Kelheim: Stadtarchiv droht Gefahr

28.01.2009 | Stand 03.12.2020, 5:14 Uhr

Gefährdete Bestände: Bei einem Hochwasser könnte es durchaus passieren, dass die alten Folianten, Urkunden und Bücher im Kelheimer Stadtarchiv feucht werden. Diese Befürchtung teilt auch Stadtarchivar Erich Hafner.? Arch - foto: Hauser

Kelheim (DK) Emil Ott schlägt Alarm: Der Ex-Politiker aus Kelheim sieht das wertvolle Stadtarchiv der Kreisstadt im Falle eines Hochwassers vom steigenden Grundwasser gefährdet. In einem Schreiben an den Stadtrat hat er eine Verlegung der Sammlung in die Altstadt vorgeschlagen.

"Es ist höchste Zeit, die Sache anzugehen", sagt Emil Ott (Foto) im Gespräch mit dem DONAUKURIER. Dass das Stadtarchiv momentan unter der Dreifachturnhalle am Rennweg untergebracht ist, stellt seiner Meinung nach ein unnötiges Risiko für die wertvollen Archivalien dar. Das Grundwasser, das bei Hochwasser jederzeit durch die undichten Bodenschichten aus Rohbeton und Holz dringen kann, dürfe nicht einfach ignoriert werden. "Wenn’s dann stark regnet, könnte das Archiv innerhalb weniger Minuten voll gelaufen sein", sagt der 85-Jährige, der von 1966 bis 1978 für die Freien Wähler im Kelheimer Stadtrat saß.

"Kein idealer Standort"

Um der möglichen Gefahr auszuweichen, schlägt Ott vor, das Archiv in die Kelheimer Altstadt zu verlegen. "Das wäre auch für den Fremdenverkehr sinnvoll", begründet er seinen Vorstoß. Ein geeignetes Gebäude hat der engagierte Rentner schon ausgemacht: das Haus in der Wittelsbachergasse 14. Die ehemalige Heimat der Kelheimer Polizeiinspektion steht seit einigen Jahren leer und wird vom Freistaat zum Verkauf angeboten (siehe eigenen Bericht). So schnell wie Ott denkt, würde das Wasser aber nicht eindringen, versichert Stadtarchivar Erich Hafner. Das Archivgut lagere nicht unmittelbar auf dem Boden, sondern etwa 15 Zentimeter darüber. "Wenn aber Wasser kommt, muss sofort gehandelt werden", findet auch er.

Die aktuelle Situation vor Ort sieht folgendermaßen aus: Die Dreifachturnhalle liegt zirka 140 Meter vom Main-Donau-Kanal entfernt. Das Erdreich zwischen Halle und Kanal besteht laut Ott jedoch nur aus Sand und Kies. Lang gezogene Hochwasserspitzen, sprich langsames Abfließen, seien seiner Meinung nach eine "absolute Gefahr". Dadurch könne Qualmwasser – durch den Wasserdruck des hohen Flusspegels unmittelbar hinter dem Deich an die Oberfläche tretendes Grundwasser – weiter nach Norden bis zum Turnhallenkeller vordringen. Zwar würde ein gleichmäßiger Ablauf extreme Spitzen vermeiden. Das Grundwasser könnte sich dadurch aber wesentlich weiter ausbreiten. "Es genügt schon, wenn sich der Rohbetonboden mit Wasser ansaugt, um das Klima im Archiv ungünstig zu verändern", so Ott. Hafner weiß um das Risiko. "Die Befürchtung steht im Raum", sagt er, "und die darf auch nicht unter den Tisch gekehrt werden."

Kelheims Bürgermeister Fritz Mathes (FW) sieht die Situation anders. "Die Gefahr besteht nicht", sagt er. Dass der Keller für das Archiv "keinen idealen Standort" darstellt, ist dem Stadtoberhaupt klar. Sollte der Grundwasserpegel bei Hochwasser wirklich steigen, könne die Feuerwehr das Wasser über einen Schacht abpumpen, bevor es in den Keller eindringt. Beim "Worst-Case" mit überlaufenden Dämmen, so Mathes, würde der Keller freilich unter Wasser stehen. "Aber dann ist ohnehin die ganze Altstadt überflutet."

Weiter schlägt Ott vor, zusätzlich zum Stadtarchiv den Kindergarten im ehemaligen Polizeigebäude unterzubringen und so zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Der Kindergarten – derzeit gleich nebenan zu Hause – sei in seinem jetzigen Zustand nicht tragbar. "Die Räume erfüllen nicht mehr die heutigen Ansprüche", so Ott. "Dass die Kinder unsere Zukunft sind, wird leider oft vergessen." Möglicherweise sei der Kauf des Gebäudes mit dem Kindergarten an Bord über Zuschüsse zu finanzieren. "Der Platz würde jedenfalls für beides reichen", erklärt Emil Ott.

"Was er fordert, sind alles Gedanken, die in der Stadtverwaltung nichts Neues sind", sagt Bürgermeister Mathes. Im Rahmen der Städtebausanierung brauche man aber für die Südseite der Wittelsbachergasse ein Gesamtkonzept – "einzeln geht da nichts."

Gebäude wird untersucht

Um zu klären, ob die Wittelsbachergasse 14 überhaupt für das Stadtarchiv geeignet ist, oder ob sie vielleicht anderweitig genutzt werden kann, haben Stadt und Freistaat gemeinsam eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Ergebnisse erwartet das Stadtoberhaupt im Februar oder März. Fest steht: Der Keller der Dreifachturnhalle "ist sicher der schlechteste aller Standorte", so Mathes. "Für die Zukunft haben wir die verschiedensten Gedanken und Visionen".