Regensburg
Kerber schlägt in Regensburg auf

Die Australian-Open-Siegerin wird für drei Bundesliga-Heimspiele in der Donaustadt erwartet

14.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:12 Uhr

Mächtig stolz auf seine Top-Spielerinnen ist der TC Rot Blau Regensburg. Eine Tafel im Vereinsheim kündigte vergangenes Jahr das Match zwischen Angelique Kerber und Karolína Plískovè an. - Fotos: TC Rot Blau

Regensburg (DK) Das deutsche Damentennis ist wieder in den Schlagzeilen: Angelique Kerber gewinnt in Melbourne die Australian Open. Es katapultiert die Weltranglisten Zehnte auf Platz zwei des internationalen Damentennis. Mehr als zehntausend Kilometer entfernt, in Regensburg, fiebert die 1. Bundesliga-Mannschaft vom Team Eckert Schulen bei jedem Ball mit - ihre Mannschaft.

 

Sie haben gejohlt und geschrien, Tränen sind geflossen und Nerven fast zerrissen. Seit 2015 schlägt die neue deutsche Tennisqueen im Eckert-Tennis-Team Regensburg den Ball auf, erst im Mai wird sie in der Donaustadt für drei Bundesliga-Heimspiele erwartet. Doch während Angelique Kerber in ihrer Heimatstadt Kiel von Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) empfangen wird und Journalisten für Selfies mit ihr Schlange stehen, muss sich der TC Rot Blau in Regensburg gedulden.

Unmöglich, den 28-jährigen Tennisstar in diesen Tagen ans Telefon zu bekommen. "Mein Handy läuft heiß", soll "Angi", wie das Tennispublikum sie gerne nennt, gegenüber Reportern gesagt haben. Und so versucht der Vorstandsvorsitzende TC Rot Blau Regensburg es erst gar nicht und schickt seine Glückwünsche per Post. "Ich habe ihr geschrieben", sagt er gegenüber unserer Zeitung: "Wir sind sehr stolz, dass Sie in unserem Klub in Regensburg spielen. Sie ist einfach super."

Ganz aus dem Häuschen ist auch der Teamchef der Regensburger 1. Damenmannschaft, Michael Geserer. "Sie ist so natürlich und ein ganz sympathischer Mensch", schwärmt er. Als er 2015 die damals Zehnte der weltbesten Spielerinnen im Eckert-Tennis-Team nach Regensburg verpflichtete, hatte er wohl selbst nicht damit gerechnet, schon ein Jahr später die Nummer Zwei der Weltrangliste im Team zu haben. "Wir wollten dem Publikum einfach hervorragendes Tennis bieten", erklärt er. 2014 waren die Regensburger Tennisdamen mit Julia Görges in die erste Liga aufgestiegen. Bereits 2013 hatte er Karolína Plískovè nach Regensburg geholt. Gegen die Teamkameradin hat Kerber im vergangenen Jahr zwei Turniersiege errungen, in Birmingham (UK) und in Stanford (USA).

Dass Regensburg so viele erstklassige Spielerinnen hat, verdankt der Club vor allem Geserer. Der Teamchef des Eckert-Tennis-Teams kommt aus dem Profitennis. Jahrelang hatte er als Tourtrainer Philipp Kohlschreiber begleitet. Er ist im Profitennis bestens vernetzt und spürt dort die nächsten Stars auf. Mit Angelique Kerber hatte er das richtige Gespür für den großen Erfolg. "Ich fühle mich sehr gut und genieße jeden Moment", sagt Kerber gegenüber dem NDR in Kiel. "Dieser Empfang, den ich seit meiner Rückkehr von den Australian Open in Deutschland bekommen habe, ist etwas ganz Besonderes, Spezielles."

Auch der Regensburger Club ist etwas Besonderes für Kerber, davon sind Teamchef und Vorstand überzeugt. "Wir sind ein familiärer, aber professioneller Klub", sagt Witt. "Die Spielerinnen schätzten die unaufdringliche Distanz-Nähe-Balance. Wir kümmern uns gut um sie", sagt er. "Aber für Selfies steht hier keiner an."

Dazu kommen ausgezeichnete Bedingungen in Regensburg. "In der Stadt gibt es exzellente Sponsoren", sagt der Klubchef. Diese spielten eine wichtige Rolle für die Leistung im Sport. Und sie ermöglichen sie es, Top-Spieler einzukaufen. Denn auch der TC Rot Blau möchte mit Profispielern den eigenen Tennissport attraktiver machen. Geserer erhofft sich von Kerbers Erfolg einen echten Kick. "Die Tickets für die Heimspiele im Mai sind noch gar nicht gedruckt, da werden sie schon angefragt", freut er sich.

Ob aber Kerbers Gran-Slam-Sieg die Beliebtheit des deutschen Tennis ähnlich dramatisch beflügeln wird, wie es seinerzeit Steffi Graf oder Boris Becker gelang? Kerber glaubt daran. "Ich sehe, dass ganz Deutschland wieder tennisbegeistert ist", sagt sie gegenüber dem NDR in Kiel. Die Stadt in der schon Steffi Graf ihre Wurzeln hat. Auch Geserer ist überzeugt von einem neuen Tennisboom in Deutschland. Zweifel daran kontert er knapp: "Es gibt immer Pessimisten."

Vorstand Markus Witt schätzt die Situation realistischer ein. "Wenn Sie einmal einen Grand Slam gewinnen, dann bringt das nicht automatisch bessere Mitgliederzahlen", sagt er. "Ein solches Einzelereignis verschafft dem deutschen Tennis noch keinen neuen Höhenflug." Wenn sich solche Erfolge aber über Jahre verstetigten", sagt Witt. Dann profitiere davon auch der Freizeit-Tennissport. Mit den Zeiten von Steffi Graf und Boris Becker will er Tennis heute erst gar nicht vergleichen. Damals musste der Sport nicht mit Internet, Facebook, unzähligen Magazinen und allen möglichen anderen Freizeitbeschäftigungen konkurrieren", glaubt der TC-Rot-Blau-Chef. Heute muss man schon etwas ganz Besonderes bieten und super attraktiv sein.

Der Dämpfer von Leipzig trübt den Jubel in Regensburger kaum. "Mal gewinnt man, mal verliert man", sagt Witt. "Das gehört zum Sport dazu." Im April müssen die Deutschen Tennisdamen gar um den Klassenerhalt in der Fed Cup Weltgruppe in Rumänien kämpfen.

Wenn Kerber im Mai für die Bundesligaspiele nach Regensburg kommt, wird alles sein wie gewohnt", plaudert Witt aus dem Nähkästchen. Sie wird im Hotel in der Innenstadt wohnen, ein wenig trainieren und am Abend vor dem Spiel mit Mutter Beata, den Klub- und Teammanagern und natürlich den Sponsoren essen gehen. "Und am nächsten Tag auf dem Center Court des TC Rot Blau hoffentlich exzellentes Tennis spielen, vor einem hoffentlich begeisterten Publikum."