Hilpoltstein
Kurze Antworten auf komplizierte Fragen

Inklusive Wahlveranstaltung im Hilpoltsteiner Residenzhof mit "Straße der Demokratie" - Applaus für Ausladung der AfD

04.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:33 Uhr
Die Landtagskandidaten bei der Diskussionsrunde im Hilpoltsteiner Residenzhof. Von links: Marcel Schneider (SPD), Volker Bauer (CSU), Stefan Stromberger (FDP), Thomas Schneider (FW), Tino Schwarz (Die Linke) und andreas Hofmann (Die Grünen). −Foto: Unterburger

Hilpoltstein (HK) Der Tag der Landtags- und Bezirkstagswahl rückt immer näher. Die politischen Parteien werben deshalb mit Hochdruck um Wählerstimmen. Unter dem Motto "Wählt einfach!" präsentierte sich am Tag der deutschen Einheit ein breites Spektrum aus CSU, SPD, Linkspartei, Bündnis 90/Die Grünen, Die Partei, FDP und Freien Wählern im Hilpoltsteiner Residenzhof bei einer inklusiven Wahlinformationsveranstaltung.

Viele waren gekommen, um sich auf der "Straße der Demokratie" entlang der Platanen im Residenzhof über die verschiedenen Parteien zu informieren, die dort ihre Stände aufgebaut hatten, und um mit den Vertreter der jeweiligen Parteien ins Gespräch zu kommen. Bürgermeister Markus Mahl wies darauf hin, dass die AfD explizit nicht eingeladen wurde, weil sie die Gesellschaft spalte und rechtspopulistisches Gedankengut verbreite. "Solange ich Bürgermeister dieser Stadt bin, haben die hier bei uns nichts verloren!", rief er unter dem Beifall der Zuhörer.

Nach einer kurzen Vorstellung der nur zum Teil nach Hilpoltstein gekommenen Bezirkstags-Kandidaten Cornelia Griesbeck (CSU), Sven Ehrhardt (SPD), Walter Schnell (FW), Mario Engelhart (Grüne), Daniel Zimmermann (FDP) und Cornelius Voigt (Die Linke) übernahm Johannes Haeffner von der Rummelsberger Akademie, der schon im vergangenen Jahr eine ähnliche Veranstaltung in Hilpoltstein zur Bundestagswahl geleitet hatte, die Moderation der Runde. "In drei Diskussionsrunden beantworten unsere Direktkandidaten drei Fragen, haben jeweils aber nur eine Minute Redezeit", erklärte er die Regeln.

Der Diskussion stellten sich die Landtagskandidaten Volker Bauer (CSU), Marcel Schneider (SPD), Stefan Stromberger (FDP), Andreas Hofmann (Grüne), Thomas Schneider (FW) und Tino Schwarz (Linke). In der ersten Runde hatten die Kandidaten eine Antwort auf die Frage zu geben, warum Politiker immer wieder ihren Kurs änderten und in ihren Aussagen nicht verlässlich seien. Diese Frage wurde gestellt von der Rummelsberger Diakonie, von Regens Wagner und von der Lebenshilfe. "Politiker sind auch nur Menschen und machen Fehler", sagte Thomas Schneider zu, "manchmal versprechen sie Sachen, die sie nicht halten können." Er - Schneider - strenge sich an, dies nicht zu tun. "Ab und zu sollte man seine Standpunkte ändern", erklärte Tino Schwarz. Volker Bauer wies darauf hin, dass Politiker oft schwierige Entscheidungen treffen müssten. Stefan Stromberger brachte den Begriff der Politikverdrossenheit ins Spiel. Als Politiker müsse man immer bedenken, was man tut. Marcel Schneider sagte, viele Menschen hätten das Vertrauen in die Politik verloren. "Vor den Wahlen versprechen die Politiker viel, nach den Wahlen wollen sie davon nichts mehr wissen", kritisierte er. Für die Grünen stehe der Mensch im Mittelpunkt, versicherte Andreas Hofmann: "Das dürfen wir alle nicht vergessen."

In der zweiten Runde ging es um die Frage, welchen Einfluss die Kirche - oder allgemein die Religion - bei der Wahl ausübt. Diese Frage wurde von den Schulen und dem Jugendtreff der Stadt Hilpoltstein gestellt. Als Christ lege man Wert auf den Frieden, hob Thomas Schneider hervor. "Aber ich lehne es ab, wenn der Pfarrer sagt, wen man wählen soll." "Ich bin fest der Überzeugung: Jesus würde links wählen", sagte Tino Schwarz, "wer sich christlich nennt, ist noch lange nicht sozial." Volker Bauer verwies darauf, dass Bayern ein christlich geprägtes Land sei. "Wir brauchen eine faire Sozialpolitik", forderte er. Zustimmung fand er bei Stefan Stromberger, der sagte, dass die Kirche bei uns fest verwurzelt sei. "Ich glaube nicht, dass die Kirche Einfluss auf die Wahl nimmt", sagte Stromberger. Marcel Schneider will Kirche und Politik getrennt sehen: "Das sind ein Paar verschiedene Stiefel." Auch Andreas Hofmann verwies darauf, dass es eine Trennung von Kirche und Staat gebe. Und dies sei richtig so.

In der dritten und letzten Runde ging es dann um die Frage, die von einem Leser unserer Zeitung gestellt wurde. Gefragt wurde, was die die Kandidaten und deren Parteien dagegen tun wollen, dass auch in Bayern die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht - auch mit Blick auf drohende Altersarmut. "Ja, die Schere geht auseinander", bestätigte Andreas Hofmann, "wir müssen weg von Hartz IV und wir müssen die Besteuerung von Renten rückgängig machen." " Manche werden immer reicher, die anderen immer ärmer", stimmte Marcel Schneider seinem Vorredner zu, "wir brauchen eine Sicherung der Rente bis zum Jahr 2040 und eine effektivere Mietpreisbremse." Thomas Schneider gab zu bedenken, dass viele Menschen nicht von ihrem Verdienst leben könnten: "Jeder muss von seinem Verdienst leben können und es muss noch was übrig bleiben für das Alter." Gegen Altersarmut sei eine durchgehende Beschäftigung nötig, forderte Volker Bauer: "Wir wollen Wohlstand für alle." Tino Schwarz forderte eine "andere Finanzierung", denn jeder zweite Rentner habe eine monatliche Rente, die unter 800 Euro liege. Stefan Stromberger sah die Sache etwas anders. "Wir helfen den Menschen nicht, wenn wir den Reichen etwas wegnehmen, um den Armen etwas davon zu geben", sagte er.

In der sich anschließenden Diskussion sagte Hofmann, es sei sehr viel organisiert worden für Konzerne und große Unternehmen, Durchschnittsverdiener habe man dagegen links liegen gelassen. "Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass wir nicht mehr so viele arme Menschen haben", so Thomas Schneider. "Die Rentner werden immer ärmer", beklagte Marcel Schneider, "durch die Agenda 2010, durch Minijobs und Leiharbeiter haben wir prekäre Arbeitsverhältnisse, da muss ich Kritik an meiner eigenen Partei üben." Und: "Wir brauchen eine Grundsicherung, das heißt, die Menschen müssen eine Rente von monatlich 1000 bis 1200 Euro bekommen." Zustimmung kam von Andreas Hofmann: "Wir wollen, dass die Menschen gut von ihrer Rente leben können." Die Mütterrente sei noch eine "Baustelle", sagte Volker Bauer und sowohl der Vertreter der FDP, der FW als auch der Linken meinten: "Das Rentensystem muss umgebaut werden." Tino Schwarz forderte überdies, die Leiharbeit müsse zurückgefahren werden.

Nach den Statements der Politiker konnten die Zuhörer rote oder grüne Karten hochheben. Grün bedeutete, dass sich die Landtagskandidaten verständlich ausgedrückt hatten, rot bedeutete das Gegenteil. Meist waren grüne Karten zu sehen.

Robert Unterburger