Vorgängerbauten standen, die wohl dann in mehreren Phasen im 15. Jahrhundert ausgebaut wurden"

Zunächst waren es die bayerischen Herzöge der Agilolfinger, die hier einen ihrer sechs Herrschaftsmittelpunkte hatten, bis Herzog Tassilo III entmachtet wurde und die Region im Jahr 788 unter fränkische Herrschaft kam. Zahlreiche Adelsgeschlechter hatten ihre Sitze in der Region um Neuburg, dem so genannten Reichsgutkomplex, den die Staufer samt Neuburg vor dem Zugriff der Wittelsbacher schützen wollten und daher dem Geschlecht der Pappenheimer als Lehen überließen - für 50 Jahre, dann stand der Marschall von Pappenheim in der Fehde der Wittelsbacher mit dem Grafengeschlecht der Andechs-Meranier auf der falschen Seite und wurde, weil "er dem Baiernherzog auf vielerlei Weise aufsässig gewesen war, von den Dienstmannen des Herzogs gefangengenommen", die Burg zerstört.

Dass sich in der Region offenbar keine Herrschaft langfristig etablieren konnte, macht die Geschichte so vielfältig und spannend. Ringsum gab es zahlreiche Adelsgeschlechter, in Straß, Sinning, das zeitweise sogar zwei Adelssitze hatte, Burgheim, Rennertshofen, Riedensheim, Oberhausen, Bertholdsheim, Rohrenfels, Bergen, Bergheim und Hennenweidach, wobei letztere beiden ausdrücklich keine Hofmarken, sondern große hochmittelalterliche Dörfer waren. Wie Weichering, das zudem noch einen Adelssitz besaß.

Unglaublich, wie viel Information sich in einen einstündigen Vortrag packen lässt, der das etwa 35-köpfige aufmerksam lauschende Publikum, darunter etliche Stadtführer, durchweg fesselte. Hochinteressant auch die Geschichte des Donaumooses, die keineswegs erst mit der Trockenlegung begann, wie Drossbach aufzeigte. In der Steinzeit wurde es zur Jagd genutzt, in der Latènezeit zur Eisengewinnung und im Mittelalter als Weidefläche. Trotz zeitweise unklarer Grundstücksverhältnisse war das Moos definitiv Privatbesitz. Dennoch war es der Staat, der hier eingriff, und zwar ohne die Eigentümer vorher zu fragen. Aus Drossbachs Sicht ein lohnendes Projekt, "die Durchsetzung von Landeshoheit in einer Zeit großer politischer Unruhen vor dem Hintergrund der Französischen Revolution zu studieren".

Das sei ein lohnendes Thema, fand auch Stadtarchivarin Barbara Zeitelhack, die den Vortrag organisiert hatte. Sie dankte der Referentin, die an der Universität Augsburg europäische Regionalgeschichte sowie bayerische und schwäbische Landesgeschichte lehrt, und schlug ein Kolloquium vor, um weitere Fragen, die sich aus dem Vortrag ergeben hatten, zu diskutieren.

Andrea Hammerl