Eichstätt
Kliniken am Finanztropf

Der Kreistag gibt trotz tiefroter Zahlen ein klares Bekenntnis für die Häuser in Eichstätt und Kösching ab

23.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:54 Uhr
Die Generalsanierung des Hauses in Eichstätt ist nicht die einzige Baustelle der Kliniken im Naturpark Altmühltal. Die wirtschaftliche Situation bereitet den Verantwortlichen in der Klinikleitung und im Kreistag große Sorgen. −Foto: Meßner

Eichstätt (EK) Geschäftsführer Alfred Schimmer hatte bei der Kreistagssitzung am vergangenen Montag schlechte Nachrichten im Gepäck.

Er berichtete über den aktuellen Stand der Generalsanierung der Klinik Eichstätt und sprach über die wirtschaftliche Situation der Kliniken im Naturpark Altmühltal. Bei beiden Themen geht es um viel Geld.

Es kommt nicht so häufig vor bei einer Kreistagssitzung, dass die Zuschauerplätze im großen Sitzungssaal nicht ausreichen. Aber die Angst geht um bei den Mitarbeitern der Kliniken. Die Angst um ihren Job, die Angst um ihre Zukunft, die Angst, dass Stationen oder gar eines der beiden Häuser in Eichstätt oder Kösching geschlossen werden müssen.

Der Kreistag gab sich denn auch alle Mühe, diese Sorgen zu zerstreuen. "Wir sollten ein deutliches Signal für beide Kliniken abgeben", sagte Anton Haunsberger (FW). Ähnlich äußerte sich Tanja Schorer-Dremel (CSU) und fügte unter dem Applaus anderer Kreistagsmitglieder hinzu: "Ja zu zwei Standorten! Ja zu zwei Geburtshilfen! " Reinhard Eichiner (CSU) meinte: "Wenn wir eine Station schließen, werden wir die Patienten verlieren. "

Diese klaren Bekenntnisse waren angesichts der Zahlen, die Geschäftsführer Schimmer kurz zuvor präsentiert hatte, offenbar nötig. Der erste Bauabschnitt der Generalsanierung in Eichstätt soll Ende dieses Jahres fertig werden. Kalkuliert worden war mit Kosten in Höhe von 18,2 Millionen Euro. Nach derzeitigen Schätzungen werden es wohl eher 19,8 Millionen Euro werden. Alleine der Bereich Heizung, Lüftung, Sanitär und Kälte schlägt mit gut einer halben Million zusätzlich zu Buche. Zudem hat es massive Probleme mit dem zuständigen Planungsbüro gegeben. "Wir haben den Vertrag mittlerweile gekündigt", sagte Schimmer. Den Schaden bezifferte er auf 200.000 Euro. Die Sache wird auch rechtliche Konsequenzen haben, denn die Klinik prüft mit einem Fachanwalt Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Durch die zeitlichen Verzögerungen haben sich die Baukosten um einen sechsstelligen Betrag erhöht. Laut Geschäftsführer Schimmer gibt es weitere Risiken, weshalb er sicherheitshalber 450.000 Euro als Puffer einkalkuliert hat. "Die Situation ist sehr unbefriedigend und belastet uns sehr", sagte Schimmer.

Mittlerweile hat ein anderes Planungsbüro den Auftrag für den zweiten Bauabschnitt - den mit Abstand größten des Projekts - übernommen. Der Startschuss verzögert sich entsprechend. Baubeginn soll nun erst im Frühjahr 2021 sein. "Das Ganze ist aus dem Ruder gelaufen", musste der Klinikchef einräumen.

Nahtlos ging Schimmer über zur wirtschaftlichen Situation, "das nächste schwerwiegende Problem". Die ursprüngliche Defizitprognose von 2,6 Millionen Euro für dieses Jahr sei nicht zu halten, sagte er. Aktuell geht er von einem Minus in Höhe von 3,5 Millionen Euro aus. Doch auch das wird wohl nicht das Ende der Fahnenstange sein. "Ich bin froh, wenn das so bleibt", sagte er und fügte hinzu: "Es könnten zwei Millionen Euro mehr werden. "

Die Gründe dafür sind vielfältig. Der Fachkräftemangel hat sich massiv ausgewirkt. Zeitweise war die Innere Medizin so dünn besetzt, dass sie abgemeldet werden musste und damit vom Rettungsdienst nicht mehr angefahren wurde. Auch in der Gynäkologie und der Geburtshilfe ist die Personaldecke offenbar sehr eng. Schimmer könne nicht garantieren, dass die Geburtshilfe im August durchgehend offen sei.

Um den Betrieb überhaupt aufrechtzuerhalten, mussten Ärzte und Pflegepersonal von außen teuer eingekauft werden. Zu allem Überfluss wirkt sich auch der jüngste Tarifabschluss negativ auf die Kliniken aus. Darin heißt es unter anderem, dass Ärzte maximal vier Bereitschaftsdienste pro Monat leisten dürfen. In Eichstätt und Kösching waren es regelmäßig mehr.

"Der Fachkräftemangel ist eine extreme Belastung für uns", sagte Schimmer. Mit der Einstellung eines neuen Chefarztes und zwei Oberärzten und Pflegekräften für die Innere Medizin seit Juli hofft Schimmer, zumindest diese Baustelle in den Griff zu bekommen. Er äußerte sich deshalb vorsichtig optimistisch, dass die Patientenzahlen im zweiten Halbjahr wieder steigen.

"Das Bekenntnis für die Kliniken war immer da", sagte Landrat Anton Knapp (CSU). Er fügte allerdings hinzu, dass man die Augen vor diesen Entwicklungen nicht verschließen dürfe. Knapp: "Wenn Gesetzgeber und Krankenkassen nicht zur Finanzierung beitragen, müssen wir die Zeichen der Zeit erkennen. "

Kommentar

Die Lage an den Kliniken im Naturpark Altmühltal ist besorgniserregend.Die Krankenhäuser in Eichstätt und Kösching werden dieses Jahr ein operatives Defizit von mindestens 3,5 Millionen Euro ausweisen müssen. Und selbst diese Zahl wird wohl schwer zu halten sein. Der Fachkräftemangel wird diese Misere weiter verschärfen. Ein Ende ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Der Druck auf kleinere Häuser wird weiter steigen. Die Kliniken werden auf absehbare Zeit jedes Jahr ein Defizit in Millionenhöhe schreiben. Das ist dem Kreistag durchaus bewusst. Umso wichtiger war das Signal aus dem Gremium, dass eine Schließung keine Option ist. Beide Standorte sollen erhalten bleiben. Das ist eine gute Nachricht für die Beschäftigten und die Patienten. Aber das Signal war nicht laut genug. Denn um die Situation der defizitären Kliniken zu verbessern, muss das Signal bis nach Berlin getragen werden. Kleine Krankenhäuser sind wichtig und leisten einen wertvollen Beitrag für die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum. Im Gesundheitsministerium sieht man das offensichtlich anders. Doch nur dort kann strukturell etwas verändert werden - bevor dem Landkreis die Luft ausgeht. Markus Meßner

Markus Meßner