Pfaffenhofen
Künstler, Verleger, Kinobesitzer

Christoph Ruckhäberle kehrt nach Pfaffenhofen zurück – für die Jubiläumsausstellung "Zweite" des Kunstvereins

07.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:10 Uhr

In Pfaffenhofen zu sehen: Ruckhäberles Arbeit „Frau im Mond“ (2012) - Fotos: oh/Weber

Pfaffenhofen (DK) Was haben zwei Akademiestudenten, zwei arrivierte Maler und zwei Kunst-Altmeister gemeinsam? Sie stammen alle aus Pfaffenhofen – und treffen sich nun von unterschiedlichen Lebensorten aus, um mit einer gemeinsamen Ausstellung das fünfjährige Jubiläum das Neuen Pfaffenhofener Kunstvereins zu feiern.

„Zweite“ heißt die Schau, die am Freitag eröffnet wird, und die, wie bereits die Eröffnungsschau 2008, unter anderem Arbeiten Christoph Ruckhäberles (*1972) präsentiert. Der, einstiger Meisterschüler bei Arno Rink, gilt als einer der Stars der Neuen Leipziger Schule, stellt weltweit aus und erzielt für seine Bilder schon einmal Honorare im sechsstelligen Bereich. Unsere Redakteurin Karin Derstroff sprach mit dem Wahlleipziger über Malerei – und andere Berufe.

Herr Ruckhäberle, vor Kurzem wurden Ihre Ausstellungen in Berlin und Venedig eröffnet. Haben Sie denn überhaupt noch Bilder für die „Zweite“?

Christoph Ruckhäberle: Die Bilder, die in Pfaffenhofen gezeigt werden, kommen von einer Ausstellung, die Anfang des Jahres in Düsseldorf war. Das heißt, es sind tatsächlich keine neuen Arbeiten, sondern bereits gezeigte, aber doch relativ neue (lacht). Aber Sie haben recht, es ist momentan etwas kompliziert, die Sachen so hin und her zu verteilen, dass ich für alle Ausstellungen was habe.

 

Was haben Sie denn so allgemein für die Ausstellungen? Ich habe gerade gelesen, Sie malen nun abstrakt; die Muster und Girlanden, die früher Hintergrund für Ihre Figuren waren, seien nun Bildinhalt selbst.

Ruckhäberle: Das ist in der Berliner Ausstellung so. Die in Pfaffenhofen gezeigten Bilder sind ein bisschen ein Zwischenglied.

 

Ist es denn so, dass Sie sich tatsächlich zum Abstrakten hin entwickelt haben?

Ruckhäberle: Nein, ich glaub nicht, dass ich jetzt ausschließlich abstrakt malen werde. Das ist jetzt eine Sache, die mich schon länger beschäftigt hat, in Skizzen und nebenbei und eben auch in Bildern – und das musste jetzt mal raus. Es war ein Plan, mit dem ich schon länger schwanger ging, aber ob man den verwirklichen kann, hängt ja auch damit zusammen, ob man einen Galeristen findet, der den Mut hat, das mitzumachen. Herr Ehrentraut in Berlin war dazu bereit, und so ist jetzt die erste abstrakte Ausstellung in Berlin. Aber es ist nicht so, dass es jetzt nur noch abstrakte Bilder geben wird! Ich glaube auch, dass dieser Gegenpol Figuration – Abstraktion eigentlich keine Rolle mehr spielt. Es gibt ja viele Künstler, die sich in beiden Feldern betätigen, und viele Zwischenformen, wo die Unterscheidung einfach nicht mehr sinnvoll ist.

 

Sie sprechen vom Mut des Galeristen, Ihre neuen Arbeiten zu zeigen. Kann man denn mit Ihrem Ruf nicht einfach liefern, was man will?

Ruckhäberle: Wenn man einen gewissen Bekanntheitsgrad hat, ist die Erwartungshaltung, was dann da kommt, natürlich größer als bei jemandem, zu dem es noch kein vorgeprägtes Bild gibt. Aber die schöne Kehrseite ist natürlich, dass man mehr Aufmerksamkeit kriegt, wenn man was Überraschendes macht. Wie das in Berlin jetzt ausgeht, kann ich noch nicht sagen, es hängt ja erst seit Kurzem (lacht).

 

Sie sind nicht nur Maler, sondern haben seit sieben Jahren zusammen mit Thomas Siemon auch einen Buchverlag, Lubok. Wie wurden Sie Verleger?

Ruckhäberle: Ich hab Thomas Siemon 2005 über Freunde kennengelernt, und zu dem Zeitpunkt hat er auf alten Buchdruckpressen Gedichtbände in Kleinstauflage gedruckt und herausgegeben – im Bleisatz, sehr liebevoll gestaltet. Und ich hab ihn dann gefragt, ob er auf diesen Buchdruckpressen auch meine Linolschnitte drucken kann. Dann haben wir angefangen, Grafik von mir zu drucken, und weil ich ja mitbekommen habe, wie er die Bücher macht, war die nächste Idee, eben diese Drucke in Buchform zu binden. Also hab ich ein kleines Büchlein zu einer Ausstellung gemacht. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich gleich ein paar Kollegen eingeladen habe, gemeinsam ein Buch zu machen. Das war dann „Lubok 1“. Der Titel ist inspiriert von einer Ausstellung, die ich im Münchner Stadtmuseum gesehen habe, als ich ungefähr 14 war, die mich sehr beeindruckt hat. Luboks sind russische Volksbilderbögen aus dem 19. Jahrhundert. Und diese Idee, Originalgrafik, aber in größerer Auflage und für jedermann erschwinglich, stand ja ein bisschen dahinter bei uns. Ja, und dann wollte auch gleich einer der Kollegen sein eigenes Buch machen, kurz darauf entstand „Lubok 2“ – und dann mussten wir einen Verlag gründen, weil es einfach zu viel wurde, als dass man sich nicht drum kümmern hätte müssen, das unter die Leute zu bringen. Zwangsweise mussten wir uns also professionalisieren.

 

Und das offenbar mit Erfolg . . .

Ruckhäberle: Ja, es kamen dann auch konventionellere Künstlerkataloge dazu und auch Fotobücher, und wir haben auch ein Textbuch und ein Kinderbuch publiziert – inzwischen sind es 80 Bücher. Aber trotzdem ist es schwierig (lacht). Es gibt ja diesen Spruch: „Wie macht man ein kleines Vermögen? Man nimmt ein großes und gründet einen Verlag.“ Es ist so, aber es macht viel Spaß.

 

Aber als wäre es noch nicht genug, international renommierter Künstler und Verleger zu sein, sind Sie auch noch – Kinobesitzer!

Ruckhäberle: Ja, ich habe mit einem Freund gemeinsam ein kleines Kunstkino in Leipzig. Der Zwillingsbruder eines Malerkollegen, der schon seit langer Zeit Kinoprogrammchef bei einem Projekt mit Kino, Kneipe und Off-Theater war, wollte sich vor sieben Jahren selbstständig machen und das Kino aus dem Projekt herauskaufen. Und weil er meine Kinobegeisterung kannte, hat er mich gefragt, ob ich da nicht mitmachen wollte. Und ich hab gesagt: „Ja klar!“. Und so machen wir es seitdem. Eigentlich ist es ein normales Arthouse-Programmkino, aber wir machen zunehmend spezielle Kunstfilm-Abende. Mit besonderen Filmen aus den 70er Jahren etwa, aber es gibt auch Videokunst und Sonderveranstaltungen. Er macht das tägliche Programm mit normalerweise zwei Vorstellungen am Abend, und ich mach nur so speziellere Dinge.

 

Das Kino liegt, wie Ihr Atelier und Ihr Verlag, in Leipzig, das bereits als „neues Berlin“ bezeichnet wird, weil sich so viel Kulturelles darin tut. Bei so einem Leben im Zentrum dynamischer Kunst – haben Sie da überhaupt noch innere Verbindungen zum kleinen bayerischen Pfaffenhofen?

Ruckhäberle: Na offensichtlich hab ich die ja noch (lacht). Aber es ist schon so, dass ich inzwischen seit 18 Jahren in Leipzig bin und hier durch diese verschiedenen Sachen natürlich auch ganz gut verankert. Also, ich bin schon ein bisschen Leipziger. Nicht nur Pfaffenhofener.