Ingolstadt
Kreuzbrav

Auch in Ingolstädter Behörden müssen ab 1. Juni Kreuze hängen - und alle folgen, wenn auch nicht begeistert

30.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:19 Uhr
Was diese Plastik im Eingangsbereich des Landgerichts darstellen soll, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. "Flügel für mein Land" heißt das Werk des Rohrbacher Künstlers Hans Dollinger aus dem Jahr 1990. Laut Landgerichtspräsidentin Sibylle Dworazik handelt es sich um ein stilisiertes Kreuz. −Foto: Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Ab 1. Juni müssen im Eingangsbereich der bayerischen Behörden Kreuze hängen. So hat es das bayerische Kabinett beschlossen. Auch in Ingolstadt dürfen die - staatlichen - Behörden da keine Ausnahme machen. Wir haben bei einigen nachgefragt.

Revolutionäres Potenzial findet sich in bayerischen Amtsstuben nur begrenzt, doch man kann Dienstanweisungen natürlich mit mehr und mit weniger Begeisterung ausführen. Sicher werde man am Freitag wie gewünscht ein Kreuz aufhängen, versichert etwa Stephan Reinkowski, Leiter des Finanzamtes, dem DK beim Anruf am Mittwoch. "Aber gerade liegt es noch auf dem Tisch nebenan." Er persönlich halte die Maßnahme, die Ministerpräsident Markus Söder angeordnet hat, für überflüssig. "Aber meine Meinung zählt da nicht. Wir sind angewiesen worden. Ja, und dann machen wir's halt."

Dass religiöse Symbole in Gerichten hängen, die zur Neutralität verpflichtet sind, kann man kritisch sehen - hat allerdings nichts mit dem Söder-Erlass zu tun. In den Sitzungssälen von Amtsgericht und Landgericht befinden sich seit jeher Kreuze. "Aber unauffällig", wie Norbert Sitzmann, stellvertretender Leiter des Amtsgerichtes, sagt. Die Kreuze in den Sälen des Amtsgerichtes seien an der Seite angebracht, zentral hinter den Richtern prange groß jeweils das bayerische Wappen (am Landgericht hängen ebenfalls kleine Kreuze, die allerdings hinter der Richterbank angebracht sind). Auch die drei Kreuze - zwei aus Holz und eines aus Metall -, die das Amtsgericht jetzt bekommen hat, um sie im Eingangsbereich ihrer drei Gebäude aufzuhängen, seien dezent, nur jeweils 25 Zentimeter hoch. Die einzige Schwierigkeit sehe er beim Aufhängen im Gebäude in der Neubaustraße, weil an den Wänden viel mit Stuck gearbeitet worden sei, sagt Sitzmann. "Aber es wird ein geeigneter Platz gefunden werden." Innerhalb der Behörde sei der Kreuzerlass im Übrigen kein Thema gewesen, betont der Richter. "Ich glaube, da ist die Außenwirkung größer als im Inneren."

Landgerichtspräsidentin Sibylle Dworazik verweist auf ein "stilisiertes Kreuz" aus Keramik, das schon seit 30 Jahren im Eingangsbereich des Gerichts hänge. "Und damit meine ich, dieser Anordnung genüge getan zu haben." Ihre private Meinung sei in der Sache nicht gefragt. Es handle sich schließlich um eine Vorgabe fürs Dienstgebäude. Und da habe sie nur eine "dienstliche Meinung".

Im Vermessungsamt wird aller Voraussicht nach am Stichtag 1. Juni kein Kreuz hängen. "Es ist bestellt, aber noch nicht geliefert", sagt Leiter Josef Riedl. Es handle sich um ein einfaches Holzkreuz, das aber trotzdem einige Lieferzeit benötige. Dass es nun Ärger mit München geben könnte, wenn das Kreuz wie erwartet am Freitag noch nicht da ist, glaubt Riedl nicht. Es stecke ja kein böser Wille dahinter. Außerdem sei die Anordnung auch spät rausgegangen.

"In allernächster Zukunft" werde es auch in den drei Gebäuden des Wasserwirtschaftsamtes Kreuze am Eingang geben, versichert Behördenchef Martin Mayer. "Sie sollten eigentlich heute noch geliefert werden." Und pünktlich am Freitag werde man sie auch aufhängen - sollte der Paketdienst rechtzeitig liefern und der Hausmeister, der allerdings am Mittwoch noch krank war, wieder gesund sein. Mayer betont, persönlich nichts gegen Kreuze in seiner Behörde zu haben - "ganz im Gegenteil".

Besonders viele Kreuze muss das Polizeipräsidium Oberbayern-Nord verteilen, für jede Dienststelle in der Region ein Kreuz. So komme man auf etwa 40, sagt Sprecher Peter Grießer. Das Präsidium hat alle Kreuze - es handelt sich um Holzkreuze - zentral bestellt, und zwar bei den Lebenshilfe-Werkstätten. So profitiere ein lokales Projekt von der Verordnung.

Bei der Stadt Ingolstadt gebe es keine Überlegungen, Kreuze anzubringen, erklärt Sprecherin Ingrid Schmutzler. Schließlich betreffe die Anordnung nicht Kommunen. Im Büro des Oberbürgermeisters hänge ein Kreuz. "Aber das schon immer."