Leserbrief
Klägliche Aufklärungsprodukte

24.11.2019 | Stand 02.12.2020, 12:32 Uhr

Zum selben Thema:Der Leserbrief des Betreibers der Eichstätter Hass-Galerie, auch "Galerie der Kirchenkritik" genannt, hat es tatsächlich geschafft, den Leser in Heiterkeit zu versetzen.

Er bedankt sich nämlich zum Ende seines Rundumschlages gegen alles, was christliche Kirche ausmacht, bei der Aufklärung. Gut, Halbbildung ist auch eine Bildung. Dennoch sei es erlaubt, dem Galeristen ein paar Hinweise zu geben, die er vielleicht noch benötigt, um die Rolle des Aufklärers, die er sich anmaßt, etwas zu verdeutlichen.
Ein Zentralbegriff der Epoche der Aufklärung war der Gedanke der Toleranz. Das heißt Ertragenkönnen von Andersdenkenden. Dazu sei empfohlen, sich die Mühe zu machen, etwa Lessings "Nathan der Weise" zu lesen. In diesem Werk, das zu den Klassikern aufklärerischen Denkens gehört, ist nicht die Rede davon, andere Überzeugungen, die man nicht teilt, anzuspucken. Streift man nämlich im Vorübergehen die Galerie in der Pfahlstraße, dann fällt sogleich ins Auge, dass der christliche Glaube nach Überzeugung des Betreibers eine "Geisteskrankheit" sei. (Die medizinischen Kenntnisse des Galeristen zur Kompetenz, solche Urteile zu fällen, seien hier einmal außen vor gelassen).
Aufklärung bedeutet auch - und das ist eine Errungenschaft des Christentum, Respekt vor dem Individuum. Der Mensch vor seinen Augen ist nicht nur Teil einer Masse, einer Gruppe.
Die völlige Respektlosigkeit der angeblich künstlerischen Produkte, mit denen der Galerist seine Bildung stets zur Schau stellt, zielt vornehmlich auch darauf ab, einzelne Geistliche in unserer Stadt - ganz konkret und individuell - in den Schmutz zu ziehen, indem er sie in die von ihm pauschal verurteilte Gemeinschaft der Priester einreiht.
Der Herr Galerist hat recht: Werteorientierung ist "kein Privileg der Kirchen". Die Erkenntnis, dass unsere Werteskala ganz wesentlich vom Christentum geprägt ist, sollte sich der Galerist freilich noch erarbeiten. Vielleicht kann er sich dann als wirklicher Aufklärer erweisen. Bis dahin wird man - wohl, aber mehr übel - mit den kläglichen Aufklärungsprodukten der Schaufenster vorliebnehmen müssen. Es bleibt dennoch zu bezweifeln, ob mehr Ahnung von Kunst als von Aufklärung aus ihnen spricht.

Josef Hueber

Eichstätt