Freystadt
Keine Versuchskaninchen

Gegner der Gleichstromtrasse üben heftige Kritik am Landesamt für Gesundheit

20.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:06 Uhr

Skepsis herrscht bei den Gegnern der Gleichstromtrasse in der Freystädter Mehrzweckhalle. Sie glauben nicht, dass es keine gesundheitlichen Bedenken gibt, wie Dorothee Twardella vom Landesamt für Gesundheit in ihrem Vortrag behauptet hat - Foto: haz

Freystadt (haz) Heftige Kritik haben Gegner der geplanten Gleichstrompassage Süd-Ost in der gut gefüllten Freystädter Mehrzweckhalle an Dorothee Twardella vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit geübt. Sie verharmlose Gesundheitsgefahren, so Vertreter von Bürgerinitiativen.

Referentin Dorothee Twardella vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Sachbereich Arbeits- und Umweltmedizin, die zu diesem Thema referierte, betonte immer wieder, dass es im Gegensatz zu Wechselstrompassagen für Gleichstromtrassen so gut wie keine medizinischen Erkenntnisse gibt, weil diese Technik derzeit nur im dünn besiedelten Kanada und in China verwendet werde.

Zu gesundheitlichen Auswirkungen von elektrischen und magnetischen Feldern erklärte sie, Wechselstromfelder produzierten eine Reizwirkung, Muskelzellen würden angeregt, statische Aufladungen beispielsweise der Haare würden fühlbar. Statische Magnetfelder könnten unangenehme Zustände auslösen. Es gebe internationale Grenzwertempfehlungen. Vor allem Menschen mit Herzschrittmachern müssten vorsichtig sein.

Beim Gleichstrom gebe es keine Grenzwerte für elektrische Felder. Hier liege es in der Verantwortung des Betreibers, Funkenentladung zu verhindern. Es gebe Beobachtungen, wonach in der Nähe von Wechselstromfeldern kindliche Leukämie vermehrt auftrete. Für Gleichstrom seien ähnliche Studien nicht bekannt. In der Nähe von Leiterseilen bildeten sich durch Ionisierung Stickoxide und knisternde Geräusche, Atemwegsirritationen könnten eintreten.

Auch bei Gleichstromtrassen würden elektrische und magnetische Felder entstehen, die nicht in den Körper eindringen. Diese Magnetfelder seien ähnlich den Erdmagnetfeldern. Twardellas Fazit zur Gleichstromtechnik: „Ich würde die gesundheitlichen Aspekte nicht unbedingt zur Ablehnung anführen.“

Ein Zuhörer von der Bürgerinitiative (BI) Betzenstein schimpfte, das Ganze sei unerforscht. „Wir wollen keine Versuchskaninchen werden.“ Ein Mitglied der BI Rennertshofen korrigierte die Referentin in ihren Angaben zu Werten bei Wechselstrom. Diese seien vor einiger Zeit geändert worden. Er sprach eine Studie in Kanada mit einer Rinderherde unter einer Stromtrasse und einer Vergleichsherde ohne Stromtrasse an. Erstere Tiere hätten zwar keine gesundheitlichen Schäden aufgewiesen, jedoch weniger Kälber geboren. Ein Mitglied der BI Obermichelbach kritisierte die Aussagen als unbefriedigend: „Wo kommen wir denn hin, wenn wir beweisen müssen, dass die Trasse unschädlich ist“

Uwe Raab, Bürgermeister der Stadt Pegnitz und Vorsitzender des Vereins Kommunen gegen die Gleichstrompassage Süd-Ost, hielt eine flammende Rede gegen die geplante Trasse. Er traf damit den Nerv der Trassengegner in der Halle und erhielt frenetischen Beifall: „Wir setzen ein Zeichen gegen die geplante Zerstörung unserer Heimat.“

Professor Markus Bieswanger, Vertreter des Aktionsbündnisses der Trassengegner, wetterte: „Amprion will 450 Kilometer Hochspannungsleitung durch Deutschland bauen mit einer Technik, die es so noch nicht gibt – und damit fehlen auch Erfahrungswerte.“ Elektrische und magnetische Strahlungen seien schwer abschirmbar. Zu Wohnbebauungen müssten bislang keine Abstandsflächen gehalten werden.

Seine Vermutung: „Folgekrankheiten stehen wahrscheinlich in Beziehung mit solchen Feldern.“ Er nannte beispielsweise Krebs, Tumore, Fehlgeburten oder Alzheimer, die mit Höchstspannungsleitungen in Verbindung gebracht werden könnten. Seine Schlussfolgerung: „Nur weil Gefahren nicht erklärt sind, ist nicht gesagt, dass es sie nicht gibt.“