Regensburg
Kleiner Ball ganz groß

Regensburg ist Bayerns Baseball-Hochburg – Auch ein junger Ingolstädter spielt bei den Legionären

19.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:10 Uhr

Foto: DK

Regensburg (DK) Mehr als eine Milliarde Fans gibt es weltweit. Doch in Deutschland fristet die viertgrößte Sportart der Welt noch immer ein Schattendasein. Nicht überall. In Regensburg ist Baseball sozusagen auf dem Home Run.

Er schlägt. Der Ball fliegt. Er fliegt und fliegt. Auf den Rängen recken sich die Zuschauer danach. Unten im Feld des Baseball-Stadions joggt entspannt der Schlagmann. First Base, second, third Base – Home Run. Das Stadion tobt und der Ball ist irgendwo gelandet. Im angrenzenden Fluss vielleicht, wie so oft bei Home-Run-König Barry Bonds. Zuletzt spielte die US-Baseball-Legende bei den Francisco Giants.

In den USA gehört Baseball zum Alltag wie Popcorn, Ice-cream und Burger. In Japan ist es gar die Nummer Eins. 210 Millionen aktive Spieler und rund eine Milliarde Fans gibt es weltweit. In Europa ist der amerikanische Liebling unter den Sportarten dagegen so bekannt wie japanische Schriftzeichen. Pitcher, Batter, Catcher, Strike, Home Run: Egal wovon die Rede ist – kaum einer kennt die Regeln oder hat je ein Spiel im Stadion erlebt.

Pascal Amon hält das nicht auf. Es ist früh am Abend. Einer von sieben Trainingsabenden die Woche. Vielleicht gingen ihm gerade Szenen wie die mit Barry Bonds durch den Kopf, als der junge Ingolstädter mit den Teamkollegen von den Buchbinder Legionären auf das Spielfeld der Regensburger Armin-Wolf-Arena einzieht. Die Baseballmütze ist lässig ins Gesicht gezogen. Man sieht dem Schüler das Training an. Er ist entschlossen und will ganz nach oben. Das Talent dazu hat er. Und auch die Chancen. Die Buchbinder Legionäre haben sich in den vergangenen Jahren zur echten Kaderschmiede entwickelt.

Von seinen 17 Jahren verbrachte Pascal Amon elf auf dem Baseballfeld. „Mein Dad hat mich zum Baseball gebracht“, sagt er. Da war er sechs Jahre alt und die Ingolstadt Schanzer schon einige Jahrzehnte am Ball. Im Mai waren es 30 Jahre. Seit 2012 spielt er bei den Buchbinder Legionären in Regensburg.

„Alles klar Jungs“ Cheftrainer Martin Brunner lässt es locker angehen. Zwischen Schule und Training bleibt den 18 jungen Spitzenspielern des Regensburger Klubs wenig Zeit. Kurze Teambesprechung und jeder auf seine Position. Erste und zweite Mannschaft trainieren gemeinsam. Jede Spielposition hat ihren Coach. Das System ist durchlässig, erklärt Brunner. „So profitieren die Teams voneinander, und die Trainer haben im Blick, wen man mal in der Bundesliga einsetzen kann.“

Mitten im Feld steht ein Pitcher auf dem Mound (kleiner Hügel). Aus 18 Metern Entfernung wirft er den Ball in Richtung Fänger am Home Plate. Schnell, präzise und kraftvoll. Denn der Schlagmann der Gegner neben ihm soll ihn auf keinen Fall treffen. Die kleinen Lederbälle sind steinhart und wiegen gut 145 Gramm. Ein guter Profi-Pitcher beschleunigt sie bis zu 160 Stundenkilometer. Da ist auch auf der anderen Seite höchste Konzentration gefragt.

Pascal Amon weiß: Der Weg in die nordamerikanische Major League Baseball (MLB) ist weit. „Wenn du hier bei den Legionären in der Bundesliga oben angekommen bist, fängst du drüben trotzdem wieder unten an“, sagt er und bringt sich auf dem Home Plate mit dem Schläger in Position.

„Du musst dich jeden Tag verbessern.“ Das fasziniert ihn am Baseball. Er zieht den Schläger vor dem Schlag weit über die Schulter und sieht rüber zum Pitcher. Plock. Die Kugel schlägt auf das Holz und schießt über das Feld. „Das ist der Kern des Spiels“, sagt er. „Dieses Duell zwischen Werfer und Schläger.“ Aber für Pascal Amon ist es auch Teamspiel. „Jeder ist auf den anderen angewiesen. Hier kann sich niemand verstecken.“ Es geht um Strategie, Kraft, Schnelligkeit und unglaublich viel Geschick. Das ist eine vollkommen andere Spielidee als beim Fußball oder Eishockey. Vielleicht ist die Hemmschwelle deshalb für viele so hoch“, meint er.

LA Dodgers, Cincinnati Reds oder den Minnesota Twins. Das sind klangvolle Namen für den jungen Outfielder. „Und ein durchaus realistisches Ziel“, sagt Armin Zimmermann, Legionäre-Vorstand und Geschäftsführer des Sportinternats St. Emeram. Pascal Amon wäre der elfte Spieler, der es aus der Talentschmiede der Buchbinder Legionäre in die MLB schafft. Vier kleinere Ligen müsste er in den USA durchlaufen. Statistisch schafft es einer von 20 000 Spielern in die Profiliga.

Donald Lutz gelang als erstem Deutschen der Sprung in die MLB zu den Cincinnati Reds. Rodney Gessmann und Max Kepler sicherten sich einen Vertrag bei den Minnesota Twins und Kai Gronauer spielte sieben Jahre bei den New York Mets. Jetzt will er dem deutschen Baseball mehr Format geben und hat als Batter-Trainer bei den Legionären angeheuert.

Die Bedingungen dafür sind in Regensburg so gut wie sonst nirgendwo. Ein Baseball-Leistungszentrum mit Sportinternat, wie es aktuell direkt hinter der Arena entsteht, ist einzigartig bei den rund 50 bayerischen Baseball-Clubs. „Sehen Sie, wenn ein Spieler auf seinen Balkon geht, sieht er auf das Spielfeld“, sagt Armin Zimmermann und zeigt von der Tribüne aus, auf die gegenüberliegende Baustelle. Das ist Baseball total. Ob es reicht für ein paar deutsche Barry Bonds?

756 Home Runs holte Bonds einst. Pascal Amon hat es bisher immerhin auf sieben gebracht. Von der Home Plate aus katapultiert er den Ball zu x-ten Mal an diesem Trainingsabend über das Spielfeld und sich vielleicht ein Stück näher an die Major League Baseball heran.