Köllner vertraut dem Engelchen

Trainer des TSV 1860 München ist vor Start gegen den MSV Duisburg von erfolgreicher Restsaison überzeugt

29.05.2020 | Stand 23.09.2023, 12:11 Uhr
Zuversichtlich: Löwen-Coach Michael Köllner glaubt daran, die starke Form seiner Mannschaft über die Corona-Zwangspause hinwegzuretten. Beim Neustart wartet mit Spitzenreiter Duisburg gleich ein echter Gradmesser. −Foto: Imago Images

München - In 81 Tagen, die - zwischen dem letzten Spiel am 9. März und dem Re-Start an diesem Wochenende - nicht nur die 3. Liga, sondern die ganze Welt veränderten, ist es gut nachvollziehbar, dass sich neben eine verbliebene Portion Grundoptimismus immer wieder andere Gedanken, wie Unsicherheit oder Zweifel mischen.

Michael Köllner hat diesen Zwiespalt bei sich festgestellt und beschreibt ihn, auf den Fußball und auf seine Mannschaft bezogen, mit dem klassischen Bild: Ein Engelchen und ein Teufelchen hätten auf seinen Schultern Platz genommen, erzählt der Löwen-Trainer, und sinngemäß lässt sich der Streit der beiden Figuren wohl auf eine simple Frage reduzieren: Bleibt der TSV 1860 auch nach der Corona-Zwangspause ein ernsthafter Aufstiegskandidat oder eben nicht?

Die Münchner Löwen, sie starten am Sonntag (13 Uhr) gegen den MSV Duisburg aus einer ganz besonders spannenden Ausgangsposition heraus in den Rest dieser Saison. Spannend einerseits, weil die Mannschaft die Saison ursprünglich ohne große Aufstiegsambitionen begonnen hatte, weshalb Köllner sein Teufelchen auch mit den Worten zitiert: "Ihr seid noch nicht ganz so weit, ihr seid noch nicht bereit." Spannend aber vor allem, weil sich das Team mit einer beeindruckenden Serie, der aktuell längsten im deutschen Profifußball, zu einem echten Aufstiegskandidaten entwickelt hat, der diese Chance jetzt auch gerne ergreifen würde. 14 ungeschlagene Spiele in Serie (zwölf unter Köllner) verleihen vor allem dem Wort des Engelchens großes Gewicht. "Es sagt: Doch, es passt. Ihr werdet richtig gut aufspielen", strahlt Köllner.

Auch seine Mannschaft würde dieses zweite, optimistischere Bild verkörpern. Die Pause habe niemand als Ausrede genommen, betont der Trainer, sagt stattdessen: "Wir haben immer nach adäquaten Lösungen gesucht, detailliert und intensiv im Rahmen der Bestimmungen gearbeitet." Individualtraining, Einheiten in Kleingruppen, seit Kurzem vollständiges Mannschaftstraining und zuletzt ein internes Testspiel im Grünwalder Stadion hätten dazu geführt, "dass sich der eine oder andere noch näher an die Startelf herangespielt hat", bestätigt Köllner. Für das kräfteraubende Restprogramm, mit elf Spielen in sechs Wochen, sei das besonders wichtig. "Da brauchen wir einen breiten Kader und viele Optionen für die verschiedenen Szenarien." Bis auf Verteidiger Aaron Berzel (Bänderriss im Sprunggelenk) sind alle Akteure fit. Bis Sonntag stimmt sich das Team im Quarantäne-Hotel auf den Wiederbeginn ein.

Ein Sieg im Heimspiel, für das bereits mehr als 30000 "Geistertickets" verkauft wurden - Köllner will sich dafür bald mit einem persönlichen Brief bedanken -, würde nun das Engelchen auf der einen Schulter weiter bestärken. Dann hätten die Löwen (Tabellensechster, 42 Punkte) nur noch zwei Zähler Rückstand auf den aktuellen Spitzenreiter (47), könnten - je nach den Ergebnissen der Konkurrenz - sogar auf einen Aufstiegsplatz springen. Der MSV sei "die stärkste Mannschaft der Liga und nicht umsonst Tabellenführer", sagt Köllner. Einen Sieg könne er deshalb ebenso wenig garantieren wie den Aufstieg. "Aber ich kann garantieren, dass wir gegen Duisburg und auch in den Spielen danach unser Bestes geben."

Die Vorfreude ist groß, auch weil der Löwen-Trainer ahnt, dass "50000 bis 60000, die zu Hause am Fernseher oder am Radio mitfiebern, bei uns sind." Eine gewisse Unsicherheit, ob und wie lange die Löwen ihre Top-Form aus den vergangenen Monaten konservieren können, bleibt trotzdem. "Manchmal nagen Zweifel", gibt auch Köllner zu, der aber klarstellt: "Natürlich vertraue ich da viel lieber dem Engelchen in meinem Kopf."

DK

Matthias Vogt