Ingolstadt
Krumme Geschäfte auf dem Parkplatz

Lkw-Fahrer schildert Diebstähle von Autokomponenten am GVZ-Parkplatz - Mutmaßliche Abnehmer untergetaucht

24.08.2018 | Stand 23.09.2023, 3:54 Uhr
Auf dem Lkw-Parkplatz des GVZ und an anderen Stellen sollen die Diebe Autoteile von Lastern umgeladen und gestohlen haben. −Foto: Oppenheimer/ Archiv

Ingolstadt (DK) Im Prozess gegen zwei mutmaßliche Mitglieder einer Diebesbande berichtete vor dem Landgericht am Freitag ein Kriminalbeamter im Zeugenstand von den Ermittlungsarbeiten.

Zu Wort kam auch ein bereits verurteilter Lkw-Fahrer, der Diebstähle von seinem Laster ermöglicht haben soll.

Wie berichtet, wird den beiden rumänischen Angeklagten vorgeworfen, Fahrzeugteile im Gesamtwert von knapp 1,5 Millionen Euro gestohlen zu haben. Am zweiten Prozesstag verdichtete sich dabei das Bild, wie die Täter vorgegangen sind. Laut Anklageschrift steuerte der verdächtige 37-jährige Lkw-Fahrer mit seinem Lastzug voller Autoteile, die für Audi bestimmt waren, in mehreren Fällen kurz vor der Ankunft am Ziel einen Parkplatz an. Dort traf er sich mit seinem ebenfalls angeklagten 40-jährigen Komplizen. In dessen Wagen waren wertvolle Fahrzeugkomponenten umgeladen und zu Abnehmern gebracht worden. Unter anderem sollen die beiden Lambdasonden, Klimakompressoren und Abgasturbolader in großen Mengen gestohlen haben.

Die Taten waren offenbar gut organisiert. Schließlich hatten die mutmaßlichen Diebe kein Problem, die Waren schnell loszuschlagen. In einigen Fällen lag das Gesamtgewicht der entwendeten Geräte bei eineinhalb Tonnen, weswegen der Kurier mehrere Fahrten unternehmen musste, um das gesamte Diebesgut abzutransportieren.

Die Unternehmenssicherung der Firma Audi kam dem Lkw-Fahrer auf die Schliche und setzte unter anderem zwei Privatdetektive auf ihn an, die den Laster des Rumänen bei einer Fahrt von den Niederlanden aus bis zum Parkplatz im Tauberfelder Grund an der Bundesstraße 13 zwischen Ingolstadt und Eichstätt verfolgten. Dort sollte eine weitere Übergabe stattfinden. Da die mutmaßlichen Diebe die Beobachter offenbar bemerkten, brachen sie die Tat zwar ab, wurden im November 2017 aber dennoch festgenommen. Ähnliche Umlade-Aktionen sollen die beiden auf dem Parkplatz der Realschule Kösching, im Interpark und auf dem Parkplatz des GVZ vorgenommen haben.

Ein ebenfalls rumänischer Lkw-Fahrer berichtete gestern vor der ersten Strafkammer davon, wie er und zwei Kollegen von dem 37-jährigen Landsmann angesprochen wurden. Er versprach ihnen Geld, wenn sie Diebstähle aus ihrem Lkw-Anhänger zuließen. Das Risiko, erwischt zu werden, sei gering, habe der Anstifter versichert. "Wir haben mehrmals abgelehnt und dann doch zugesagt", berichtete der Fahrer. Zweimal sei der Angeklagte danach in seinen Lkw eingestiegen und habe offenbar Waren herausgenommen. Ein drittes Mal habe er den Kollegen ohne Absprache auf seinem Lkw erwischt. Als er ihn zur Rede stellte, habe er ihm mit Konsequenzen gedroht. Er habe Kontakte und könnte ihm russische Schläger auf den Hals jagen, habe der Angeklagte behauptet.

Der Lkw-Fahrer und zwei Kollegen, die den mutmaßlichen Dieb auf ihre Laster gelassen haben, sind bereits in der vergangenen Woche zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren sowie einer von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden.

Keine Auskunft konnten die verurteilten Fahrer darüber geben, wohin die gestohlene Ware gebracht worden ist. Das wiederum interessiert vor allem die Kriminalpolizei, wie ein Beamter dem Landgericht am Freitag im Zeugenstand schilderte. Im Zuge der Nachforschungen war eine Ingolstädter Autowerkstatt ins Visier der Ermittler geraten. Der Inhaber und ein Mitarbeiter sollen die Waren der Diebesbande angenommen und über eine polnische Firma europaweit zum Verkauf angeboten haben. Eventuell hatten sie Kontakte zur Organisierten Kriminalität, vermuten die Ermittler. Nur mit einem entsprechenden Netzwerk sei es möglich gewesen, dass etwa eine Charge bei Ingolstadt gestohlener Turbolader binnen zehn Tagen von Bayern nach Polen und von dort weiter nach Italien verkauft worden ist.

Gegen den Betreiber der Autowerkstatt in Ingolstadt und seinen Kollegen ist Haftbefehl erlassen worden. Allerdings sind die beiden untergetaucht und nicht auffindbar. Dennoch waren sie als Zeugen zum Prozess geladen worden. Dass sie am Freitag zur Verhandlung nicht erschienen sind, überraschte allerdings niemanden.

Am Montag, 27. August, wird der Prozess gegen die beiden mutmaßlichen Diebe wohl zu Ende gehen. Die Verhandlung beginnt um 9.15 Uhr.
 

Johannes Hauser