Kommentar: Werders Absturz ist hausgemacht

26.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:34 Uhr
Torwart Jiri Pavlenka und Werder Bremen brauchen am Wochenende ein kleines Fußball-Wunder. −Foto: Arne Dedert/dpa

Werder Bremen – das war einmal einer der größten deutschen Fußballvereine. Ein bodenständiger, populärer Klub mit lautstarken Fans, für den auch viele Anhänger anderer Mannschaften Sympathien hegen.

Seit 1981 spielen die Grün-Weißen 39 Jahre lang  ohne Unterbrechung  in der Bundesliga, wurden insgesamt  viermal Meister, holten sechsmal den DFB-Pokal und sorgten mit ihren „Wundern von der Weser“  auch international für Furore. Kein anderer Klub hat in der Bundesliga  mehr Spiele bestritten als Werder, auch der FC Bayern München nicht. Doch Tradition schützt nicht vor Misserfolg:  An diesem Wochenende, darauf deutet alles hin, wird Werder Bremen in die 2. Liga absteigen.

Der Niedergang kommt alles andere als  plötzlich. Im vergangenen Jahrzehnt verabschiedete sich Werder  sukzessive aus dem Kreis der Bundesliga-Spitzenmannschaften, nicht nur neureiche Emporkömmlinge wie RB Leipzig zogen vorbei. Auch wenn die Bremer in den vergangenen drei Jahren zweimal auf einem einstelligen Tabellenplatz landeten, waren die Abstiegsränge  meist näher als die Europapokalplätze. Die Fehlgriffe auf dem Transfermarkt häuften sich ebenso wie die Fehleinschätzungen bei der Zusammenstellung  der Spielertypen. 

Zudem verweigert sich Werder hartnäckig der Expertise von außen: In der  Tradition der langjährigen Erfolgstrainer Otto Rehhagel und Thomas Schaaf  sowie Manager-Legende Willi Lemke und Präsident Franz Böhmert rekrutiert der Klub bis heute seine Trainer und Funktionäre bevorzugt aus den eigenen Reihen und hält  ihnen über das normale Maß hinaus die Treue.

Das  kann man im völlig überhitzten Profifußball durchaus sympathisch finden, doch von Zeit zu Zeit benötigt jedes erfolgreiche Unternehmen  frischen Wind, unverbrauchte  Köpfe  und neue Ideen. Die fehlenden Fans in der Corona-Krise und das massive Verletzungspech haben sicherlich ebenfalls dazu beigetragen, doch insgesamt ist  Werders  Absturz hausgemacht.

Alexander Petri