Köschinger Maikundgebung: "Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen"

03.05.2009 | Stand 03.12.2020, 4:59 Uhr

Kösching (frj) Unter dem Motto "Arbeit für alle bei fairem Lohn" hatte das DGB-Ortskartell Kösching zu seiner traditionellen Maikundgebung aufgerufen. Nach dem Standkonzert auf dem Marktplatz mit dem Köschinger Spielmannszug zogen die Gewerkschaftler, unterstützt von einer starken Abordnung des KAB-Kreisverbandes Vohburg, am Freitag durch die Untere Marktstraße.

Wegen des noch recht kühlen Wetters wurde die Kundgebung in den Saal des Gasthauses Amberger verlegt. Dort forderte Ortskartellvorsitzenden Peter Mongs vor etwa 200 Teilnehmern und Gästen: "Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, nicht das Kapital. Dafür stehen DGB und KAB gleichermaßen!" Zur Einstimmung spielte der Spielmannszug, der Musik- und Gesangverein "Frohsinn" sang unter der Leitung von Peter Ladenburger "Die Gedanken sind frei" und das italienische Arbeiterlied "Bandera Rossa", an der Gitarre begleitet von Alexander Giersbach. Ulrich Berber, geschäftsführender KAB-Diözesansekretär aus Ingolstadt, betonte: "Dass heute KAB und DGB zusammenstehen, ich als Redner und der DGB als Veranstalter, zeigt uns, dass in den letzten Jahren etwas gewachsen ist, was sehr notwendig war: Dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesen sorgenvollen Zeiten ganz eng zusammenstehen und etwas vertreten, was ich ins Gästebuch geschrieben habe: Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, der Mensch steht vor dem Kapital!" Gewerkschaftler und Mitglieder der KAB müssten die Fahne des Menschseins in Deutschland hoch halten.

Angesichts der Entwicklung im vergangenen Jahr, angefangen von der Finanzkrise bis hin zur Wirtschaftskrise mit Kurzarbeit und Firmenzusammenbrüchen und Rettungspakte in Billionenhöhe, sei es ein Skandal, dass bis heute noch niemand die Verantwortung übernommen und noch niemand dafür vor Gericht gestanden habe. Das müsse sich ändern. Berber beklagte auch die einseitige Ausrichtung der deutschen Wirtschaft auf den Export. Besser wäre eine Stärkung der Binnenwirtschaft gewesen. Dazu gehöre ein flächendeckender Mindestlohn von 9,20 Euro.

In seiner sehr engagiert vorgetragenen Rede, die immer wieder von großem Applaus unterbrochen wurde, forderte Berber die Bundesregierung auf, in den verbleibenden Monaten konstruktiv zusammen zu arbeiten zum Wohl der Menschen. Deshalb verlangte er gesetzliche Regelungen zur Begrenzung der Managergehälter, eine bessere Überwachung der Finanzsysteme, ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz und die Abschaffung der Rente mit 67. Zum "größten Zocker" im globalen Spielkasino meinte Berber: "Der Kapitalraubsaurier des 21. Jahrhunderts heißt Tyrannosaurus Ackermann!"

Der Redner prangerte die Zusammensetzung der von der Bayerischen Staatsregierung eingesetzten Expertenkommission "Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft" an. Dort sei zwar Professor Sinn mit seinen neoliberalen Ansichten, mehrere Unternehmensvertreter, aber nur ein Betriebsrat, nur eine Frau, kein Gewerkschaftsvertreter und der Münchner Erzbischof Marx, der sich zur katholischen Soziallehre bekennt. Berber erwartet nach eigenem Bekunden von Ministerpräsident Horst Seehofer als KAB-Mitglied eine andere Zusammensetzung des Gremiums.

Der KAB-Diözesansekretär forderte die bayerischen Frauen- und Familienministerin Christine Haderthauer auf, ihren Widerstand gegen eine Verlängerung des Mutterschutzes von 14 auf 18 Wochen aufzugeben, wie von der EU geplant. Ebenso solle die Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner die Namen der Empfänger von Direktzahlungen aus dem Agrarfonds nennen, so zum Beispiel die Lufthansa, Kreuzfahrtschiffe und den Stromkonzern RWE. Verlierer dieser Politik seien die vielen kleinen bäuerlichen Betriebe und die Verbraucher.