Ingolstadt
Kreative Gedankenketten

Die Koppitz-Zwillinge teilen sich ein Atelier im Ingolstädter Kreuztor

29.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:02 Uhr

Die Zwillinge Julia und Franziska Koppitz lassen sich von Schlagzeilen zu ihren Arbeiten inspirieren. - Foto: Borgmann

Ingolstadt (DK) Offen und lebendig geben sich die Werke der Zwillinge Julia und Franziska Koppitz, die derzeit im Kreuztor Ingolstadt ausgestellt sind. Und genauso präsentieren sich auch die beiden jungen Künstlerinnen. So banal die Analogie klingt, so erfrischend ist es, sie zu erleben.

Die jungen Frauen genießen sichtlich die Chance, in den alten Mauern mit Blick auf ihre Heimatstadt nicht nur für einige Monate malen, sondern vor allem ausstellen zu dürfen.

Hat der Besucher erst einmal den etwas versteckten Eingang stadtauswärts hinter dem Tor gleich vor dem angrenzenden Biergarten gefunden, muss er nur noch einige Stufen erklimmen, um in die Räume des Fördervereins Kreuztor e. V. zu gelangen. Dort angekommen, wird er von den 23-Jährigen im derzeitigen "Atelier Koppitz" empfangen. Fasziniert von der Architektur mit Patina führen die beiden Interessierte bei Bedarf sogar durch den Turm. Im Mittelpunkt steht jedoch ihre Ausstellung.

Zu sehen sind kraftvolle Bilder in Acryl - die meisten davon entstanden während des Kunststudiums an der KU Eichstätt -, aber vor allem Werke der "kreativen Schriftgestaltung". Als solche betiteln die Frauen die ihnen eigene Mischung aus Malerei, Typografie und Collage.

Am Anfang einer Arbeit steht das Stöbern in der Tagespresse. Sie seien stets auf der Suche nach inspirierenden Überschriften, so die beiden. "Es gibt unglaublich gute Titel", sind sie sich einig. Einig scheinen sie sich überhaupt immer, oder zumindest meistens, zu sein. Eine Differenzierung der Werke zwischen Julia und Franziska nehmen sie im Gespräch gar nicht erst vor. Sie ist ihnen erklärter Maßen nicht wichtig. Dennoch lassen sich gerade in der Malerei bei allen Ähnlichkeiten auch Unterschiede feststellen. Farbgebung und Pinselführung lehren den aufmerksamen Betrachter mit der Zeit den "wahren" Urheber zu erkennen. Natürlich ist er auch als solcher gekennzeichnet. Das Gleiche gilt für das Thema des Bildes. In großen Lettern inmitten einer in der Regel dunkel gehaltenen Komposition aus Kreide und Beize, Tusche, Tinte und Acrylfarbe, Pappe und Papier steht es geschrieben. Hier offenbart sich die große Leidenschaft der beiden: das Schablonieren. Beeindruckt von einem Seminar an der Uni, hat sie diese Kunstform nicht losgelassen. Auf jeder Collage ist sie zu finden. Es fallen Begriffe wie "Neuanfang", "Kontrast" oder "höher-schneller-weiter". Sie entspringen dem Prozess, den die beiden mit ihrem Kunstwerk durchlebt haben. Ihr Ursprung, meist besagter Titel eines Zeitungsartikels, kann dabei längst überholt, im Sinne von "übermalt" sein. Was bleibt, ist das schlichte Arrangement dieser Fragmente gepaart mit den Assoziationen der Künstlerinnen. Die Worte sind es, die den Betrachter packen. Jeder bleibt an einem anderen hängen, jeder bleibt vor einem anderen stehen. Eigene Erfahrungen, Erinnerungen, Vorlieben mischen sich in die Wahrnehmung. Die vom Künstler initialisierte Gedankenkette wird auf sehr persönliche Weise fortgeführt.

Weniger persönlich geht es in anderen Bildern zu. Hier wird der Betrachter gefordert. Wenn beispielsweise auf einer der vielen großen Leinwände "REBAC PLN" zu lesen ist, macht sich erst Hilflosigkeit breit - dann zaubert "REBAC PLN" ein Schmunzeln auf die Lippen, es beschwört die Bilder Außerirdischer herauf: "REBAC PLN" hat die Fantasie angefunkt!

Atelier Koppitz im Kreuztor, bis 4. Juni, geöffnet heute, morgen und am Freitag 10 bis 11.30, am Sonntag Finissage ab 19 Uhr.