Wettstetten
Kunsterlebnis in der Kirche

Wettstettener Künstlervereinigung Facetten zeigt noch bis Ende Juni ihre Ausstellung "Auch bei uns - Corona in Wettstetten"

26.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:50 Uhr
  −Foto: Gülich

Wettstetten - Masken, Viren, Zeitungs-Headlines.

Ein Strand als Sehnsuchtsort und Kontrapunkt: Die Wettstettener Künstlervereinigung Facetten zeigt noch bis Ende Juni ihre Ausstellung "Auch bei uns - Corona in Wettstetten" in der Kirche Sankt Martin. Das Thema ist herausfordernd und nicht unumstritten; verarbeitet haben es neun Mitglieder der Gruppe in jeweils einem Werk - alle im gleichen, schmalen Hochkantformat.

"Eigentlich sollten die Corona-Bilder Teil der Ausstellung zur diesjährigen 1200-Jahr-Feier werden", berichtet die Facetten-Vorsitzende Claudia Koch. Nachdem pandemiebedingt die Feierlichkeiten nun aber im Block um ein Jahr verschoben wurden, habe die Gruppe sich entschlossen, eine kleines, separates Kunsterlebnis zu organisieren. In der Kirche, da der Bürgersaal aktuell durch eine Schulklasse besetzt ist.

Barbara Knöpfle ist erst vor zwei Jahren zu den im Jahr 2014 gegründeten Facetten gestoßen und hat für ihre erste Ausstellung eine Fotocollage mit dem Titel "Hinter den Masken" gestaltet, eine Art Gegenentwurf zu den Mund-Nase-Schutz tragenden Menschen: 39 lächelnde Münder strahlen den Ausstellungsbesucher an - ein zurzeit ungewohnter Anblick. "Meine Arbeit soll in die Zukunft blicken - auf etwas, das wir hoffentlich bald wieder erleben können: ein Lächeln ohne Maske. Denn alle Menschen, die ich fotografiert habe - Nachbarn, Freunde, aber auch Wildfremde auf der Straße, die ich angesprochen habe - sehnen sich nach Freude, Begegnung und Austausch", erläutert Knöpfle.

Claudia Koch, die ihre Gruppe zum Thema Corona "angestiftet" hat, wie sie lachend sagt, erklärt, dass es den Künstlern vor allem um die Vielschichtigkeit der Materie gehe - im Allgemeinen und in ihrem eigenen Ort im Speziellen. "Natürlich bedeutet die Pandemie viel Negatives, aber auf der anderen Seite wird eben auch eine große Kreativität freigesetzt, damit Dinge vielleicht anders, aber trotzdem stattfinden können. "

Die Malerin selbst hat das Bildnis einer in einem Gebetbuch blätternden Ministrantin beigesteuert. Die Maske des Mädchens befremdet nur auf den ersten Blick - viel mehr dann allerdings die gemalte Bedienleiste am unteren Bildrand, die deutlich macht, dass der Betrachter gar nicht real, sondern nur digital bei der Szene dabei ist.

Ganz unterschiedlich ist auch die Herangehensweise der anderen Künstler: Traudl Müller zeigt mit zwei Liegestühlen am Meer ein Paradies inmitten der Reisebeschränkungen. Ihr Mann Koni Müller den gekappten Wettstettener Kirchturm, denn: "Auch der Kirchturm ist betroffen", so der Titel seines Bildes. Otto Gleich hat sich in einer Ytong-Plastik ebenfalls des Kirchturms angenommen, Wolf Lizowski in seinem Werk, einer Material-Kombination aus Eschenholz und Acryl auf Leinwand, des Themas "Hoffnung". Auf Annerose Steers Gemälde "Lockdown 2020" schweben stachelige Viren wie genagelte Geschosse über einer grauen Stadt, deren Fenster schmale Schießscharten sind - die Türen verrammelt: Lockdown-Feeling pur. Sabine Badstuber zeigt mit "Eingeschränkter Mehrzweck" das Spannungsfeld zwischen der dornigen Coronaseite und einem "Weiterleben und das Beste draus machen". In Gabriele Kuschills Collage "Spieglein, Spieglein an der Wand" kann man das eigene Gesicht als Kopf eines Torsos inmitten von Covid-19-Schlagzeilen erblicken.

Der Wettstettener Pfarrer Klaus Gruber freut sich, dass er die Facetten in seiner Kirche zu Gast hat. "Wenn ich die Bilder anschaue, die da unter der Empore hängen, gibt es so viele Parallelen zum kirchlichen Leben, dass es einfach klasse passt. " Die neun Kunstwerke der Facetten sind noch bis Ende Juni täglich in der Zeit von 8 bis 18 Uhr in der Pfarrkirche Sankt Martin zu sehen.

DK

Anne Gülich