Kelheim
"Kleine Landkrankenhäuser werden verdrängt"

Grüne Kreistagsfraktion informiert sich über Goldberg-Klinik - Maria Krieger fordert Reform des Finanzierungssystems

03.05.2021 | Stand 07.05.2021, 3:34 Uhr
Ein Fachgespräch zwischen den Grünen im Kreistag und der Leitung der Kelheimer Goldberg-Klinik hat es in der vergangenen Woche gegeben. In dessen Mittelpunkt stand die Finanzierung der Landkrankenhäuser. −Foto: Grüne

Riedenburg/Kelheim - Die Kelheimer Kreistagsfraktion der Grünen fordert, die Finanzierung der Landkrankenhäuser auf neue Säulen zu stellen. Da die Ökopartei davon ausgeht, nach der Wahl im September an der nächsten Bundesregierung beteiligt zu sein, soll das Thema ein wichtiger Bestandteil der Koalitionsverhandlungen werden.

Den Rat lokaler Experten von der Goldberg-Klinik holten die Grünen am Donnerstag bei einem im Internet geführten Fachgespräch bei deren Geschäftsführerin Dagmar Reich, dem Ärztlichen Direktor Carl-Michael Reng und Betriebsrat Hans Kleehaupt ein. Auf Seiten der Grünen nahmen die Bundestagsabgeordnete Maria Klein-Schmeink, der Landtagsabgeordnete Andreas Krahl, Kreistags-Faktionssprecher Richard Zieglmeier, die Kreisrätin Christiane Lettow-Berger und die Riedenburger Bundestagskandidatin Maria Krieger teil. Unmittelbar nach dem Fachgespräch stellten sich die Kommunalpolitiker virtuell den Fragen von Medienvertretern.

Dem langjährigen Kreisrat Richard Zieglmeier ist bewusst, dass die wirtschaftliche Erholung der chronisch defizitären Landkrankenhäuser im bestehenden System unmöglich ist. "Es bedarf massiver Veränderungen oder einer Umstellung des Systems", sagte der Abensberger. Er gab der Hoffnung Ausdruck, dass dies im Zuge der Koalitionsverhandlungen möglich sein werde.

Für Maria Krieger war es wichtig, der Bundestagsabgeordneten Maria Klein-Schmeink Informationen über die Situation an der Goldberg-Klinik für die möglichen Koalitionsverhandlungen mit auf den Weg zu geben. Die monetäre Lage der Krankenhäuser sei sehr schwierig, stellte die Riedenburgerin fest. Es gebe deutschlandweit einen Investitionsstau in Höhe von rund 30 Milliarden Euro. Die langjährige politische Fehlsteuerung müssten einerseits die Patienten ausbaden, andererseits sei das Krankenhaus-Personal einem überhöhten Arbeitsdruck ausgesetzt. Maria Krieger forderte deshalb eine "grundlegende Reform der Betriebskostenvergütung". Dazu müsste auf Bundesebene eine neue Säule für die Finanzierung der Kliniken geschaffen werden. Grundlage sei eine klare Differenzierung zwischen den Kliniken für die Maximalversorgung und den Landkrankenhäusern. Letztere dürften nicht in einen unnützen Wettbewerb gezwungen werden, meinte Maria Krieger.

Der Landtagsabgeordnete Krahl bezeichnete die Situation an der Goldberg-Klinik als treffendes Beispiel für die Lage der Landkrankenhäuser. Eigentlich müsste der Bund für alle laufenden Kosten aufkommen, die Länder seien verantwortlich für die Investitionskosten. Doch Letztere würden nur zu 50 Prozent vom Freistaat Bayern übernommen. "Das Land Bayern muss hier deutlich mehr in die Pflicht genommen werden." Krahl, der auch pflegepolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion ist, monierte außerdem einen "Rüstungswettlauf" zwischen Krankenhäusern um Bereiche, in denen noch Geld für zu verdienen ist.

Das bestätigte die Bundestagsabgeordnete Klein-Schmeink. "Die Länder kommen dieser Aufgabe nicht so nach, wie es notwendig wäre", kritisierte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion in Berlin. Man müsse den finanziellen Druck von den regionalen Trägern der Krankenhäuser nehmen. Denn die Krankenhäuser seien eine wichtige Säule der Daseinsvorsorge. Die Parlamentarierin rügte, dass viele Landkrankenhäuser auf dem Stand der 1960er-Jahre seien. Unter anderem deshalb seien die Häuser für die Grundversorgung grundsätzlich defizitär. Dabei habe jeder Mensch einen Anspruch auf eine leicht zugängliche Grundversorgung, egal wo er lebe.

Maria Klein-Schmeink bezeichnete eine Reform des Systems als überfällig. Denn das Konzept der Fallpauschalen habe zwar zu mehr Transparenz, aber gleichzeitig zu Fehlanreizen in den Krankenhäusern geführt. Sie schlug vor, die medizinischen Überkapazitäten in den Kliniken der Metropolen abzubauen. Allerdings dürfe man auch nicht davor zurückschrecken, sich von manchen kleinen Landkrankenhäusern zu verabschieden. Immerhin seien die Grünen die einzige Fraktion, die im Parlament ein Konzept für die Reform der Krankenhäuser vorgelegt habe, um endlich Bewegung in dieses Problem zu bringen. Klein-Schmeink sprach von einem laufenden Prozess der "kalten Verdrängung kleiner Häuser". Deshalb dürfe man es nicht nur dem Wettbewerb überlassen, welches Krankenhaus überlebt. Die Grundversorger müssten ebenfalls eine Chance haben. Es muss nach den Worten von Klein-Schmeink ein rationaler Weg beschritten werden, der sich an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientiert.

rat