Eichstätt
"Keinen Raum für Missbrauch zulassen"

Landkreis-Fachstelle gegen sexuelle Gewalt "WEIche" zieht positive erste Jahresbilanz

07.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:32 Uhr

Ein Schild macht aufmerksam: Die Fachstelle gegen sexuelle Gewalt hat der Landkreis Eichstätt in seinem Dienstgebäude Auf der Schanz in Ingolstadt eingerichtet. Dort besteht sie nun ein Jahr - in dem viel passiert ist. - Foto: Hauser

Eichstätt (DK) Ein Jahr nach dem Start ziehen die beiden Mitarbeiterinnen der Landkreis-Fachstelle gegen sexuelle Gewalt "WEIche" eine positive Bilanz: "Wir werden gut angenommen." Neben der therapeutischen Opferbegleitung liegt das Augenmerk auch auf der Prävention.

28 Klienten haben Angelika Söder, Psychologin, und Christine Brandt, Sozialpädagogin, bislang betreut - fast nur direkt oder indirekt von sexueller Gewalt Betroffene. Aber auch einige Mitarbeiter von Einrichtungen sind auf die beiden Halbtagskräfte zugekommen.

Der Gründung der Fachstelle vor nunmehr über einem Jahr waren intensive politische Debatten vorausgegangen. Die anfängliche Kritik, dass die Amtsstuben des Landkreises ungeeignet wären für die Beratung von Missbrauchsopfern, können Brandt und Söder nicht teilen: Die Klienten kommen auch in die Büroräume in der Dienststelle des Landratsamts Auf der Schanz in Ingolstadt. Dort hat man eigens den Hintereingang ausgewiesen, um möglichst anonym kommen zu können. "Das nimmt fast niemand in Anspruch", berichtet Brandt. Die Klienten kämen über den Haupteingang. Allerdings gebe es auch Beratungsgespräche bei den Betroffenen zu Hause. "Wir kommen überall hin, wo es die Menschen wünschen." Auch der Raum, den man in Eichstätt angemietet habe, um für den westlichen Landkreis ebenso präsent zu sein, zeige: 80 Prozent der Klienten setzen auf einen möglichst neuá †tralen und vor allem auch "geschützten Raum" - also vor allem außerhalb der eigenen vier Wände.

Neben diesem wichtigen Aspekt wollen sowohl Brandt wie auch Söder viel unterwegs sein, nicht nur, um die "WEIche" weiter bekannt zu machen. Vielmehr haben sie sich ein konkretes Ziel gesetzt. Sie wollen nicht nur den Betroffenen helfen, aus zum Teil ausweglosen Situationen herauszufinden, sondern, wie es Angelika Söder formuliert, "keinen Raum für Missbrauch im Landkreis Eichstätt zulassen". Dazu braucht es eine Präventionsstruktur, an der die beiden intensiv arbeiten - ohne dabei freilich, das haben sie auch schon bei der Präsentation ihrer Arbeit im Jugendhilfeausschuss im November betont, diejenigen, die ihre Hilfe brauchen, aus dem Auge zu verlieren. Kindertagesstätten seien bereits auf sie zugekommen, in Kürze gebe es bei der Gaimersheimer Kinderwelt eine Fortbildung für Tagesmütter der Region. Für Brandt und Söder aber nicht genug: "Wir wollen ab April Kindergärten dahin begleiten, wie die Prävention sexueller Gewalt oder Missbrauchs in die Konzeptionen der Einrichtungen eingebunden werden können."

Am 24. Mai soll es für die Grundschule ein Theaterangebot geben unter dem Motto "Trau Dich!". Das Stück, das von der "Kompanie Kopfstand" gezeigt wird, soll den Schülern der dritten und vierten Klasse vermitteln, "Nein" sagen zu dürfen, also Grenzüberschreitungen, die bereits Anfänge des Missbrauchs sein können, abzuwehren. Die beiden "WEIche"-Beraterinnen planen zudem die Gründung einer Selbsthilfegruppe und wollen noch heuer ein Projekt zur Prävention von Missbrauch in Sportvereinen starten. Viel zu tun also - und für zwei Halbtagskräfte nicht zu stemmen. So hat der Jugendhilfeausschuss in seiner Sitzung im November bereits den Weg grundsätzlich für einen weiteren Ausbau der "WEIche" freigemacht.

Wie Jugendamtsleiter Siegmund Hammel nun auf Anfrage erklärte, sei man dem mit der Einplanung von zwei zusätzlichen Stellen nachgekommen: Die sind im Stellenplan des Landkreises, der in der Haushaltssitzung des Kreistags am 3. April verabschiedet wird, eingeplant. So soll neben der Aufstockung einer bestehenden Halbtags- auf eine Ganztagsstelle eine dritte Kraft eingesetzt werden. Die wird je nach Möglichkeit eine Halbtags- oder Teilzeitstelle antreten.