Böhmfeld
Klage gegen Gemeinderatsbeschluss

Bürgerinitiative Böhmfeld will vor Gericht die Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens erstreiten

22.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:24 Uhr

Böhmfeld (EK) Die Bürgerinitiative Windenergie Böhmfeld hat Klage gegen die Ablehnung ihres Bürgerbegehrens eingereicht. Der Gemeinderat hatte im September die Zustimmung als „rechtlich unzulässig“ verweigert. In Böhmfeld ruht die Bauleitplanung zur Windkraft auf unbestimmte Zeit.

Die Klage gegen den Beschluss des Gemeinderats vom 11. September wurde beim Verwaltungsgericht in München erhoben, wie BI-Sprecher Gerd Hamilton unserer Zeitung jetzt bestätigte. Eingegangen ist sie dort am 10. Oktober, wie Gerichtssprecherin Karolin Franzke am Freitag auf Anfrage mitteilte. (AZ M 7K13.4707). „Wir kämpfen dafür, dass alle Böhmfelder Bürger ihr verweigertes demokratisches Recht bekommen, ihre Meinung in einer freien, geheimen Abstimmung zu äußern“, schreiben die Initiatoren des Bürgerbegehrens in einem Flugblatt, das dieser Tage in Böhmfeld verteilt wurde. Gerd Hamilton setzt nach: „Es ist undemokratisch.“

Bürgermeister Alfred Ostermeier sieht der Klage gelassen entgegen. „Jeder hat das Recht auf Klage.“ Als Gemeinde habe man richtig gehandelt, vor allem auch durch die Einholung einer juristischen Einschätzung durch die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde – dem Landratsamt. Dieses hatte das Bürgerbegehren in einem mehrseitigen Schreiben vom 29. August „in der vorliegenden Form als unzulässig“ beurteilt. Dem hält die Bürgerinitiative Windenergie Böhmfeld entgegen: „Der Ablehnungsbescheid der Gemeinde stützt sich auf rechtlich nicht haltbare Argumente des Landratsamtes.“

Dass die Bürgerinitiative keine Windkraftanlagen in der Gemeinde verhindern will, betont Gerd Hamilton in diesem Zusammenhang. Im Gegenteil: „Wir unterstützen das ausdrücklich.“ Allerdings unter bestimmten Voraussetzungen. Er führt im Gespräch mit unserer Zeitung auch noch einmal die Forderungen des abgelehnten Bürgerbegehrens an. Einerseits gehe es dabei um einen entsprechenden weiträumigen Abstand zur Wohnbebauung („mindestens zehnfache Nabenhöhe“). Andererseits wolle man erreichen, dass alle während der Bauleitplanung eingehenden Bauanträge für Windkraftanlagen so lange zurückgestellt werden, bis der Flächennutzungsplan zur Planreife gelangt ist.

Regierungsrätin Maria Seitz vom Eichstätter Landratsamt, der Rechtsaufsichtsbehörde, erklärt dazu: „Der Inhalt des vorliegenden Bürgerbegehrens belässt der Gemeinde keinen Planungsspielraum.“ Deswegen beurteile man das Bürgerbegehren als „unzulässig“. Dass der Gemeinderat das Begehren abgelehnt hat, ist für Seitz nicht ungewöhnlich. „Wir haben als Aufsichtsbehörde eine fachliche Stellungnahme abgegeben.“ Wenn das Gremium anders entschieden hätte, wäre das aus ihrer Sicht „mutig“. Dass der Gemeinderat sich gegen das Begehren entschieden hat, hat für Bürgermeister Alfred Ostermeier einen ganz einfachen Grund. „Die Frage, ob ein Bürgerbegehren zulässig ist oder nicht, ist keine politische Frage, sondern eine rechtliche.“ Und das Landratsamt habe sich eindeutig geäußert, so dass man dieser Empfehlung gefolgt sei.

Der von der Bürgerinitiative beauftragte Ingolstädter Anwalt Hans Nüsslein zeigt sich von der Argumentation des Landratsamts nicht überzeugt. Sein Anwaltsbüro erarbeitet derzeit die Klagebegründung, die in den nächsten Tagen vorliegen muss. „Wir sind der Meinung, dass das laufende Verfahren gute Aussicht auf Erfolg hat“, sagt Nüsslein auf Anfrage.

Die Bürgerinitiative Windenergie hat sich mehrere Punkte aus der Stellungnahme des Landratsamtes herausgepickt, die Anwalt Nüsslein nun juristisch widerlegen will. So hat das Landratsamt in seiner Stellungnahme vom August darauf verwiesen, dass ein „einheitlicher Schutzabstand zu Wohnbebauung jeglicher Art“ unzulässig sei. Im Bürgerbegehren hatte man gefordert, alle Möglichkeiten zu ergreifen, „um zu erreichen, dass der Abstand der Windräder zur nächsten Wohnbebauung mindestens die zehnfache Nabenhöhe beträgt“. Nüsslein, der unter anderem Fachanwalt für Verwaltungs- und Baurecht ist, erklärt dazu: Es werde kein einheitlicher Schutzabstand zu Wohngebieten gefordert, sondern ein „Mindestabstand“. Damit wäre seiner Ansicht nach der Gemeinde genug Spielraum gegeben, die entsprechenden Gebietstypen im Flächennutzungsplan zu berücksichtigen.

Gegenüber unserer Zeitung verweist Hans Nüsslein außerdem auf die laufende Gesetzesinitiative von Bayern und Sachsen. In diesem würden Abstandsflächen gewollt, die „größer sind als die mit Bürgerbegehren angestrebten“. Denn: „In der Gesetzesinitiative wird von der Gesamthöhe des Windkraftrades ausgegangen und nicht von der Nabenhöhe“, so Nüsslein. Damit würde sich der Abstand um etwa 25 Prozent vergrößern.

Wann es zu einer Verhandlung im laufenden Klageverfahren kommt, konnte Gerichtssprecherin Karolin Franzke nicht sagen. „Es handelt sich um kein Eilverfahren und geht den normalen Weg.“ Es sei eher unwahrscheinlich, dass hier im kommenden halben Jahr etwas passiere.

Ob es im Gemeindegebiet Böhmfeld allerdings jemals überhaupt zu einem Windradbau kommt, erscheint derzeit fraglich. Wie mehrfach berichtet, steht die Radarführungshöhe der Bundeswehr dem entgegen. „Alle Gemeinden im südlichen Landkreis Eichstätt haben dieses Problem“, erklärt Bürgermeister Alfred Ostermeier. Der Einspruch der Bundeswehr mache sämtliche Planungen zunichte. „Wir können derzeit keine positiven Flächen ausweisen.“ Das Kreuz an der Sache sei, dass keiner wisse, ob und wann sich die Voraussetzungen dafür ändern würden – beispielsweise durch technische Neuerungen in der Radartechnik. Deswegen habe man sich seitens der Gemeinde dafür entschieden, die Bauleitplanung ruhen zu lassen. „Wir warten ab, werfen den Plan aber nicht weg.“ Sollte sich etwas ändern, könnte man innerhalb eines halben Jahres zur Planungsreife gelangen. Ostermeier ist nicht glücklich: „Das Thema Windkraft ist für unsere Gemarkung derzeit einfach tot.“