Kuscheln zum Spielfilm

22.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:39 Uhr

Aschheim bei München (DK) Wer zum ersten Mal mit dem Auto ins Kino fährt, sollte genau wissen, wie es reagiert. Etwa dann, wenn die Fenster während des Films beschlagen und man nur kurz lüften will. Denn bei Kontakt, das haben einige neue Modelle so an sich, schalten sich automatisch die Scheinwerfer an – und schon hat man sich blamiert. Das kann es dann schon wieder gewesen sein mit der Romantik.

Und romantisch soll es ja sein, in so einem Autokino. Oder? "Knutschen kann man heute auch im normalen Kino", sagt Wolfgang Holl, Betriebsleiter des Autokinos Aschheim, eines der letzten in Deutschland. Zehn soll es insgesamt noch geben. Das "Drive-In" ist eines der ältesten: Am 22. Mai 1969 flimmerte erstmals ein Streifen über die 540 Quadratmeter große Leinwand. Er hieß "Klassenkeile", in den Hauptrollen spielten Uschi Glas und Walter Giller.

In den folgenden Jahren fuhren 400 000 Besucher pro Jahr am Kassenhäuschen vorbei auf den gewellten Beton-Parkplatz in einem Waldstück östlich von München. Der kann 1100 Pkw aufnehmen, ist aber nur selten – und nur im Hochsommer – vollbesetzt. Heute zähle er nur mehr 80 000 bis 100 000 Besucher im Jahr, sagt Holl. Auf die Frage, ob sich das noch rentiere, antwortet er: "Ein neues Autokino würden wir jedenfalls nicht mehr bauen."

Und da wären wir wieder bei der Romantik. Das erste "Drive-In" der Welt eröffnete 1933 in New Jersey. Doch erst später, in den 50er und 60er Jahren, erlebte das Autokino seine Hochzeit. Es bot unverheirateten Paaren und Jugendlichen einen Rückzugsort im prüden Amerika, zum Kuscheln und zum Knutschen. Nicht umsonst hieß die letzte Reihe "love lane", "Liebesreihe" – und vielleicht kann man heute sagen: Als deren Bedeutung mit der Zeit abnahm, sank auch die Attraktivität des Autokinos.

Um sich über Wasser zu halten, veranstaltet Wolfgang Holl regelmäßig Automärkte und Messen auf dem Aschheimer Gelände. Doch abends, wenn es dunkel wird, laufen vor allem Hollywood-Blockbuster, auf zwei Leinwänden gleichzeitig. Übrigens auch im Winter: Und wenn es mal richtig kalt wird, stehen Heizlüfter bereit, die gegen Kaution gemietet und an einer Stromsäule angeschlossen werden können. Die Decken freilich sollte man schon im Herbst nicht vergessen, um den Film genießen zu können.