Koalition uneins über neue Schulden

15.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:41 Uhr

München (DK) Erst schienen neue Schulden unausweichlich, nun will die CSU doch einen ausgeglichenen Haushalts erreichen: Dieser bleibe das Ziel der Staatsregierung, sagte Ministerpräsident Horst Seehofer gestern in München. Die FDP hatte sich schon auf eine Neuverschuldung festgelegt.

Um das Ziel zu erreichen, hat der Fraktionsvorsitzende der CSU, Georg Schmidt, schon Eckpunkte erarbeitet. Anders als die FDP-Vertreter, die für den bevorstehenden Etat drei Milliarden Euro strukturelles Defizit veranschlagen, geht Schmid von lediglich 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2011 aus. Nach seinen Plänen soll jedes Ministerium pauschal drei Prozent weniger Geld ausgeben. Allein so könnten bereits 1,3 Milliarden abgedeckt werden. "Das sind erste Überlegungen, über die wir nun diskutieren müssen", sagte Schmid. Sein Konzept wolle er der Fraktion auf ihrer Klausurtagung vortragen, die am Montag beginnt.

Darüber hinaus gibt es Spekulationen, nach denen 500 Milliarden beim Landespersonal eingespart werden könnten – unter anderem durch Kürzung des Weihnachtsgeldes. Auch auf die Neubesetzung frei werdender Stellen könnte verzichtet und die vorgesehene Arbeitszeitverkürzung auf 40 Stunden verschoben werden. Haushaltspolitiker rechnen auch damit, dass wegen der anziehenden Konjunktur mehr Steuereinnahmen in die Kasse fließen, als geplant.

Die Pläne der CSU kommen überraschend. Ende der vergangene Woche schien die Union sich schon auf neue Schulden festgelegt zu haben. Haushaltspolitiker wurden mit der Ansicht zitiert, mindestens 2011, wahrscheinlich auch 2012 könne man das Ziel des ausgeglichenen Haushalts wohl nicht aufrecht erhalten.

Die FDP-Fraktion war auf ihrer Herbstklausur am Wochenende mit Eckpunkten eines Fahrplans für den Doppeletat 2011/12 vorgeprescht: Zwar hatten die Abgeordneten ebenfalls Einsparungen in allen Ministerien gefordert, gleichzeitig aber neue Schulden zumindest für das kommende Jahr für unvermeidlich erklärt. Anfang der Woche war man bei den Liberalen noch davon ausgegangen, dass auch die CSU irgendwann auf diesen Kurs einschwenken würde.

Dass die Union nun offensichtlich doch unbedingt einen ausgeglichenen Etat erreichen möchte, sehen viele auch als Reaktion auf das Vorpreschen des Koalitionspartners. Man habe der FDP nicht die Meinungsführerschaft überlassen wollen, heißt es. Ministerpräsident Seehofer bekräftigte gestern, die Staatsregierung wolle am ursprünglichen Ziel festhalten. Nach den zusätzlichen Investitionen in der Krise müsse man "durch kluge und sparsame Haushaltspolitik" die Ausgaben wieder senken.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP Thomas Hacker reagierte skeptisch auf die Rechnungen der CSU. "Wenn wir uns die Zahlen anschauen, sehen wir nicht, wie wir die Lücke dicht kriegen." Auch der stellvertretende Ministerpräsident Martin Zeil sagte, er sehe nicht, wo man zwei Milliarden Euro einsparen wolle, ohne Wahlversprechen zu brechen. Die CSU müsse im Einzelnen nachweisen, wo sie sparen wolle. Hacker sagte, man werde nach der Steuerschätzung im November beurteilen können, was möglich sei. "Da ist die CSU offenbar optimistischer als wir."