Wettstetten
Konzept der "Kulturzeit" ins Wanken geraten

Doch die beiden Kulturbeauftragten wollen ihre Kündigungen überdenken und den Dialog mit Gerd Risch fortführen

24.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr

Foto: DK

Wettstetten (DK) Die "Kulturzeit im Bürgersaal" in Wettstetten hatte 2015 einen Traumstart. Das lag vor allem an den beiden Kulturbeauftragten Claudia Koch und Regine Morich, die seit Mai 2015 als Minijobberinnen bei der Gemeinde angestellt sind und das Programm von der Idee über die Künstlerkontakte und die Öffentlichkeitsarbeit bis hin zur eigentlichen Durchführung der Abende selbst entwickelt und betreut haben. Bereits im Oktober 2015 gingen sie mit einem hochkarätigen Jahres-Kulturprogramm an den Start.

Dabei ist das Programm - Kabarettabende, Vorträge, Konzerte, Ausstellungen und der Weihnachtsmarkt - nur die eine Seite der "Kulturzeit im Bürgersaal". Viel entscheidender ist, dass die beiden es geschafft haben, der zwar preisgekrönten, aber von den Wettstettenern vorher doch eher mit Argwohn betrachteten neuen Ortsmitte Leben einzuhauchen, sie zu einem Ort der Begegnung zu machen. Und das auf durchdachte, kreative Art und Weise - und unter größtem persönlichen Einsatz. "Die machen das mit Herz und Leidenschaft", sagen viele Wettstettener, wenn sie an ihre "Kulturzeitdamen" denken.

Nun ist - mitten im zweiten Kulturjahr - das Konzept ins Wanken geraten. Claudia Koch hatte aus persönlichen Gründen Anfang des Jahres beschlossen, zum 31. März aus der Kulturarbeit auszusteigen. "Ich hatte zunehmend den Eindruck, dass mit Kulturarbeit und meinen diversen Ehrenämtern meine Malerei und meine Familie zu kurz kommen", erklärte sie die geplante Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bei der Gemeinde.

Durch die frühzeitige Bekanntgabe ihrer Pläne konnten sich sowohl die zweite Kulturbeauftragte Regine Morich als auch Bürgermeister Gerd Risch Gedanken über den Fortgang der Kulturarbeit machen. Morich hat nach eigener Angabe daraufhin Risch Ende Januar ein neues Konzept vorgestellt, wie sie sich den Fortbestand auf dem gleichen hohen Niveau vorstellen könnte. "Aufgrund der neuen Situation war es mir wichtig, eine Lösung zu finden, bei der die Wettstettener weiterhin ein anspruchsvolles Kulturprogramm genießen können. Die Qualität soll auf keinen Fall unter der Veränderung leiden. Und auch das herausfordernde Ziel, die Ortsmitte noch mehr zu beleben, hatte ich immer vor Augen", hebt Morich hervor. Auch neue Ideen wie ein Bürgercafé, um die Senioren der Gemeinde anzusprechen, und ein Kinderkino für Schüler hatte sie angedacht.

Doch in einem Gespräch mit der Gemeinde stand schnell fest, dass die Schwerpunkte von dieser anders gesetzt wurden. In Rischs neuen Planungen kam eine zweite Kulturbeauftragte nicht mehr vor. "Den Teil, der nicht der von Frau Morich ist, wollen wir anderweitig abdecken, nämlich durch vermehrte Einbeziehung von Verwaltungsmitarbeitern und Ehrenamtlichen. Frau Morich kann ihre Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit, Künstlerakquise und -betreuung und Programmgestaltung natürlich weiter durchführen", so der Rathauschef vor einer Woche gegenüber unserer Zeitung. Das laufe in vielen umliegenden Gemeinden so - mit einem Kulturhauptamtlichen unter Mitwirkung der Verwaltung.

Morich konnte sich unter diesen Voraussetzungen allerdings eine sinnvolle und fruchtbare Zusammenarbeit mit der Gemeinde nicht vorstellen und hat daher "schweren Herzens" gekündigt. Somit wären beide Kulturbeauftragte am 31. März aus der Kulturarbeit der Gemeinde ausgeschieden.

Nachdem Bürgermeister Risch, der laut eigenem Bekunden von Morichs Kündigung völlig überrascht wurde, sich zunächst dahingehend äußerte, auch die zweite Stelle bis auf Weiteres nicht wiederbesetzen zu wollen ("Es geht auch so weiter. Ich bin überzeugt, dass wir das auf die Reihe bekommen."), gingen diese Woche alle drei doch wieder aufeinander zu. Sowohl Koch als auch Morich erklärten sich bereit, ihre Kündigungen zu überdenken.

In einer Stellungnahme in der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstag, bei der auch Morich - als Gemeinderatsmitglied - anwesend war, berichtete der Bürgermeister kurz die Vorgeschichte und erklärte, man sei wieder ins Gespräch gekommen und wolle gemeinsam das alte Konzept so modifizieren, dass es für alle Beteiligten gut passe. Fehler und Missverständnisse könne man korrigieren sowie einige periphere Tätigkeiten an Ehrenamtliche auslagern.

Morich legte ihr Anliegen den Gemeinderäten dar: "Kulturarbeit bedeutet für mich vor allem Begeisterung für die Kultur, die Nähe zu den Künstlern und zu unseren Gästen, Liebe zum Detail und viel Kreativität. Ich möchte meinen eigenen Ansprüchen an diese Arbeit gerecht werden können. Und vor allem auch Klarheit über die Aufgabendefinitionen und deren Aufteilung." "Besser als mit euch beiden kann es nicht gehen und es ist auch mein Anspruch, das Kulturprogramm in seiner aktuellen Qualität zu sichern. Ich finde es sehr bedauerlich, wie es letzte Woche gelaufen ist", sagte dazu Bürgermeister Risch.

Mehrere Gemeinderäte lobten ausdrücklich die bisherige Arbeit der beiden Kulturbeauftragten: "Am Anfang war ich ja skeptisch, aber wir brauchen die beiden auf jeden Fall", so Betty Weitzel-Oeth (CSU). "Ihr macht eine super Arbeit mit großer Ausstrahlung", fügte Elisabeth Kreis (SPD) hinzu. Der Gemeinderat bat alle Beteiligten, sich um eine einvernehmliche Lösung zu bemühen.

Im Anschluss an ein Gespräch zwischen den beiden Kulturbeauftragten und Rathauschef Risch am gestrigen Freitag - der Dialog soll beiderseitigen Angaben zufolge nach den Faschingsferien fortgeführt werden - erklärten Koch und Morich: "Wir hatten ein konstruktives Gespräch. Es sieht gut aus für eine Lösungsfindung und für die Kultur in Wettstetten." Und auch Risch sagte, er sei sehr optimistisch: "Wir sind auf einem guten Weg."