Land-Vermieter drohen mit Abspaltung

06.11.2006 | Stand 03.12.2020, 7:22 Uhr

Riedenburg (DK) Eigentlich wollte der Stadtrat gestern über die Finanzierung einer Fachkraft für Tourismus und Stadtmarketing beraten. Doch wegen einer Unterschriftenliste gegen das Vorhaben wurde das Thema vertagt. Das bedeutet neuen Zündstoff.

Ein zweiseitiges Schreibensorgte gestern Abend für verdutzte Gesichter im Riedenburger Stadtrat. Es stammt von Josef Böhm, dem Betreiber des Bauernhofmuseums in Echendorf, und bringt erneut Wirbel in die Debatte .

D em Brief, der Bürgermeister Michael Schneider (CSU) gestern Vormittag auf den Tisch flatterte, liegen zwei Unterschriftenlisten bei: 51 Namen stehen laut Schneider unter der Liste mit d em Titel : "Ich bin gegen die Einführung einer Kurtaxe". Und 38 Unterzeichner wenden sich gegen die Einstellung einer Fachkraft.

Pikant ist, dass es sich bei den Unterzeichnern nicht um gewöhnliche Bürgerinnen und Bürger handelt, sondern fast durch die Bank um Vermieter. Sie stammen den Angaben zufolge überwiegend aus den Ortsteilen und nicht aus dem Stadtgebiet. Der Rathauschef erklärte, man müsse davon ausgehen, dass die unterzeichnenden Betriebe rund 50 Prozent der Gästebetten in der Großgemeinde repräsentierten.

D as lässt die Debatte in einem neuen Licht erscheinen. Denn der Riedenburger Fremdenverkehrsverein (FVV), dem die Unterzeichner wohl größtenteils angehören, spricht sich klar für eine Fachkraft aus.

Eigentlich wollte der Stadtrat gestern Abend bereits über die Finanzierung einer solchen Fachkraft sprechen. Nachdem das Gremium im Januar noch Nein gesagt hatte, schien nun nach langen Diskussionen ein Kompromiss in Sicht: Statt eines teuren Managers könnte etwa eine Reiseverkehrskauffrau eingestellt werden; zur Finanzierung sind die Erhöhung der Tourismus-Abgabe, die Verwendung der Einnahmen aus dem Wohnmobilstellplatz, die Einführung einer Kurtaxe oder eine Kombination konkret im Gespräch .

Jedenfalls schien eine Lösung in der teils heftig geführten Debatte greifbar . Doch die ist nun offenbar wieder in weite Ferne gerückt.

In die Schusslinie geraten ist durch die Unterschriften-Aktion vor allem Bernhard Scheck, der neue Chef des FVV. Er hatte zwar viel zur Entschärfung des Konflikts beigetragen und den sich anbahnenden Kompromiss maßgeblich mit ausgehandelt, doch gestern blies ihm heftig der Wind entgegen.

Scheck habe stets betont, die Forderung nach einer Fachkraft sei mit den FVV-Mitgliedern abgesprochen, betonte CWG-Fraktionschef Michael Weber in der gestrigen Stadtratsitzung. Doch da, wie die Unterschriften-Aktion belege, anscheinend keine Einigkeit innerhalb des FVV herrsche, "macht es keinen Sinn, heute darüber weiter zu beraten".

So sah das auch Johann Bachhuber, der für die CSU das Wort ergriff. "Der Fremdenverkehrsverein hat seine Hausaufgaben zu machen", forderte er und sprach von "internen Widerständen". Bachhuber unterstrich , dass ihm als damaligem FVV-Vorsitzenden vorgeworfen w orden war , die Meinung der Mitglieder in Sachen Fachkraft nicht eingeholt zu haben. Scheck aber, so seine Kritik , mache jetzt das selbe . Bachhuber war Anfang des Jahres als FVV-Chef zurückgetreten, nachdem er zunehmend unter Druck geraten war.

Scheck, der gestern im Stadtrat Rederecht erhielt, konterte: "Ich glaube nicht, dass in den vergangenen Jahren so viel für den Fremdenverkehr getan worden ist, wie in meiner Zeit." Vor allem aber warb Scheck für die Einführung der Kurtaxe, die ja nicht der Vermieter, sondern der Gast bezahle.

Dass Böhm die Kurtaxe als finanzielle Belastung für die Vermieter sieht, belegt laut Scheck ein "Informationsdefizit". Scheck sagte, er habe die Kurtaxe bei drei Vermieterversammlungen ausgiebig erläutert, doch seien diese Treffen nur spärlich besucht gewesen.

Wie Scheck sprachen auch FW-Fraktionschef Robert Pesl und SPD-Wortführer Rudi Schneider von einem Informationsdefizit bei Böhm & Co.

Rudi Schneider vermutet, dass es den Gegnern der Kurtaxe weniger um die 50 Cent geht, die der Urlauber pro Nacht entrichten müsste. Viele Vermieter haben seiner Meinung nach schlicht Angst davor, künftig für jeden Gast einen so genannten Meldeschein ausfüllen zu müssen, was freilich die exakten Übernachtungszahlen aller Vermieter offenlegen würde.

Der Stadtrat beschloss gestern einstimmig, die Beratung über die Finanzierung der Fachkraft zu v ertagen. Was das für die grundsätzliche Entscheidung pro Fachkraft bedeutet, blieb offen. Sicher ist dagegen, dass auf Scheck eine große Aufgabe zukommt: Er soll, so formulierte es etwa CWG-Sprecher Michael Weber, "eine Einigkeit im Fremdenverkehrsverein erreichen".

Das allerdings dürfte ein äußerst schwieriges Unterfangen werden. Denn Böhm ("Der Bogen ist überspannt")droht in seinem Brief ganz offen mit der Gründung eines eigenen Tourismusvereins "Riedenburger Land". Potenzielle Mitglieder stünden Gewehr bei Fuß.