New York
Konzentration aufs Kerngeschäft

VW-Chef Müller: Verkauf von Beteiligungen geht weiter Betriebsrat signalisiert Widerstand

08.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:31 Uhr

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New York/Wolfsburg (DK) Der Abgas-Skandal kostete Volkswagen schon Milliarden - sollen jetzt weitere Beteiligungen verkauft werden? Schon seit Sommer 2016 ist klar: VW nimmt sein Portfolio unter die Lupe. Und eines will Konzernchef Müller keinesfalls - mit anderen Hersteller fusionieren.

Volkswagen will bei seinem Konzernumbau vorankommen. Ein neues Team arbeite am Verkauf von nicht mehr zum Kerngeschäft zählenden Konzernteilen, sagte VW-Chef Matthias Müller dem "Wall Street Journal" (Freitagausgabe). Entscheidungen dazu seien allerdings noch nicht gefallen, betonte ein Unternehmenssprecher in Wolfsburg.

Gerüchte über eine Fusion mit dem Konkurrenten FiatChrysler (FCA) seien "Spekulation", sagte Müller dem Blatt. Der Konzern führe routinemäßig Gespräche mit vielen Herstellern. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass Volkswagen bald am Zusammenschluss mit einem Massenhersteller beteiligt sein werde. "Wir sind ein großer Konzern und haben kein Interesse daran, noch größer zu werden", sagte Müller.

Schon seit Bekanntgabe des Strategieprogramms "Together" im Sommer 2016 sei bekannt, dass VW das eigene Produktportfolio unter die Lupe nehme, erklärte der Unternehmenssprecher. Dem Vernehmen nach umfasst das Kerngeschäft bei Volkswagen mehr als 80 Prozent des Umsatzes. Im vergangenen Jahr erzielte der Konzern Erlöse von 217 Milliarden Euro.

VW hatte im September 2015 zugegeben, die Abgas-Reinigung von Millionen von Diesel-Motoren manipuliert zu haben. Für die Bewältigung der Folgen des Skandals sowie für Investitionen in elektrisch oder autonom fahrende Autos braucht der Konzern Milliarden. Allein für juristische Vergleiche in Nordamerika hat VW bereits Kosten von mehr als 22 Milliarden Euro verbuchen müssen.

Immer wieder machten daher Spekulationen über den Verkauf einzelner Sparten oder Marken die Runde. Ende Juli hatten Arbeitnehmervertreter die Veräußerung des Getriebeherstellers Renk, an dem die VW-Tochter MAN 76 Prozent der Anteile hält, strikt abgelehnt. "Wir sagen es jetzt noch einmal unmissverständlich: Die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat von Volkswagen wird weder dem Verkauf von Ducati noch dem von Renk oder MAN Diesel & Turbo zustimmen", sagte damals ein Sprecher des VW-Konzernbetriebsrats.

Der Vorstand habe den VW-Aufsichtsrat noch nicht einmal nach seiner Zustimmung gefragt. "Insofern raten wir allen angeblichen Interessenten: Sparen Sie sich den Aufwand, in irgendwelche Bücher zu schauen. Ein Verkauf wird nicht stattfinden", erklärte der Sprecher Ende Juli. Am Freitag bekräftigte der Konzernbetriebsrat diese Sicht: "Unsere Position ist hinlänglich öffentlich bekannt. An dieser hat sich nichts verändert und wird sich nichts verändern." Nach Informationen aus Konzernkreisen könnte das zunächst auf Eis gelegte Thema Ducati-Verkauf allerdings bei der VW-Aufsichtratssitzung am 29. September auf der Tagesordnung stehen.

Die Liste der möglichen Verkäufe sei nicht zu den Akten gelegt, sagte denn auch Müller dem "Wall Street Journal". "Aber wir werden uns von niemandem vorschreiben lassen, welche Entscheidung wir zu treffen haben", betonte er.

Volkswagen hatte den italienischen Motorradhersteller Ducati, der als Audi-Tochter geführt wird, 2012 übernommen. Der US-Motorradbauer Harley-Davidson und etwa fünf weitere Firmen sowie Finanzinvestoren sollen an Ducati interessiert sein.

Bereits im vergangenen Jahr hatte sich VW von Beteiligungen getrennt - darunter der milliardenschwere Anteil an dem Leasing-Weltmarktführer LeasePlan. Dies spülte 2,2 Milliarden Euro in die Kasse der Wolfsburger. Der Autohersteller hielt 50 Prozent an LeasePlan, war 2004 dort eingestiegen und verhandelte Anfang 2009 noch über eine Komplettübernahme. Im Herbst 2015 hatte der Verkauf von Suzuki-Anteilen zudem 1,5 Milliarden Euro gebracht.