Ingolstadt
Kraftwerk als Spielball

Pläne über Stilllegung der Irschinger Gasturbinen sorgen für Unverständnis

06.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:34 Uhr

Ingolstadt/Irsching (DK) Für große Aufregung sorgen Überlegungen der Kraftwerksbetreiber in Irsching bei Ingolstadt, die hochmoderne Gasturbinenanlage 2016 möglicherweise stillzulegen. Vieles spricht jedoch dafür, dass es sich nur um ein taktisches Manöver handelt.

Nächstes Jahr, wenn die Zuschüsse des Stromnetzbetreibers Tennet versiegen, soll das Kraftwerk an der Donau abgeschaltet werden, war am Freitag zu hören. Die Betreibergesellschaft, bestehend aus Eon, Mainova, N-Ergie und HSE, wolle aus wirtschaftlichen Gründen die Stilllegung beantragen. Man sei verpflichtet, diesen Plan zwölf Monate vorher anzukündigen, hieß es bei Eon in Düsseldorf. Definitiv entschieden sei aber noch nichts.

Martin Schmid, Bürgermeister von Vohburg, auf dessen Gebiet das erst 2010 in Betrieb genommene Irschinger Gaskraftwerk liegt, hatte am Freitagvormittag über die Medien von den Plänen erfahren. „Offenbar hält es bei Eon niemand für nötig, uns als direkt Betroffene zu informieren“, gab er sich zornig. Der SPD-Mann nimmt auch sonst kein Blatt vor den Mund: „Das ist also der nächste Versuch, die Politik unter massiven Druck zu setzen. Für mich grenzt das fast schon an Erpressung.“ Die Betreiber wollten doch nur, wie schon vor zwei Jahren mit derselben Drohung geschehen, „weitere Zuschüsse für sich herausschinden“.

Dem Bürgermeister fehlt zudem jedes Verständnis dafür, dass eine Stilllegung überhaupt eine Option sein kann. „Da hat man hier die modernsten Anlagen überhaupt und will sie einfach dichtmachen. Kohlekraftwerke mit ihrem Dreck dürfen aber weiterlaufen. Das verstehe einer, ich verstehe das nicht.“ In Superlativen sei geredet worden, als die Gasturbinen in den Blöcken 4 und 5 feierlich in Betrieb genommen worden waren und jetzt das?

Bange ist Schmid nicht, zumindest kurzfristig nicht. Hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel doch noch am Freitag verkündet, dass die Bundesnetzagentur der Stilllegung widersprechen werde, sollte der Standort Irsching für die Netzstabilität maßgeblich sein. Mit anderen Worten: Eon und die drei übrigen Gesellschafter bekämen weiter Millionenbeträge zugeschossen, um die Anlagen vorzuhalten. Für eine Weile wäre Ruhe an der örtlichen Energiefront.

Aber wie geht es langfristig weiter in Irsching? Eon hatte bereits 2014 angekündigt, sich neu aufzustellen. Die regenerative und klassische Energiegewinnung werden demnach aufgeteilt, für die klassische Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen soll eine ganz neue Gesellschaft zuständig sein. Irsching wird darunter fallen, „der Name Eon wird nicht mehr bei uns auftauchen“, sagt Schmid. Was aber, wenn die neue Gesellschaft wie die „Bad Banks“ genutzt würde, um unliebsame Betriebszweige abzuwickeln? „Dann gäbe es uns nicht mehr“, befürchtet er.

Das Bekanntwerden der Stilllegungsabsichten hatte am Freitag einige politische Seitenhiebe nach sich gezogen. Die Grünen in Ingolstadt und Pfaffenhofen verlangten zuallererst „einen schnellstmöglichen Ausstieg aus der dreckigen Kohlekraft“. Sigmar Gabriel forderte Ministerpräsident Seehofer auf, seinen Widerstand gegen die Stromautobahnen von Nord nach Süd aufzugeben. Seehofer hatte deren Notwendigkeit bezweifelt und unter anderem mit dem Irschinger Gaskraftwerk als Stütze für die Versorgungssicherheit argumentiert. Eine persönliche Einschätzung zu den Entwicklungen in seiner Heimatregion war von ihm am Freitag nicht zu bekommen.