Kriegsgefahr

Ein Kommentar von Politikredakteur Johannes Greiner

15.05.2019 | Stand 02.12.2020, 13:58 Uhr

So einig sind sich die USA und der Iran sonst nie: "Wir streben keinen Krieg an", beteuern US-Außenminister Mike Pompeo und Irans oberster Führer, Ayatollah Ali Chamenei, als wäre das abgesprochen.

Und das ist wirklich glaubhaft. Selbst die konservativen Hardliner im Iran wissen, dass sie im Fall einer kriegerischen Auseinandersetzung mit den USA nur verlieren können. Und US-Präsident Donald Trump hat sich bei allem Großmachtgehabe bisher an sein Wahlversprechen gehalten, die USA nicht wieder in "dumme Kriege" zu ziehen.

Trotzdem gibt es eine reale Kriegsgefahr im Nahen Osten. Das liegt einmal an Falken wie dem US-Sicherheitsberater John Bolton. Er hat zu Zeiten von George W. Bush schon maßgeblich für den verhängnisvollen zweiten Irak-Krieg getrommelt - und seither offensichtlich nichts dazugelernt. Sonst müsste er wissen, welche katastrophalen Folgen ein solcher Versuch, ein unliebsames Regime auszutauschen, haben kann. Es kostete Jahre und immense Anstrengungen, die im Gefolge des Kriegs aufgestiegene Terrormiliz IS wieder einzudämmen. Trotzdem hantieren die US-Falken nun wieder mit militärischen Drohgebärden.

Zum andern gibt es genug Fanatiker im komplexen Krisengeflecht der Region, die ebenfalls zündeln. Man denke nur an die ominösen Drohnenangriffe auf Öl-Pipelines und Tankschiffe. Die britische Regierung warnt nicht umsonst vor einem Krieg aus Versehen - mit unabsehbaren Folgen.

Die Europäer sind bei diesem Geschehen nur erschrockene Zuschauer. Das zeigt auch, wie brüchig die transatlantischen Beziehungen bereits sind. Im zweiten Golfkrieg konnten die USA noch eine "Koalition der Willigen" um sich scharen. Im Fall eines neuen Iran-Krieges wären sie alleine.

Soweit wird es hoffentlich nicht kommen. Wenn US-Präsident Donald Trump auch unberechenbar sein mag - seine eher kriegsmüde Wählerschaft vor seiner erhofften Wiederwahl mit einem Kriegsabenteuer zu vergrämen, dürfte ihm widerstreben. Genug Schaden hat er mit der Torpedierung des Atom-Abkommens mit dem Iran ohnehin schon angerichtet. Das Abkommen ist tot. Und einen Alternativplan für die Krisenregion gibt es nicht.