Eichstätt
Komik und Klamauk neben Tragik und Trostbedarf

GG-Oberstufen-Theatergruppe zeigte an zwei Abenden faszinierende Eigenproduktion

21.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:24 Uhr

In der Ballade vom Heizer Shine muss sich der über Bord gegangene Protagonist hektisch planschend unterschiedlicher Haifisch-Generationen erwehren - Foto: buk

Eichstätt (wbu) Auf der Bühne, wo üblicherweise das Programm präsentiert wird, waren die Sitzreihen des Publikums aufgebaut, und die Weite der Aula wie auch auf die Empore, wo sonst das Publikum sitzt, wurden zur riesigen Bühnenspielfläche: Mit diesem Regie-Einfall überraschte die Theatertruppe der Oberstufe des Gabrieli-Gymnasiums (GG), als sie am Dienstag und Mittwoch in der Schulaula ihre neue Inszenierung „Der Untergang jeder Titanic“ präsentierte – ein höchst mitreißender und faszinierender Theaterabend.

Unter der Regie von Deutschlehrer Johannes Wild bot die Spielerschar in 14 mit Rasanz, Verve und Vitalität dargebotenen Szenen eine ansprechende Mischung, in der Komik und Klamauk auf Tragik und Trostbedarf folgten, Grauen und Grinsen sich mit Erschütterung und Erheiterung ablösten. Dabei merkte man manchen Mitwirkenden deutlich an, dass sie Theatererfahrung teils bereits aus der Unterstufe und Mittelstufe mitbrachten; es agierten Schülerinnen und Schüler aus der Q 11 (Jennifer D’Amico, Rebecca Schnaidt, Anja Schöpfel, Clara Schöpfel und Florian Schulz) wie aus der unmittelbar vor dem Abitur stehenden Q 12 (Sophia Bracher, Erwin Fliegel, Miriam Günthner, Christina Preis, Janis Weingart und Selina Zack). Sie zeigten eine ebenso überzeugende Leistung, wie auch das bewährte Technik-Team (Hannes und Luis Bauch, Jakob Rinnagl) dafür sorgte, dass Licht und Ton perfekt passten.

Der Einstieg ist düster: Während das Publikum seine Plätze einnimmt, liegen die Spieler bereits auf dem Boden der Aula, und als sie in der ersten Szene („Ich wollte…“) zu sprechen beginnen und ihre Träume und Hoffnungen darlegen, die sie mit der Überfahrt nach Amerika verbanden, da weiß man bereits, dass diese Stimmen aus dem Jenseits stammen. So kam es zu keinen Karrieren in der Mathematik oder Musik, wurden keine Seifen-Läden eröffnet, wurde das Glück des Gewinns im Preisausschreiben zum Fluch. Die 13. und 14. Szene („Deshalb gehe ich unter“ und „Hallelujah“) greifen auf diese Position zurück und bilden so einen eindrucksvollen Rahmen mit der Prolog-Szene – nur liegen die Spieler nun unter einer sacht auf und ab wogenden riesigen Plastikfolie, die den Meeresspiegel symbolisiert, was dem Publikum Schauer über den Rücken jagt.

Für eine eindrucksvolle musikalische Umrahmung sorgen in vielen Szenen Erwin Fliegel und Janis Weingart – mal mit Maske und Kapuze zum Totentanz aufspielend, mal heitere Shanty-Stimmung in der Ballade vom Heizer Shine erzeugend, der sich hektisch planschend unterschiedlicher Haifisch-Generationen zu erwehren hat (expressiv selbst in der Komik: Florian Schulz). Interpretierender Intellekt ist vom Zuschauer gefordert, wenn die Havarie von Musikern emotional, von Mathematikern rational reflektiert wird.

Schmunzeln erzeugen komödiantische Slapstick-Szenen wie der Auftritt der beiden Bord-Stewardessen mit der Erklärung des Gebrauchs der Rettungswesten (bezaubernd: Jennifer D’Amico und Rebecca Schnaidt). Eine Parodie auf Stoibers legendäre Stotter-Suada vom näher rückenden Flughafen erfährt hier eine mitreißende Parodie durch das „Näherrücken Amerikas an Bayern“ mittels der „Titanic“-Jungfernfahrt (würde wohl Stoiber-Imitator Wolfgang Krebs kreidebleich erblassen lassen: Clara Schöpfel). In weiteren Szenen werden soziale Unterschiede zwischen den Passagieren thematisiert und zugleich Koch-Shows persifliert („Speisen nach Klassen“), und man erfreut sich an Anspielungen auf Grünwalds Freitags-Comedy, Enzenbergers Drama oder den „Titanic“-Film. Den Atem hält man schließlich an, wenn die jungen Spieler über Bord gehen – indem sie von der Balustrade der Empore auf Matten herabspringen.

Mag die Titanic auch untergegangen sein – der Oberstufentheater-Truppe des GG und ihrem Spielleiter Johannes Wild blieb dieses Schicksal eindeutig erspart. Das zeigte auch der fast frenetische Applaus des Publikums am Ende der beiden Abende.