Neuburg
Kunst unter Hochdruck

In der Lithografie-Werkstatt im Marstall benötigen die Teilnehmer neben Kreativität auch viel Geduld

13.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:55 Uhr

Foto: DK

Neuburg (DK) Die 37. Sommerakademie neigt sich dem Ende zu, die Teilnehmer und Dozenten haben zwei Wochen voller Kreativität, Kunst und Schaffenskraft hinter sich. Ein Besuch in der Lithografie-Werkstatt im Marstall.

Geduld. Aufmerksamkeit. Konzentration. Die anspruchsvolle Technik der Lithografie verlangt all das von den Teilnehmern des Kurses von Gesa Puell, einer der renommiertesten Lithografinnen in ganz Deutschland. Der Marstall bietet dafür ein wunderbares Ambiente.

Sabine Ortner ist aus Regensburg nach Neuburg angereist. Die Kunstlehrerin hat gerade Sommerferien und ist das erste Mal bei der Sommerakademie dabei. Während ihres Studiums an der Kunstakademie hat sie sich vorrangig mit Bildhauerei und Fotografie beschäftigt, Lithografie ist vor sechs Jahren in ihr Blickfeld gerückt. Dennoch nennt sie sich bescheiden lächelnd einen „Lehrling im zweiten Ausbildungsjahr“. „Die Technik ist so anspruchsvoll, man muss das Handwerk sehr genau beherrschen, das erfordert sehr viel Feingefühl und fast schon Demut.“ An der Lithografie gefällt ihr besonders, dass man sich während des Prozesses vom nackten Stein bis zum fertigen Druck in Langsamkeit üben muss. Sie habe unglaublich viel gelernt in den vergangenen zwei Wochen, erzählt die Regensburgerin. „Das intensive Arbeiten, das Zusammenkommen mit anderen künstlerisch interessierten Menschen, die schöne Stadt. Die Sommerakademie ist ein ganz tolles Forum. Man lernt voneinander“, schwärmt sie. Auch das künstlerische Rahmenprogramm hat die Lehrerin in Anspruch genommen und ein Konzert der Alten Musik genossen.

Doch Schwerpunkt der beiden vergangenen Wochen war freilich für sie der Steindruck, von frühmorgens, wenn es noch nicht allzu heiß war, bis manchmal spät in die Nacht, wenn es wieder etwas angenehmer wurde. Denn das Handwerk der Lithografie zu erlernen ist kein leichtes und bedarf viel Muße.

Der Steindruck basiert auf einer Erfindung von Alois Senefelder aus dem Jahr 1798. Im 19. Jahrhundert war er das einzige Verfahren, das größere Auflagen farbiger Drucksachen ermöglichte. „Der dafür geeignete Schieferstein stammt aus Solnhofen“, erklärt Rudi Ruhstorfer. „Er hat wenige Einschlüsse, ist nicht porös, homogen und hält problemlos den Druck der Presse aus, der bis zu vier Tonnen betragen kann.“ Ruhstorfer ist Mitglied des Fördervereins der Sommerakademie und kümmert sich unter anderem um die Druckpressen, die zum Inventar gehören. Sie sind um die 100 Jahre alt und nur mit viel Kraft zu bedienen.

Im ersten Schritt wird der Stein geschliffen. Auf die Platte wird dann mit fetthaltiger Tusche oder Kreide – moderner auch mit Edding oder Kugelschreiber – seitenverkehrt das gewünschte Bild oder Muster gezeichnet. Die Stellen, die mit Fett berührt wurden, werden dadurch wasserabweisend. Über Nacht sinkt das Fett minimalst in den Stein ein. Eine Säure sorgt dafür, dass sich das Fett dann nicht weiter im Stein ausbreitet als gewünscht. Die Lithografen befeuchten dann den Stein mit einer wässrigen Lösung aus Gummiarabikum, das aus den Rinden verschiedener Akazien vor allem aus dem Sudan, Senegal und Nigeria gewonnen wird. Das Gummiarabikum bewirkt, dass die nicht beschrifteten Stellen Wasser halten und so fettabweisend werden. Die im nächsten Arbeitsschritt mit einer Rolle aufgebrachte fetthaltige Druckfarbe haftet nur noch an den wasserabweisenden Partien. Schließlich wird ein Bogen Papier auf den Stein gelegt und die Druckfarbe durch kräftiges Pressen übertragen.

„Möchte man mit verschiedenen Farben arbeiten“, erklärt Ruhstorfer, „verändert man entweder den vorhandenen Stein so, dass die Farbe an anderen Stellen als zuvor hält, oder man nimmt einen zweiten Stein. Der wird mit einer entsprechenden Schablone bearbeitet.“