Klangdialog zwischen Ost und West

25.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:50 Uhr

Innovatives Konzept: Chinesische und europäische Musik erklang in Schloss Leitheim. - Foto: Audi

Leitheim (DK) Es ist ein innovatives Konzept. Das dänische Musikerehepaar Michala Petri (Blockflöte) und Lars Hannibal (Gitarre und Laute) assoziierte sich mit den chinesischen Musikerinnen Yan Jiang (Pipa, ein Zupfinstrument) und Chen Yue (Bambusflöte) zu einem Konzert jenseits des Üblichen. Kulturelle Berührungspunkte zwischen Ost und West gab es kontinuierlich, man denke an die Handelsreisenden oder die Jesuiten, die fernöstliches Gedankengut nach Europa brachten. So entstanden in der europäischen Barockmalerei die Chinoiserien als idealtypische Darstellung chinesischer Genres.

Auch im barocken Festsaal des Schlosses Leitheim, in dessen Gartenanlagen einst die Kaisheimer Äbte Wein anbauten, schmücken Fresken mit Chinoiserien die Wände und unter der Musikantenszene des Deckenfreskos begann ein musikalischer Dialog zwischen Ost und West. Durch das Zusammenspiel westlicher und östlicher Instrumente eröffnete sich den Zuhörern beim Audi-Sommerkonzert im voll besetzten Festsaal eine neue Klangerfahrung von geradezu heiterer Sinnlichkeit. Die chinesische Musiktradition ist indes wesentlich älter als unsere europäische und verfügte bereits im 10. Jahrhundert über eine Notenschrift. Chinesischer Musik liegen pentatonische Skalen zugrunde. Analog zur chinesischen Malerei ist die Musik dort stets mit einem lyrischen Text verbunden.
 

Yan Jiang demonstrierte stupende Virtuosität auf der Pipa, ein lautenähnliches Zupfinstrument. Die obertonreiche Pipa erfordert eine besondere Schlag- und Zupftechnik, um ein flirrendes, annähernd perkussives Klangbild erzeugen zu können. Das emotionale Ausdrucksspektrum der Pipa besitzt unzählige Nuancen, einmal wähnt man Meereswogen zu hören, dann wieder sanftes Plätschern am Strand, einmal Windesbrausen oder gar Bienenschwärme.

Als einziges "europäisches" Stück boten die Dänen Giuseppe Tartinis "Teufelstriller-Sonate" g-Moll, ursprünglich für Violine, in einer Bearbeitung für Blockflöten und Laute als Basso continuo. Michala Petri glänzte mit atemberaubend schnellen Trillerketten in ihrer Solokadenz. Variationen über das dänische Volkslied "Mads Doss" hat sich Michala Petri selbst für ihre Sopraninoblockflöte komponiert und entfacht dabei ein wahres Feuerwerk Funken sprühender Ideen. In einem fulminanten Geschwindigkeitsrausch rasen ihre Finger über die Grifflöcher. In einer Variation singt sie dabei den Cantus Firmus in die Flöte, während sie gleichzeitig den Kontrapunkt dazu flötet. Lars Hannibal interpretierte das Prelude e-Moll für Gitarre von Heitor Villa-Lobos mit zärtlicher Leidenschaft. Mit Schmetterlingsschwärmen und Vogelgezwitscher erfüllte Chen Yue den Saal in "Flying Partridge" für Dizi solo von Zhao Songting. Neben Dizi, der traditionellen Bambusflöte, beherrscht Chen Yue die Xiao, eine hell klingende Kernspaltflöte. Das Publikum erklatschte sich nach dem ohnehin gut zweistündigen Konzert noch eine "Gardenparty" von Asger Lund Christiansen als Zugabe, ein köstliches Kabinettstück mit Bachstelzen und Kuckucksrufen.