München
Landtag streitet über Flutpolder

Oppositionsparteien gehen mit der Staatsregierung hart ins Gericht - Diese muss nun einen Bericht vorlegen

05.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:52 Uhr
Er will die Polder nicht: Bayerns Wirtschaftsminister und FW-Chef Hubert Aiwanger. −Foto: Kneffel/dpa

München (DK) CSU und Freie Wähler (FW), so haben sie es in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, wollen die seit Jahren geplanten Donau-Flutpolder in Eltheim, Wörthhof (beide Kreis Regensburg) und Bertoldsheim (Kreis Neuburg-Schrobenhausen), nicht bauen.

Das Kabinett entschied dann vor drei Wochen, die Alternativen zu den drei Flutpoldern und ihre möglichen Auswirkungen auf das Grundwasser zu prüfen (was etwa anderthalb Jahre in Anspruch nehmen werde) und in der Zwischenzeit zumindest eine Standortsicherung zu betreiben - also eine alternative Nutzung der vorgesehenen Flutpolderflächen zu verhindern. Damit schien sich die Diskussion wieder halbwegs zu versachlichen.

"Die Kabinettsentscheidung ist eine Klatsche für Aiwanger", hieß es hinter vorgehaltener Hand, und, dass sich Umweltminister Thorsten Glauber (FW), der an die Notwendigkeit der Flutpolder glaube, am Ende durchsetzen werde. "Es dauert jetzt halt nur ein wenig länger, bis diese Flutpolder auch gebaut werden", wurde kolportiert. Bei den Freien Wählern selbst hieß es, man hoffe, dass da jetzt kein schweres Hochwasser dazwischenkomme, das man dann an ihnen festmache.
 
Gleichwohl: Oppositionsparteien wie Grüne, SPD und FDP wollen von der Staatsregierung wissen, aufgrund welcher Fakten man eigentlich auf die Idee gekommen ist, die seit Jahren als alternativlos geltenden Polder zu streichen, und welche Alternativen man denn für realistisch halte, wo doch Studien längst eine eindeutige Sprache sprächen. In den zuständigen Landtagsausschüssen, im Umwelt- und im Bauausschuss, wurden die Anträge bereits angenommen, gestern debattierte auch der Landtag.

Dort allerdings gewann die Diskussion nochmal deutlich an Fahrt - weil Freie-Wähler-Chef, Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger Anfang Februar bei einer Veranstaltung beim Presseclub Regensburg (wo zwei der drei zu streichenden Polder verortet sind) gesagt haben soll, er bleibe bei seinem Nein zu diesen Poldern. Derlei werfe die Frage auf, hieß es gestern hinter vorgehaltener Hand, was nun eigentlich noch genau untersucht werden solle, wenn es ohnehin bei Aiwangers Nein bleibe?
Mit der Staatsregierung gingen die Oppositionsparteien derweil hart ins Gericht: Der Passauer AfD-Landtagsabgeordnete Ralf Stadler etwa warf den Freien Wählern "Spezlwirtschaft" vor: Aiwangers Lebensgefährtin ist just dort Landrätin, wo zwei der Polder sind, Aiwangers Staatssekretär war dort Landrat, wo der dritte Polder gestrichen werden soll. CSU und Freie Wähler wollten offenbar "das rote Rathaus" in Passau "fluten", so Stadler. Dass man der Region "aus politischen Gründen" die medizinische Fakultät verweigere, sei das eine, aber es sei nicht zu akzeptieren, wenn notwendige Maßnahmen des Hochwasserschutzes nicht umgesetzt würden.
 
Interessant waren auch Zwischenfragen eines anderen AfD-Abgeordneten, Gerd Mannes, der wissen wollte, warum eigentlich in seiner Heimat Schwaben sieben Polderprojekte bestehen blieben, aber in der Oberpfalz und Oberbayern gleich drei gestrichen würden. Brauchbare Antworten gab es weder von der Regierungsbank noch aus den Fraktionen von CSU und Freien Wählern.
 
Sichtlich um Versachlichung bemüht waren die Abgeordneten Alexander Muthmann (FDP) und Christian Flisek (SPD). Flisek wies darauf hin, dass es nach dem Jahrtausendhochwasser 2013 einen gesellschaftlichen Konsens für Hochwasserschutz gegeben habe, der Ende 2018 mit dem Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wähler aufgekündigt worden sei, sie hätten "im Hinterzimmer drei Säulen aus dem Konzept herausgestrichen", was nichts anderes als ein "Konjunkturprogramm für Politikverdrossenheit" sei.
Die Anträge, wonach die Staatsregierung Bericht erstatten muss, wurden von allen Parteien angenommen, lediglich die AfD enthielt sich der Stimmen.
 

Alexander Kain