Kirchenasyl ist für viele Migranten die letzte Hoffnung, wenn ihnen eine Abschiebung droht. Doch wer etwa in einem Kloster unterkommt, ist damit nicht automatisch sicher. Und wer Unterschlupf gewährt, kann auch vor Gericht landen.
Weil die Benediktinerabtei Münsterschwarzach einem von Abschiebung bedrohten Flüchtling Kirchenasyl gewährt hat, muss sich ein Mönch am Montag (10.00 Uhr) vor Gericht verantworten. Die Flüchtlingsarbeit wurde von dem Angeklagten koordiniert, wie eine Sprecherin des katholischen Ordens im Vorfeld erklärte. Das Verfahren findet am Amtsgericht Kitzingen statt, nur ein Verhandlungstag ist angesetzt.
Die Benediktinerabtei in Schwarzach am Main (Landkreis Kitzingen) hatte im August 2020 den im Gazastreifen geborenen Flüchtling aufgenommen. Nach dem Dublin-Verfahren sollte der junge Mann nach Rumänien zurück, sagte der Rechtsanwalt des Mönchs. Dort habe er die Europäische Union zum ersten Mal betreten und sich registriert.
Dieses Land ist auch für den Asylantrag zuständig. Wird der Betreffende in einem anderen EU-Staat aufgegriffen, kann er also in das Einreiseland zurückgeschickt werden. So soll sichergestellt werden, dass ein Asylantrag nur von einem Mitgliedsstaat geprüft wird. Das Regelwerk wurde 1990 in der irischen Hauptstadt Dublin vereinbart.
Der Vorwurf gegen den Mönch lautet auf Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt ohne erforderliche Aufenthaltstitel. Zum Gerichtsverfahren kommt es, da die zuständige Richterin eine Hauptverhandlung für erforderlich hält und einen von der Staatsanwaltschaft ausgestellten Strafbefehl gegen den Mönch nicht unterschrieben hatte.
Das Amtsgericht plant, noch am Montag ein Urteil zu sprechen. Dagegen wäre unter anderem Berufung zum Landgericht möglich.
Kirchenasyl ist eine christliche Tradition zur Vermeidung von besonderen humanitären Härten, wie es beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) heißt. Kirchen versuchen damit, aus ihrer Sicht besonders verletzliche und schutzbedürftige Migranten vor einer Abschiebung zu bewahren.
Seit August 2018 sind die Kirchen dazu verpflichtet, für jeden Kirchenasylfall ein Härtefalldossier beim Bamf einzureichen. Stellt die Behörde daraufhin keine besondere Härte fest - wie in dem vorliegenden Fall -, müssen abgelehnte Asylbewerber das Kirchenasyl innerhalb von drei Tagen verlassen. Ob der Flüchtling noch in der Abtei wohnt, ist laut Gericht unklar.
Die Ausländerbehörden haben für eine Überstellung des Betroffenen in das zuständige EU-Land in der Regel sechs Monate Zeit. Nach Ablauf der Frist haben die Migranten, bis dato womöglich im Schutz der Kirchen lebend, ein Recht auf ein Asylverfahren in Deutschland.
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Merkblatt Kirchenasyl des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
dpa
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