Klinik-Clowns bleiben draußen

01.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:32 Uhr

Späße draußen vor der Tür: Die Klinik-Clowns traten nur im Foyer des Theaters, aber nicht auf dem Podium des Festsaals auf.

Ingolstadt (DK) Vermittelten einem anfangs die dutzendweise vor den Eingängen des Festsaals auf Einlass wartenden Gäste noch den Eindruck, als würde dieser bald aus allen Nähten platzen, erwies sich das rasch als Fehleinschätzung; die Sitzreihen füllten sich gerade einmal zur Hälfte.

Vor 25 Jahren, im Oktober 1984, startete das Orchester sein karitatives Engagement und lud nun am Freitag zum Jubiläums-Benefizkonzert. Allein durch ihre Vorankündigung hätte die Audi-Bläserphilharmonie unter Leitung von Christian Lombardi mit einem geschickter gewählten Programm wesentlich mehr potenzielle Spender ins Stadttheater locken können – ging es doch schließlich darum, unter dem Motto "Ein Lachen schenken” möglichst viele Menschen von der überaus notwendigen Arbeit des Vereins Klinik-Clowns zu überzeugen und ihnen darüber hinaus vielleicht einen kleinen Einblick in deren harlekinesken Balanceakt zwischen Spaß, Hoffnung und Trauer zu gewähren. Doch die wunderbaren Clowns – vier an der Zahl mit ihren typischen Utensilien – waren ins Abendprogramm nicht mit eingebunden, sondern durften lediglich im Foyer mit ihrer Anwesenheit für punktuell bunte Heiterkeit sorgen und Spenden einsammeln – welch verschenktes Bühnen-Potenzial!

Statt dessen stellte die professionell durch das Programm führende Moderatorin Marlen Reichert von BR Klassik den Abend unter den Leitsatz "Give what you wish” und spickte die Überleitungen zu den einzelnen Stücken mit jeder Menge Details, die für den Unkundigen sicherlich interessant waren, aber vor allem den ersten musikalischen Teil doch unnötig in die Länge zogen.

Die teilweise fulminante Klanggestaltung von Jacques Offenbachs Ouvertüre "Orpheus in der Unterwelt” nach einem Arrangement von Siegmund Goldhammer konnte nicht über die vielen Ungenauigkeiten in den einzelnen Orchesterstimmen hinweghelfen. Erst beim berühmten Can-Can hatten sich die Bläser zu einem einheitlich und rhythmisch sicher agierenden Klangkörper zusammengefunden.

Die Interpreten der durch die Bearbeitung entstandenen Soli zeigten durchweg eine solide Leistung wie auch in Anton Dvoráks Sinfonie "Aus der neuen Welt” nach einem Arrangement von M. Hindsley. Dennoch kann keine noch so gut gesetzte Zusammenstellung für Bläser in ihrer Gesamtheit die nötige Flexibilität, Klangdichte und Farbigkeit eines changierenden Streicherapparates erreichen, und so litt die Ausdruckskraft der zwischen unbeschwerter Fröhlichkeit und schmerzlicher Sehnsucht angesiedelten Sinfonie nicht nur deutlich unter den eingeschränkten Möglichkeiten eines Blasorchesters, sondern auch unter der moderierenden Unterbrechung nach dem ersten und dritten Satz. Da hätten es Dvoráks Slawische Tänze als Arrangement Orchester und Publikum leichter gemacht.

Der zweite Programmteil dagegen lag der Audi-Bläserphilharmonie deutlich besser – sichtlich gelöst war auch die Stimmung unter den Musikern. Schwungvoll und technisch sauber präsentierten sie "Funk Attack” des Film- und Fernsehkomponisten Otto Schwarz – übrigens das einzige Werk des Abends, das auch im Original für Blasorchester komponiert ist, und das war zu hören: Hier stimmten die Umsetzung, der vielschichtige Klang, einfach alles. Nach einem Interview mit der Vereinsvorsitzenden von Klinik-Clowns, in dem kurz das Projekt umrissen wurde, folgten ein für Bläser arrangiertes Medley mit bekannten Melodien aus dem Musical "Cats” von Andrew Lloyd Webber – kurzweilig, mit gelungenen Tempowechseln – und der Queen-Klassiker "Bohemian Rhapsody” aus der Feder Freddie Mercurys. Aufgepeppt mit der Vokaleinspielung einer Originalaufnahme, bestach er zunächst durch gefühlvolles, ausgewogenes Bläserspiel, doch der Mittelteil – von dem Rockbarden fast operettenhaft angelegt – überzeugte in der Bläserbearbeitung (A. Catheral) genauso wenig wie das Bernaerd-Arrangement "The Lord of Dance” von Ronan Hardiman, das von seiner anfänglichen Präsenz durch ständiges Wiederholen der ewig gleichen Passagen ohne nennenswerte Dynamik viel verlor – natürlich gefiel der integrierte lange Perkussionsteil mit Soli der einzelnen Schlaginstrumente.

Als die wahren Publikumsreißer entpuppten sich jedoch die flotten Zugaben. Witzig – mit roten Clownsnasen im Gesicht – in Szene gesetzt, hätten sie schon dem Hauptprogramm die begeisterungsfähige Leichtigkeit geben können, die eine Benefiz-Veranstaltung eigentlich braucht. Auch bleibt die Frage, warum man nicht den gesamten Abend mit Kompositionen explizit für Bläser – und damit ganz und gar publikumswirksam – gestaltet hat, anstatt sich auf die eher unbefriedigenden Kompromisse der Arrangements einzulassen. Die Verantwortlichen hätten es besser wissen können.