Pfaffenhofen
Kinderimpfungen: Seit dem ersten Ansturm ebbt es ab

Coronaimpfung bei Fünf- bis Elfjährigen trotzdem überraschend stark gefragt - Ärzte machen bewusst keinen Druck

14.01.2022 | Stand 22.09.2023, 23:15 Uhr
Eine kleine Spitze und dann schnell das Pflaster drauf: Über 1000 Dosen sind am Pfaffenhofener Impfzentrum in den vergangenen vier Wochen an Fünf- bis Elfjährige verimpft worden. Nach einem großen Ansturm zu Beginn lässt die Nachfrage inzwischen allerdings spürbar nach. −Foto: Straßer

Pfaffenhofen - Seit einem Monat können sich Fünf- bis Elfjährige gegen das Coronavirus immunisieren lassen. Für die Kleinen wurde in Reisgang ein spezielles Kinderimpfzentrum geschaffen - und die Nachfrage war gleich zu Beginn der Kampagne groß. "Zur ersten Sonderaktion sind 250 Kinder gekommen", erinnert sich Regina Brummer, Sprecherin am Landratsamt. Danach sei die Nachfrage langsam zurückgegangen. Dennoch würden immer wieder Eltern anrufen und mit ihren Kindern zum Impfzentrum kommen. "Es läuft gut dahin, alle Beteiligten sind zufrieden", ergänzt Brummer.

Die Datenlage ist zwar undurchsichtig (siehe Kasten), trotzdem geht Brummer von etwa 800 Kindern aus, die sich bisher am Impfzentrum mindestens ein Mal immunisieren ließen. Die Nachfrage sei zwar leicht rückläufig, fügt sie an, aber zumindest gebe es bei den Kinderimpfungen so gut wie keine Probleme. Die Eltern seien meist extrem gut informiert und hätten eine klar positive Haltung zur Coronaimpfung. "Die meisten haben lange auf den Start der Kinderimpfungen hingefiebert und wollten dann sofort zum Zug kommen", berichtet Brummer. Der Vorteil: Diese Eltern haben kaum Fragen. Das Problem: Im Landkreis leben 8825 Kinder dieser Altersklasse. "Rein aufs Impfzentrum gerechnet kommen wir da auf eine Impfquote von nicht mal zehn Prozent", so Brummer. Und der Andrang ebbt ab. In den kommenden beiden Wochen sind zum Beispiel nur 60 Prozent der angebotenen Kinderimpftermine vergeben. "Wer möchte, soll einfach am Impfzentrum unter (08441) 4546-0 anrufen - jedes Kind wird zügig an die Reihe kommen", so Brummer.

Die meisten Hausärzte halten sich bei den Kinderimpfungen zurück. "Es gibt nicht so wahnsinnig viel Impfstoff", nennt Ärztesprecher Stefan Skoruppa einen Grund dafür. "Zentralisierung macht da Sinn", ergänzt er und überlässt lieber dem Impfzentrum und den Kinderärzten das Feld. Der Wolnzacher Allgemeinarzt Thomas Lechleuthner sieht es ähnlich. Er habe nur ein halbes Fläschchen verimpft, also fünf Dosen. "An Kinder von Eltern, denen die Impfung besonders wichtig war", sagt er und stuft das Impfzentrum und die Kinderarztpraxen als vorrangige Anlaufpunkte ein.

Die Nachfrage sei "nicht riesig", ergänzt Skoruppa. Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission gelte nur für Kinder mit Risikofaktoren. Skoruppa möchte nichts anderes raten. "Die Entscheidung muss jeder selbst treffen", sagt er. Auf jeden Fall würden die Kinder die Impfung gut vertragen. "Die Reaktionen sind nicht schwer. Das spricht dafür, dass man Kinder mit gutem Gewissen impfen lassen kann."

Eine klare Haltung pro Impfung hat der Pfaffenhofener Kinderarzt Stephan Arenz. Bei ihm sei die Nachfrage "unerwartet groß", sagt er. Zwei bis drei Anfragen pro Tag gehen in seiner Praxis ein. "Wir hatten über 100 Impftermine pro Woche." Die Warteliste sei immer noch lang. Einordnen könne Arenz die Impfkampagne bei den Kindern aber nicht. Denn: "Die Datenlage ist halt so eine Sache."

Auf Werbung für die Kinderimpfung verzichtet der Mediziner bewusst. "Moralischer Druck wäre in dieser Altersklasse kontraproduktiv", sagt er und berichtet von sehr einfach verlaufenden Beratungsgesprächen. Drei Viertel der Interessierten seien von der Impfung überzeugt. Wer zweifle, müsse das Risiko an Covid-19 zu erkranken oder einer Impfreaktion selbst abwägen. "Für mich ist das keine Frage - auch weil ich sehe, dass es so gut wie keine Impfreaktionen bei Kindern gibt." Manchen tue der Arm ein bisschen weh. Schlimmeres habe er noch nicht gehört. "Wir kriegen kaum Rückmeldung. Aber das ist immer das beste Zeichen."

Über Impfstoffmangel kann die Praxis Arenz nicht klagen. "Wir bekommen viel", sagt der Kinderarzt. Und eine Beobachtung hat er auch noch gemacht: Es werden viel mehr Zehnjährige als Fünfjährige geimpft. "Ja älter, desto höher ist das Interesse."

Das Kreuz mit der Datenlage

Die Recherche nach verlässlichen Zahlen, wie viele Kinder bereits gegen Covid-19 geimpft wurden, erweist sich als Ding der Unmöglichkeit. Gesichert ist nur eine Zahl: "Wir haben 1019 Kinderimpfdosen am Impfzentrum Pfaffenhofen verimpft", gibt Regina Brummer, Sprecherin am Landratsamt, Mitte der Woche weiter. Einschränkend fügt sie an: "Wie viele Erst- und Zweitimpfungen es waren, wissen wir nicht genau. Das gibt das System nicht her. Die Möglichkeiten zur Auswertung der Daten ist stark begrenzt."

Als die Kinderimpfungen vor einem Monat gestartet wurden, ließen sich alleine am ersten Tag 250 Kinder immunisieren. Viele davon, so vermutet Brummer, müssten die Zweitimpfung bereits erhalten haben - und sie schätzt die Gesamtzahl der am Impfzentrum geimpften Kinder daher auf etwa 800.

Sehr viel undurchsichtiger wird es bei der Zahl der Kinderimpfungen, die in den vergangenen vier Wochen an den Arztpraxen im Landkreis vorgenommen wurden. Das Landratsamt hat auf diese Daten überhaupt keinen Zugriff - und verweist an die Regierung von Oberbayern. Die Anfrage dort fördert wenig Erhellendes ans Licht. "Da die Bestellung von Impfstoff durch die Impfzentren und Arztpraxen direkt über die Apotheken erfolgt, entzieht sich die Gesamtzahl der gelieferten Dosen an Kinderimpfstoff in den Landkreis Pfaffenhofen unserer Kenntnis", räumt Pressesprecher Wolfgang Rupp ein. Hinsichtlich der Impfzahlen bekommt die Regierung von Oberbayern nur die Gesamtzahlen von Erst-, Zweit- und Boosterimpfungen übermittelt. "Diese sind jedoch nicht nach Alter aufgeschlüsselt", so Rupp weiter. Einen Tipp für die weitere Suche hat er auch noch im Köcher: Möglicherweise könne das Robert-Koch-Institut (RKI) weiterhelfen.

Beim RKI laufen sämtliche Zahlen rund um die Pandemie zusammen. Dort wird auch die Inzidenz ermittelt, an der sich viele Maßnahmen orientierten. Trotzdem sagt RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher: "Wir wissen die Zahlen der Kinderimpfungen für die einzelnen Landkreise nicht." Es gebe zwar komplizierte, verschlüsselte Listen, auf denen die Impfstofflieferungen verzeichnet seien. Doch die Auswertung sei nur zum Teil und dann auch nur Statistikspezialisten möglich, so Glasmacher. Was die Kinderimpfungen angehe, gebe es eine rechtliche Verordnung, wonach Ärzte die Postleitzahlen ihrer Impflinge nicht erheben müssen. Daher seien die Zahlen schwammig. "Gerade für Landkreise, die in der Nähe großer Städte liegen, sind die Quoten generell zweifelhaft." Viele Städter würden zum Impfen aufs Land fahren. "Weil es da meistens unkomplizierter geht", berichtet die RKI-Sprecherin. Und sich im Gegenzug auch viele Pendler vom Land bei der Arbeit in der Stadt die Impfung abholen würden.

PK

Patrick Ermert